Der Heilige Geist als „power-pack“?
Von Joachim Drechsler
„Es soll nicht durch Herr oder Kraft, sondern durch meinen Geist geschehen, spricht der Herr Zebaoth“ (Sacharja 4, 8b)
Weil es heutzutage modern ist, versuche ich zuerst, das Thema des Heftes ins Englische zu übertragen: „God in action“ – und werde sehr nachdenklich. Ist das wirklich gemeint? Die Frage wird ja häufig gestellt: Wer hat mehr Kraft? Im Vergleich mit scheinbar übermenschlichen Action-Kinohelden wie Arnold Schwarzenegger oder Sylvester Stallone sieht Jesus eher blass aus: Er ehrt sich nicht, steigt nicht vom Kreuz, überwältigt und vernichtet seine Feinde nicht.
„Power“ heißt das englische Zauberwort, das in unzähligen Kombinationen inzwischen auch im Christlichen Sprachgebruach Einzug gehalten hat. „Power“ kann man am einfachsten mit „Kraft“ übersetzten. Wir bezeichenen Menschen als „Power-Mann“ oder „Power-Frau“, die überdurchschnittliche Energiebündel sind. Ich erinnere mich außerdem an eine Englisch-Lektion aus den 60er Jahren, aus der Zeit, als man systematische anfing jedes Werkzeug mit einem Motor auszustatten- m möglichst noch mit starkem Akku versehen, um unabhängig zu sein. Es ist faszinierend, über fremde Kraft zu verfügen und sich selbst kam anstrengen zu müssen. Ist dies ein angemessenes Bild für den Geist Gottes? Ist man erst einmal an die Kraftquelle angeschlossen, kann man durchstarten, so als habe man an einem frostigen Tag die alte Fahrzeugbatterie gegen eine neue ausgetauscht... Manche dieser technischen Vergleiche vernebeln eher unsere Aussagen über Gott. Schon Sacharja wusste, dass es sich ganz anders verhält.
Gott ist anders
Statt sich durch Anwendung von Macht und Gewalt durchzusetzen, verzichtet Gott auf alle Mathoden, die wir Menschen einsetzen würden. Gott überrumpelt nicht, setzt nicht unter Druck. Zwang scheint er ebenso zu verabscheuen wie vertragliche Vereinbarungen mit uns (etwa nach dem Motto: Wenn du das tust, verhalte ich mich so). Wenn Gottes Geist handelt, ist das fast immer anders, als wir es erwarten würden. Unsere oft allzu menschlichen Erwartungen, wie Gott handeln müsste, führen uns meist in die Irre.
Wenn der Heilige Geist am Werk ist, geht es keineswegs kraftlos zu – aber anders. Schon Pfingsten war das so – als unerwartet und für die Beteiligten selbst überraschend Menschen öffentlich auftaten, die sich gerade noch ängstlich versteckt hatten und nun Jesus als den Auferstandenen bezeugten. Solches Verhalten bewirkt nur der göttliche Geist. Jesus beschreibt dies Art Gottes, wenn er vom Weizenkorn erzählt: Unscheibear und in den Boden geworfen, dem Verfall preisgegeben, wächst Frucht! Unscheinbar und verachtet, ist es doch nicht aufzuhalten – weder in den Tagen der Apostel, noch heute.
Wenn wir als Christen geradliniges Vorankommen, zahlenmäßig beeindruckendes Wachstum, problemlose Entwicklungen und harmonische Verhältnisse als Beleg göttlicher Nähe interpretieren, haben wir die Andersartigkeit Gottes vermutlich noch wenig verstanden. Fromme Heerscharen und gezielt eingesetzte religiöse „power“ haben dem Reich Gottes schon häufig geschadet*, aber keine Frucht hervorgebracht. Deshalb: „Es soll durch meinen Geist geschehen, spricht der Herr.“
* zB. Als die Israeliten die Budeslade als Garantie für den Sieg vor sich hertrugen, ohne Gottes Auftrag, und dann prompt verloren.