Philipper 1,1-11
Fast ein Liebesbrief!
Der Brief fängt ganz gewöhnlich an: mit Absender, Adresse, Friedensgruß und
Dank. Aber was steckt nicht schon in diesem Anfang drin!
Als Absender nennt Paulus auch Timotheus. Christen sind nach dem Willen Jesu
keine Einzelgänger (vgl. Mark 6,7), sondern Teammenschen. Stolpern könnte man
über ihre Bezeichnung als Knechte, wörtlich: als „Sklaven“ Christi Jesu. Wir
denken dabei an geschundene, wenig geachtete Menschen. Doch in der Bibel wird
weniger nach dem sozialen Stand des Sklaven gefragt, sondern nach dem Herrn,
dem er gehört. Dann ist „Knecht Gottes“ aber ein Ehrentitel (vgl. Ps 89,4; 105,26.42). Außerdem: Wer Christus gehört, ist
damit frei von anderen Mächten (Gal 5; Röm 6,7ff; 8,2). Prägnant zusammengefasst ist dies in Oetingers Wahlspruch: Gott dienen ist höchste Freiheit.
Als Empfänger des Briefes nennt Paulus „alle Heiligen in Christus Jesus“ in Philippi. Er hat die Gemeinde dort als erste in Europa
gegründet (Apg 16,12ff); er blieb ihr herzlich
verbunden. Davon zeugt auch die Sehnsucht nach einem Wiedersehen (V. 8).
„Heilig“ heißen im Alten Testament Dinge und Menschen, die zum Dienst am
Heiligtum geweiht sind; darüber hinaus aber alle, die zum heiligen Gott gehören
(3.Mose 19,2). Im Neuen Testament sind „Heilige“ die durch Christus zum
Gottesvolk Berufenen (1.Petr 2,9). Paulus spricht also alle Gemeindeglieder an,
insbesondere aber die Verantwortungsträger (Bischöfe = Aufseher, Diakone =
Helfer). Paulus wünscht ihnen Gnade und Friede. Beides verdanken wir in
besonderer Weise Jesus (Röm 3,24; Kol
1,20).
Paulus dankt Gott für die Gemeinde in Philippi „mit
Freude“. Damit schlägt er den Ton an, der den Brief durchzieht (1,18.25;
2,2.17f.29; 3,1; 4,1.4). Er dankt für „die Gemeinschaft am Evangelium“. Die
Philipper haben es nicht nur angenommen, sondern mit ihren Gaben für den
Apostel auch seine Ausbreitung unterstützt (vgl. 4,15). Paulus ist dafür ins
Gefängnis gekommen, was er aber nicht bejammert, sondern als Gnade versteht.
Denn das Leiden für Christus bestätigt und bekräftigt die Zugehörigkeit zu ihm.
An dieser Gnade haben die Philipper wiederum teil. Gemeinschaft im Geben und
Nehmen (4,15) kann sehr vielfältig sein!
Paulus sieht in der Gemeinde Gott am Werk. Auch im Geistlichen ist er der Schöpfer,
der den Anfang macht. Die Zuversicht, dass er sein Werk vollenden wird,
erinnert an die Jahreslosung (Lk 22,32). Der Tag
Christi Jesu ist der Tag des Gerichts, aber zugleich der Tag der Rettung (1.Kor
3,13-15).
Der Dank mündet in die Fürbitte für die Gemeinde. An erster Stelle steht die
Liebe. Es ist keine blinde Liebe, die alles unbesehen gut heißt. Sie braucht
die Korrektur der Erkenntnis und Erfahrung, damit sie prüfen kann, was gut ist
und was nicht. Es gilt achtsam und verantwortungsvoll zu leben. Das Ziel ist
ein doppeltes: Dass wir bestehen können am Tag
Christi. Und dass Gott dadurch geehrt und gelobt wird.
Fragen:
· Was ist Inhalt unserer Briefe?
· Welche Rolle spielt die Freude in meinem Leben als Christ?
· Wofür haben wir in unserer Gemeinde und Gemeinschaft zu danken?
Pfarrer Hermann Kiedaisch, Ostfildern
Impulse zur Veranschaulichung für Kinder und Erwachsene:
· Jeder schreibt (ähnlich wie Paulus) einen Brief an die Gemeinschaft: „Liebe
Gemeinschaft, was ich dir schon immer sagen wollte: Ich danke … (V. 3); Ich bin
gewiss … (V. 6); Ich liebe … (V. 8); Ich bete darum … (V. 9)“. – Eventuell
anschließend anonym vorlesen und raten, welcher Brief von wem stammt.
· Impuls zu V. 6: Ein angefangenes Bild mitbringen, bei dem man nur teilweise
erkennen kann, was daraus werden soll. - Unser Leben mit Jesus gleicht solch
einem Bild. Wo er Herr im Leben wird, beginnt er, etwas zu seiner Ehre (V. 11)
in unser Leben „hineinzumalen“ – und er macht daran weiter und vollendet es
auch!
(aus dem Gemeinschaftsblatt der Altpietistischen
Gemeinschaft 2005 http://www.agv-apis.de/main.jsp?navid=699
)