Bibelarbeit zu Matthäus 10, 16-26


home





Exegese nach den einzelnen Versen

Vers 16:

Siehe, ich sende euch wie Schafe mitten unter die Wölfe. Darum: seid klug wie die Schlangen und ohne Falsch wie die Tauben.

Dieses Bild macht zwei Dinge deutlich:

- die Situationen, in die die Jünger um Christi willen hineingeraten werden, sind gefährlich.

- mit Schwert und Gewalt ist den Gegnern nicht beizukommen (Wölfe/Schafe).

Der Zöllner (Matthäus) wird mit aller intellektuellen Gerissenheit genauso wenig ausrichten wie die ehemaligen Zeloten unter den Jüngern mit dem Schwert. Sie beide werden vorbereitet, u.U. willig um Jesu Willen zu leiden und zu sterben. Wie die Wölfe sich fundamental unterscheiden von den Schafen, so die Jünger von der übrigen Welt. Wie Israel sich unterscheidet von den Heiden, so nun auch die Jünger von ihrem Volk.

Dabei ist wichtig, daß Jesus hier übergreifend spricht. Diese Situationen werden sich immer wieder wiederholen bis zu seiner Parousie (Wiederkunft). Jesus wird diesen Kampf gegen die Wölfe selber führen. "Wenn die letzte Zuflucht verloren ist und sie keinen Ort mehr haben, der sie aufnimmt, dann kommt er!"(1) Bei allem, was geschieht, möchte Jesus, daß wir uns wie Schafe verhalten. Gemäß der Bergpredigt meint es, daß wir trotz schwerer Umstände nicht sündigen, sondern den Heiden die ganze Liebe Gottes durch Wort und Leben bringen. Und: Jesus sendet seine Jünger. Es wird nicht von einer allgemeinen Versicherung für den Jünger im Schadensfall berichtet. Nein, Jesus macht deutlich, daß er diese Welt liebt und sie retten möchte. Diese Liebe weiterzutragen, kostet das ganze Leben, bis hin zum möglichen Martyrium. In dieses Geschehen gibt Jesus seinen Jüngern zwei Hilfestellungen: er spricht von der Klugheit und von der Lauterkeit. Das meint: ein leichtfertiges Vertrauen und unbesonnenes Wagen kann sich bitter rächen. Auch sollen Jünger Jesu nicht auf List oder Heimlichkeiten sich einlassen. Der Jünger soll ein klares Leben leben, die Botschaft klar und unmißverständlich verkündigen, dabei aber nicht Ärger heraufbeschwören, der vermieden werden kann. Hier können wir von Jesus und seinen Umgang mit den Pharisäern sehr viel lernen. Jesus hat sich dem Gespräch mit den Pharisäern immer gestellt. Bei den sprachlichen Fallen hat er sorgfältig und bedacht ehrlich und klar und doch "zweideutig" geantwortet. Auch ist Jesus manchesmal "entwichen, um unnötigen Ärger aus dem Weg zu gehen. Erst ein Verrat durch seine engsten Mitarbeiter konnte ihn greifen. Hier muß bei allen Aktivitäten, besonders der Evangelisation wieder neu nachgedacht werden. Aber auch Menschen am Arbeitsplatz, die es oft schwer haben, ihr Christsein zu leben, sind eingeladen, klug zu sein, dabei ohne Falsch. Von Jesus zu lernen ist sicher eine große Bereicherung.

Vers 17-18:

Aber es werden nicht nur Arbeitskollegen, Nachbarn, Bürger sein, die dem Christen Widerstand entgegenbringen. Der Widerstand kommt auch von staatlicher Seite.

Vers 18 ist nur dann zu verstehen, wenn man weiß, daß ein jüdisches Gericht, der Synhedrin, nicht befugt war, ein Todesurteil zu vollstrecken. Sie waren gezwungen, sich an den römischen Statthalter zu wenden, an römische Beamte und an die eng mit Rom arbeitende Kaste der Herodianer, die im Volksmund "basileus" - Könige - genannt wurden.



Aber auch das benutzt der Herr. Die Jünger stehen vor Gericht um der Sache Jesu willen. Und gerade darin sind sie seine Zeugen und erreichen mit dem Evangelium auch höchste Instanzen. Der Jünger ist Zeuge durch seine Worte, durch sein Leben und Leiden, nicht allein, wie später durch die Kirche unterschieden, erst im Tode. Das Martyrium beginnt im Leben durch das ganze Wirken Christi an seinen Botschaftern.

Vers 19-20:

Das griech. Wort für "sorget nicht" macht deutlich, daß weder falscher Eifer noch das ängstliche Fragen in diesen Situationen gefragt sind. Die kleinen Worte "wie" oder "was" ihr reden sollt machen deutlich: es geht nicht um geschliffene, apologetische Rhetorik, es geht nicht um ängstliches Nachdenken, wie ich am besten meine Haut rette, sondern ich soll ruhig und gefaßt Gott vertrauen, daß er alles sagen wird, was es zu sagen gibt. Auch hier ist uns Jesus vor dem Hohen Rat ein großes Zeugnis. Aber auch Paulus können wir betrachten. Dem Herrn ist es wichtig, daß der Jünger zu jedem Ausgang innerlich bereit ist und vorbereitet. Ein Beispiel, wie der Herr in solchen Situationen vorbereitet, stärkt und übermenschliches schenkt, ist das Leiden und Sterben von Dietrich Bonhoeffer. Der Lagerarzt, der Bonhoeffer zuletzt vor seiner Hinrichtung gesehen hat, schrieb, er hätte noch nie einen so sympathischen Menschen so gottergeben sterben sehen.

Der Heilige Geist hat von Jesus auch den Titel parakletos empfangen, was so viel heißt wie "Tröster", aber auch "Anwalt"! Gott läßt die Seinen in diesen schweren Momenten nicht im Stich. Von höchster Stelle wird er verteidigt und vertreten.

Vers 21-22:

Jesus zitiert Micha 7,6 und gibt diesem Prophetenwort eine noch schärfere Wende. Bevor der Christ aus der Volksgemeinschaft ausgestoßen wird, geschieht die Zerstörung der Familienbande. Ein Richter hat nach jüdischem Recht erst dann einen Gerichtsfall aufgenommen, wenn es Kläger gab. Diese Kläger, im Falle der Schilderung Jesu -Denzuianten,

kommen aus den eigenen verwandtschaftlichen Kreisen. Hier wird deutlich, daß die Zerstörung der Rede von Jesus zur obersten, ja geradezu heiligsten Pflicht eines Volkes wird.

Vers 23:

Jesus macht spätestens hier endgültig deutlich: der Dienst der Verkündigung ist mit viel Leiden und Abwehr verbunden. Wer hier Ruhm scheffeln will, wird bald eines Besseren belehrt. "Der Beruf der Jünger ist Kampf und ihr Kampf mit Israel steigert sich bis zum letzten Ende!"(2) Der Kampf wird solange dauern, bis die Kirche Jesu Christi vor ihrem Ende steht. Aber das wird nicht gelingen. Vorher kommt der Herr selbst und greift rettend und richtend ein.

Vers 24-26

Hier ist wohl die Krönung des Abschnittes. Das Ziel des Christseins kann es nicht sein, daß der Schüler größer, geachteter oder besser lebt wie der Meister. Das Ziel und das innigste Verlangen des Schülers ist, so zu werden wie der Meister. Aber das bedeutet Leiden.

Weil Jesus Wunder getan hat, die nach jüdischer Vorstellung nur aus zwei Quellen gespeist werden konnten, aus der Quelle Gottes oder die seines Feindes, kommen diese Worte. Die Pharisäer z.B. entschieden sich dafür, die Kraft Jesu entstünde aus der Verbindung mit dem Satan. Wenn Jesus Wunder tat, dann gab es in der Regel für die Umstehenden nur Schrecken, der zum Glauben an ihn führte oder Schrecken, der in Wut umschlug. Die Wunder zeugten von großer Macht. Die Pharisäer fürchteten sich vor Jesus. So wird auch die Welt einige Geschütze auffahren gegen die Kirche Jesu Christi. Die Judenschaft bezeichnete Jesu Sache als "Teufelswerk" und tötete damit jeden Raum des Weiterdenkens. Es ist vergleichbar mit der großen Tragik der Inquisition, wo einer dem anderen mißtraute und ein dummes Wort als "Teufelswerk" ausgelegt werden konnte. Aus dieser Lage gab es in der Regel kein Entrinnen mehr.

Interessant: Jesus nennt sich selbst den "Hausherrn" und die Christen sind seine "Hausgenossen!" Hier ist ein frühes Reden vom oikos Iaesou", vom Haus Jesu, sprich von der Gemeinde. Diese Hausgenossen sollen ohne Furcht den Namen des Hausherrn nennen. Auch den Titel, den er zurecht beansprucht: den Christustitel. Auch hier gilt: Wer schweigt, wer verhüllend spricht, wird damit keinen Erfolg haben. Es kommt sprichwörtlich "alles ans Licht.