Anspiel zu Markus 8, 31-38

von Michael Strauch


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Tisch. Frau sitzt vor Computer (Papprahmen und Tastatur). Ihr Blick stiert auf den Bildschirm. Wenn sie liest, durch Papprahmen Publikum anschauen). Sie liest, tippt, liest...

Stimme: Jenny... (sie reagiert nicht)

Jenny: (Jenny murmelt laut vor sich hin) Liebe Jenny, hm...hm...hm, könntest Du am Sonntag...hm...hm... Lesung halten...hm...hmmm. (Beugt sich zurück, dann wieder vor und tippt murmelnd): Lieber Axel, na klar. Du kennst doch meine Devise: allzeit bereit. D eine Jenny.

So, die nächste Mail kommt von Pfrarrer...

Stimme: Jenny...

Jenny: unterbricht und nimmt ihre „Ohropax“ aus den Ohren.

Hat mich jemand gerufen? Wendet sich dem Publikum zu. Ah, sie sind es wieder. Wissen sie, ich muss mich erst noch daran gewöhnen. Mein Pfarrer sagt mir immer: Jenny, wer sich im Reich Gottes einsetzt, der setzt sich auch aus! Und das setzt mir schon zu, so in der Gemeindeöffentlichkeit zu stehen....

Sie fragen sich sicher, was ich da mache. Ich beantworte täglich circa. 20-30 Mails. Alles Anfragen von Gemeinden. Ich kann ihnen sagen: ich bin voll im Stress. Nur noch am Rennen. Eine Veranstal-tung jagt die andere. Kürzlich sagte mir ein Gemeindeälteste r: Also, Jenny, deine Moderation im Gottesdienst mit Pfiff, ne, warten sie mal, er meinte im Gottesdienst Holiday Inn, oder war es doch das christliche Nachschwärmerfestival...? Na, egal. Also, der Gemeindeälteste sagte: Jenny, du warst obercool. Einfach g enial. Freunde, Freunde, das ging runter wie Öl. Natürlich hab ich ihm gesagt: Praise the Lord!und habe... (zeigt mit dem Finger nach oben)

Stimme: Jenny, Jenny....

Jenny: (redet einfach weiter) und habe mit dem Finger nach oben gezeigt. Und wissen Sie, wieviel Besucher da als kommen? 350 Leute. Und zwar jeden Alters. Naja, bis 40 circa. Aber das hat auch seinen Preis. Ich bin ziemlich k.o. Aber danach darf ich nicht fragen. Mein Pfarrer hat mir kürzlich ein Buch gegeben mit dem Titel: Liebst Du die Millionen? Also, es handelt nicht vom Geld, sondern von den Verlorenen auf dieser Welt! Und ich las es und sagte mir: Jenny, da musste hin.

Stimme: Jenny...

Jenny: (Computer piept. Eine elektronische Frauenstimme: „Sie haben Post!“). Mann, ich habe Post vom Missionsdirektor von „Love the Millions“ bekommen. Sie wollen sicher wissen, was er schreibt. Also, hm...hmm...liebe Jenny, bla...bla...bla. Wir freuen uns ...bla..bla...bla... du nach Guadeloupe kommst...bla, bla, bla...Dein Aufgabengebiet (unterbricht, sieht die Menge an und flüstert begeistert: „passen sie auf, jetzt kommt mein Auftritt“, wendet sich Bildschirm wieder zu)...wird es sein, unseren Reinigungs kräften im Missionshospital tatkräftig unter die Arme zu greifen....

Wie, ich soll Putzfrau spielen? Die sind wohl nicht bei Trost. Das will ich nicht. Alles, nur das nicht.

Stimme: Jenny...

Jenny: Wer ruft mich denn da ständig?

Stimme: Ich habe Dir etwas zu sagen.

Jenny: Spinn ich oder hör ich Stimmen? Der charismatische Gottesdienst ist doch erst in einer Woche!

Stimme: Jenny, (Pause und sehr langsam sprechen) was willst Du für mich tun?

Jenny: Alles will ich für dich tun. Für dich bin ich voll im Stress.

Stimme: Jenny, und was will ich, das Du tust?

Jenny: Bitte, was Du willst?