Bibelarbeit über Markus 1, 1-13

von Michael Strauch



Gliederung:

  1. Am Anfang ...(Verse 1-3)

  2. Die Vorbereitung (Verse 4-9)

  3. Der vierte Zeuge (V.10+11)

  4. Wahrer Gott und wahrer Mensch (Verse 12+13)


zu 1: Am Anfang...


Markus beginnt ähnlich wie Johannes mit dem alten, ehrwürdigen Wort „archä“. Wir gebrauchen das Wort, wenn wir etwas antikes, altes beschreiben und nennen es „archaisch“. Das hebräische Äquivalent steht im Genesis 1,1: im Anfang. Dieses Archä in Gensesis macht deutlich, dass Gott etwas ganz Neues beginnt. Er schafft eine neue Welt und neue Gestirne, Raum und Zeit und ein große Zahl von Lebewesen. Im Anfang. Gottes Eingriff in die Naturgeschichte und damit auch der Geschichte der Menschheit hat einen Archä, einen Anfang, wo doch Gott selbst keinen Anfang und kein Ende hat. So steht nun zu Beginn allen Seins der „Ewige“, der „ohne Anfang und Ende Seiende“ dem gegenüber, das einen Anfang und ein Ende hat. Schon in Genesis 1 hören wir vom „tohuwabohu“. Dieses Wort wird meist in Zusammenhang mit dämonischer Finsternis gebraucht. Doch Gottes Licht – Johannes bezeichnet Jesus als das Licht und das Licht als das Leben! - durchdringt und besiegt die Finsternis.

Nun stehen alle diese Gedanken dem damaligen Leser sicher klar vor Augen, wenn Markus seinen Bericht beginnt mit „archä“. Dies ist der Anfang des Evangeliums Jesu Christi. Der Anfang seines Dienstes, der Anfang seines Kampfes gegen die Finsternis, der Beginn einer beispiellosen Rettungsaktion. Das Leben kommt in diese Welt. Das Volk, das im Finsteren wandelt, sieht ein großes Licht.


Markus läßt den jüdischen Leser an Genesis 1 erinnern. Nun läßt er auch die Propheten zu Wort kommen. Er will deutlich machen, dass der „Archä Jesu Christi“ eine Erfüllung, eine Weiterführung alttestamentlicher, biblischer Prophetie ist. Er verfolgt damit einen bestimmten Gedanken:


  1. Mit dem Begriff „archä“ weckt er Assoziationen mit dem göttlichen Licht bei der Schöpfung. Johannes führt diesen Gedanken noch viel weiter aus. Das hieße aber dann, dass Markus von einem Pränatalen, prä-historischen Jesus spricht. D.h. , Markus macht deutlich, dass Jesus schon vor der Schöpfung existierte und gewöhnt den Leser anhand des ihm vertrauten alten Testaments an diesen Gedanken. Jesus war schon vor seiner Geburt lebendig und bei Gott.

  2. Markus greift Jesaja auf. Dieser Prophet, der wie kaum ein anderer vom „Gottesknecht“ spricht. Er sieht in Johannes dem Täufer die Erfüllung der jesajanischen Verheißung aus Jesaja 40,3 und auch Maleachi 3,1). Wenn aber dieser Bote da ist, dann bereitet er auch den Weg für den Messias.

  3. Markus will deutlich machen, dass es sich bei Jesus um den Sohn Gottes handelt, um den Christus.


In dem Zitat wird auch das griechische Wort „idou“ gebraucht: „siehe“. Verfolgt man die Bibelstellen, wo dieses „siehe“ vorkommt, so stellt man fest, dass es stets gekoppelt ist mit dem göttlichen Eingreifen Gottes in die menschliche Geschichte. Siehe meint nun nicht: guck mal genauer hin, sondern es meint: Gott greift persönlich in wunderbarer Weise ein. Es wird auch das „göttliche idou“ genannt.





Zu 2: Die Vorbereitung ( Verse 4-9)


Markus führt nun aus, wie diese Verheißung sich auf Johannes, den Täufer übertragen läßt und wie das „ebnen des Weges“ konkret aussieht:


  1. Eine Stimme = (V.4) und predigte

  2. in der Wüste = (V.4) Johannes der Täufer war in der Wüste

  3. Bereitet den Weg des Herrn = predigte die Taufer der Buße zur Vergebung der Sünden (V.4) und „ließen sich von ihm taufen!...bekannten ihre Sünden (V.5)


Ein weiterer Hinweis auf die Erfüllung der Verheißung Gottes in der Person Johannes des Täufers ist die breite und große Akzeptanz, die Johannes umgibt. Jesus wird später sagen, dass er „keine weichen Kleider anhatte“. Gemeint sind keine seidenen, prunkenen Gewänder, sondern er lebt in Armut und erinnert an spätere Einsiedler in Höhlen oder die späteren Turmmönche.


Johannes der Täufer bereitet dem Messias den Weg. Wir wissen von anderen Evangelien, wie hart und schonungslos Johannes vom Gericht Gottes gepredigt hat. Seine „Vorbereitung“ war es, die Menschen auf ihre Schuld, auf ihre Sünde – um mit Genesis 1 zu sprechen – auf ihr tohuwabohu hinzuweisen. Ohne Buße, ohne Umkehr kann man dem Gericht Gottes nicht entrinnen.

Die Wirkung seiner Predigten und seiner Person war enorm. Es heißt, die ganze Stadt Jerusalem und Judäa war auf den Beinen. Eine Massenevangelisation, wie sie in der Geschichte des Christentums ihres Gleichen sucht. Tausende folgten dem Ruf, bekannten ihre Sünden und ließen sich als Zeichen des neuen „Archäs“, ihres Neubeginns taufen. Denn das Hinabtauchen ins Wasser meint ja nichts anderes, als das der alte Mensch, das „Alte“ an sich „ersäuft“ wird und der Mensch „wie neugeboren“ wieder auftaucht.

Doch Johannes macht deutlich, dass es sich dabei nur um Vorstätze handeln kann. Einen neuen Menschen könne er nicht schaffen, dazu braucht es Gottes Heiligen Geist. Und es ist dem Messias vorbehalten, mit Heiligem Geist zu taufen (siehe Johannes 3, Gespräch Jesu mit Nikodemus).


Markus macht also an drei Momenten deutlich, dass Jesus der Sohn Gottes ist, der Messias. Er führt also drei Zeugen an, wovon zwei Zeugen reichen, die nach altt. Ordnung eine Sache bestätigen.


  1. Archä: die Assoziation mit Genesis 1. Jesus lebte schon vor seiner Geburt. War schon immer bei Gott. War Mitschöpfer und schafft auch hier nun ein Neues.

  2. Jesaja und Maleachi – Zitat: Johannes der Täufer. Es erfüllt sich in seiner Person und die Frage ist, wen Johannes nun als Messias bezeichnet. Dass Johannes der wiederkehrende Elia, der „Bote“ war, stand außer Zweifel.

  3. Das Zeugnis des Johannes war eindeutig. Es ist Jesus, den Johannes als das „Lamm Gottes bezeichnet, das der Welt Sünde trägt!“



  1. Der vierte Zeuge (V.10+11)


Schaut man sich die „Zeugen“ an, so stellt man fest, dass die ersten zwei Zeugen die biblischen Schriften sind. Das heißt Genesis 1 und Jesaja/Maleachi. Damit wird deutlich gemacht, dass Mose und die Propheten und deren Verheißungen sich nun erfüllen. Die Schrift erfüllt sich in Jesus Christus.

Dazu kommen zwei Personen als Zeugen dazu: Johannes der Täufer und nun Gott selbst. Es wird also doppelt bezeugt und klar gelegt: Jesus ist wirklich der Sohn Gottes, der Messias, der Christus. Gott bekennt sich selbst zu Jesus: „Du bist mein lieber Sohn, an dir habe ich Wohlgefallen!“

Doch spätestens hier beginnt „ein Bruch“. Spätenstens hier beginnt etwas, was Johannes irritiert und die Ausleger der Propheten sich anders vorgestellt haben. Jesus kommt nicht als Löwe, sondern als Lamm. Johannes wollte sich vor Jesus bücken. Johannes sagte, dass er nicht würdig sei, ihm die Riehmen aufzulösen. Nun war es Jesus, der sich vor Johannes erniedrigte und sogar sich – ohne Sünde – dem Menschen auf einer Stufe stellte. Er ließ sich taufen, als hätte er Vergebung nötig. Er ließ sich taufen, als hätte er einen neuen Weg nötig. Noch bleibt es ein Geheimnis, dass Jesus ganz Gott und ganz Mensch war. Und als Mensch wollte er stellvertretend den Weg auch des Sünders zur Erlösung durchlaufen. Dieses Geheimnis kann hier nicht mit ein paar Worten bewiesen werden, dazu braucht es das Evangelium, dazu muss Markus ausholen und erzählt es in den folgenden Kapiteln.


  1. Wahrer Gott und wahrer Mensch (Verse 12+13)


Ich habe langezeit die Vorstellung gehabt, dass die Versuchung durch den Satan für Jesus kein Problem darstellt. Jesus ist vollkommen. Wie soll da der Satan ihn versuchen können? Jesus gehört die Welt, was will Satan ihm da anbieten? Bis ich im Hebräerbrief auf die eigenartige Stelle traf, wo es heißt, dass der Herr Jesus Gehorsam lernen mußte. Gehorchen muß man lernen, wenn man zwei Dinge zur Wahl hat. Würde einem keine Wahl bleiben, wo bliebe der Gehorsam? Schon in Eden wurde durch den Baum der Erkenntnis der Gehorsam geprüft, indem man eine Wahlfreiheit hat. Wiederum stellt sich die Frage, ob die Wahl, Gott – dem himmlischen Vater in allem zu gefallen und „die Reiche dieser Welt – eine Wahlmöglichkeit für Jesus darstellen? Ich denke nicht. Die Versuchung lag darin, dass der Satan Jesus vor dem Kreuz abhalten wollte. Gehe nicht den Weg des Kreuzes und ich lasse vom Menschen ab. Bedingung: nur eine Anbetung. Das war mehr Versuchung, als wir je verstehen können, weil das Kreuz der tiefste Gang des Gottessohns war. Das Kreuz hieß Gottesferne. Das Kreuz hieß, die verhaßte Sünde zu tragen. Das Kreuz hieß das furchtbarste, tiefste Greuel für den Herrn. Hätte der Herr Jesus das Angebot angenommen, wären wir alle verloren. Jesus bestand also die Versuchungen nicht im „Vorbeigehen“, sondern es war wirklicher, echter Gehorsam.

Die Versuchung beginnt hier, weil Eden neu aufgerollt wird. Im Grunde wird an der Stelle angesetzt, wo Adam und Eva in ihrer Begegnung mit dem Satan schwach wurden und fielen. Hier setzt Jesus an und besiegt den Satan durch seinen Gehorsam. Er besiegt ihn als Gott, er besiegt ihn als Mensch! Von dort schreitet Jesus durch bis hin zum Kreuz, wo er „Eden“ wiederherstellen wird.


Wir sehen hier wieder, wie die ersten Kapitel der Bibel von Jesus neu aufgerollt und neu bestanden werden.