Joh 1,19-23 (24-28)

 

Gefaehrliche Befragungen!

Das Wort „Zeugnis“ gehoert in den Rechtsbereich. Eine offizielle Befragung findet statt. Die privilegierte und vorherrschende Religionsgruppe will ihre Grenzen absichern. Das tun religioese und politische Systeme.

Befragungen sind hoechst gefaehrlich für den Befragten, aber auch für die Befragenden. Befragung zeigt, dass die Maechtigen Angst haben um ihr System und um sich selbst. Sie fragen: Wer kann uns gefaehrlich werden? (Diese Frage gilt auch für Wirtschaftsimperien und zeigt sich manchmal in den über Mitarbeiter angelegten Dossiers. Vorsicht vor Betriebsraeten? Sie ins System integrieren?...)

Das gefaehrliche Befragungsproblem mit der Moeglichkeit, aus der jüdischen Gemeinde ausgestossen zu werden, gibt es auch für die johanneischen Gemeindeglieder um das Jahr 90. Auch da heisst es über die Befrager: „Die kommen von ganz oben!“ (vgl. „Jerusalem“ oder z.Zt. des Evangelisten Johannes „Jabne“, neuer Sitz der Oberen nach der Niederlage im jüdisch-roemischen Krieg 66-73 n. Chr.). Hilft die Antwort des Taeufers weiter?

Das Befragungsproblem gab es für die Gemeindeglieder in der DDR durch das Ministerium für Staatssicherheit, und es bleibt als Moeglichkeit in allen Systemen verschiedenster Art.

 

Die eigene Identitaet wird erfragt

Die gestellte Frage „Wer bist Du?“ zwingt zur Stellungnahme und zum Entscheid über die eigene Identitaet. Die persoenliche Grundsatzentscheidung kann wie beim Taeufer lauten: Bekennen – nicht leugnen – bekennen. Der Taeufer wird zum Vorbild für eindeutiges, kompromissloses Leben.

 

Drei Stadien der Befragung

Stadium 1 der Befragung: Die Befrager sind zufrieden. Der Taeufer hatte gesagt: „Ich bin nicht der Christus.“ Das heisst in der Auswertung: für unser System gibt es hier kein Problem!

Fast kein Problem! – denn die weitere Frage zur Absicherung folgt und zeigt, dass vielleicht weitere Gefahr besteht: Bist du Elia? In einer religioesen Gesellschaft, die jahrhundertlange Erfahrung mit dem Kampf von Propheten gegen den Tempelkult hat (Jesaja, Jeremia...), ist die Frage nach Elia, dem Propheten, brisant.

 

Stadium 2 der Befragung: Er ist nicht Elia! Die Befrager sind zufrieden. Es besteht keine Bedrohung für das System. Fast! – denn die weitere Frage, ob Johannes der Prophet ist, von dem es in Dtn 18 heisst: „Den sollt ihr hoeren!“ zeigt, dass weitere Absicherung noetig ist.

 

Stadium 3 der Befragung: Die Befrager sind zufrieden, dass der Taeufer auch die letzte Frage verneint hatte, aber noch nicht ganz. Alles ist abgeklappert, aber gibt es noch etwas, etwas Fassbares? Etwas, was man ins Dogma einordnen kann? Etwas unbekannt Gefaehrdendes? Wir müssen doch etwas Vorzeigbares für unsere Obersten haben und dürfen nicht mit leeren Haenden zurückkommen (das Problem des IM). Deshalb die erneute Frage:„Wie ordnest du dich selbst ein?“ Das ist für Christen in der Entscheidungssituation aller Zeiten eine wichtige Frage. Welche Antwort gebe ich?

 

Die für das System gefaehrliche Stimme

In der Antwort des Taeufers zeigt sich das Bewusstsein, Stimme zu sein (wie in Jes 40 angesprochen), als Einzelner für das System gefaehrlich und für die Mitmenschen rettend zu sein. Die Wüste – im Gegensatz zu Jerusalem – wird zum Kraft- und Wirkungszentrum, zum Zentrum für gesellschaftliche, für religioese Neuorientierung und Aenderung.

Ich würde mich entscheiden, nur Joh 1,19-23 als Predigttext zu nehmen

 

Diese Abhandlung ist hier entnommen:

http://www.erlangen-evangelisch.de/johannesevangelium/index.htm