Jakobus 5, 1 – 12
Predigt, Bibelarbeit, Andacht, Brief
Reichtum, Geduld und
Schwören
Wir nähern uns dem Ende!
Im doppelten Sinne des Wortes: Zum einen ist
dies die vorletzte Predigt über den Jakobusbrief und zum anderen geht es in den
ersten 12 Versen des letzten Kapitels tatsächlich um das Ende der Welt.
Im Angesicht der Wiederkunft Jesu geht es
Jakobus um drei große Themen: Reichtum, Geduld und Schwören. Angesichts des
Weltendes geht es um falsche und richtige Sicherheiten.
1. Reichtum
Jakobus 5, Verse 1 bis 6: Nun
zu euch, ihr Reichen! Ihr werdet noch weinen und klagen über all das Elend, das
über euch hereinbricht. Euer Reichtum verkommt, und die Motten zerfressen eure
kostbaren Kleider. Euer Gold und Silber ist so wertlos wie verrostetes Eisen.
All das wird euch anklagen. Ihr selbst werdet vergehen wie euer Reichtum. Warum
habt ihr euch - so kurz vor dem Ende dieser Welt - nur darum gekümmert, euern
Reichtum zu vermehren?
Aber Gott hat den Schrei der
Arbeiter gehört, die ihr um ihren verdienten Lohn betrogen habt.
Euch dagegen ist es auf dieser
Erde gut ergangen, ihr habt in Saus und Braus gelebt und euch doch nur für den
Schlachttag gemästet. Alle, die euch dabei im Wege waren, habt ihr verurteilt
und umgebracht, weil sie sich nicht gegen euch wehren konnten.
Knallhart rechnet Jakobus in diesen Versen
mit den Reichen ab. Und er beschreibt sie uns als hartherzige, geizige
Ausbeuter, die dem Gericht schon verfallen sind. Er sieht ihren Reichtum schon
verfault, von Motten zerfressen und verrostet vor sich liegen. Für sie wird es
kein Entrinnen geben. Auf Kosten der Armen haben sie sich ihren Luxus
zusammengerafft. Sie haben ausgebeutet und betrogen. Sie haben Reichtümer
gescheffelt. Sie haben ausschweifend und in Luxus gelebt. Sie haben die Armen
ausgebeutet und umgebracht.
Jakobus droht in diesen Versen den Reichen
das Gericht Gottes an. Und so beschreibt er sie uns, vom Ende her und mit
prophetischem Blick. Er sieht ihren Reichtum schon als verfault und verrostet
vor sich liegen. Und ihr vergammeltes Geld wird sie anklagen und im Gericht als
Zeuge der Anklage gegen sie auftreten.
Wir haben es hier also mit Menschen zu tun,
die ihren Reichtum durch Ausbeutung vermehrt haben. Jakobus kann von diesen
Reichen nichts Gutes berichten. Er stellt ihnen auch nicht die Möglichkeit zur
Umkehr in Aussicht. Diese 6 Verse sind eine einzige Gerichtspredigt, mehr noch
sie sind prophetische Rede. Jakobus sieht ihr Ende und ihren Untergang schon
als besiegelt und beschlossene Sache an.
Was Jakobus hier in radikaler Härte
schreibt, ist nichts anders als die Fortführung von Kapitel
2, Vers 5: Hat Gott nicht gerade die erwählt, die in den Augen dieser Welt arm
sind, um sie aufgrund ihres Glaubens reich zu machen? Sie sollen in Gottes neue
Welt kommen, die er denen versprochen hat, die ihn lieben.
In Kapitel 2 bezeichnet er die Armen als von
Gott auserwählt und bevorzugt behandelt. In Kapitel 5 prophezeit er den Reichen
unbarmherzig das Gericht Gottes.
Starke Worte und ein Schlag ins Gesicht
unserer Bürgerlichkeit. Ein einseitiges Wort gegen unsere Anpassung an die
Gesellschaft, an Leistung und Wohlstand, an Materialismus und Konsumverhalten.
Jakobus hält der Geringschätzung der Armen,
deren besondere Wertschätzung durch Gott entgegen. Er tut dies in
Formulierungen, die den Eindruck nahelegen, als ob
vor Gott die Armen grundsätzlich und generell bevorzugt wären. Die Reichen
erscheinen dagegen als Gewalttätige und Gotteslästerer, denen nur noch das
Gericht anzudrohen ist.
Gott ist seit Christus einseitig auf der
Seite der Armen! Anders kann man Jakobus nicht auslegen! Von den Reichen und
Mächtigen kann Jakobus nichts Gutes sagen. Im Gegenteil: Ihnen droht er das
unbarmherzige Gericht Gottes an. Und in Kapitel 2, Verse 6 bis 7 kritisiert er
sie und sagt: Sind es nicht die Reichen, die euch
unterdrücken und euch vor die Gerichte schleppen? Sind nicht sie es, die den
hohen Namen lästern, der über euch ausgerufen worden ist?
Nun übt Jakobus hier keine
Gesellschaftskritik, sondern er fordert uns Christen zur Besinnung auf. Indem
er uns das Ende der Reichen so drastisch und plastisch vor Augen führt, will er
uns davor warnen nach denselben Denkmustern zu leben. Jakobus ist tatsächlich
einseitig, so einseitig wie Jesus, der gesagt hat: Niemand
kann zwei Herren dienen; er wird entweder den einen hassen und den anderen
lieben, oder er wird zu dem einen halten und den anderen verachten. Ihr könnt
nicht beiden dienen, Gott und dem Mammon
(Matthäus 6, Vers 24).
Was Jakobus hier schreibt ist nichts weiter
als eine konkrete Anmerkung zu diesem SatzJesu. Wer
dem Mammon, dem Geldgott dient wird dem Geld verfallen und sich so letztlich um
das Leben bringen.
Das ernst nehmen
dieser Verse bedeutet nicht, daß wir uns radikal aus
der Gesellschaft zurückziehen, den Beruf aufgeben, alle Güter verkaufen und von
der Hand in den Mund leben. Weder Jakobus noch Jesus fordern uns zu solchen
Schritten auf.
Dennoch wird unser gesamtes Leben und
konkret unser Lebensstil von Jakobus hinterfragt. Wofür leben wir eigentlich?
Wie heißen die Ziele unseres Lebens? Welchen Stellenwert nimmt das
Geldverdienen in unserem Leben ein? Dienen wir wirklich Jesus, oder vielleicht
doch dem Mammon, dem Anhäufen von Geld und Besitz, dem Streben nach immer mehr
und dem Mithalten bei dem was man sich heute leisten kann und laut Werbung
leisten muß, um in und aktuell zu sein.
Nicht nur Jakobus malt schwarzweiß, droht
den Reichen das Gericht an und nennt die Armen von Gott erwählt, auch Jesus
fordert uns heraus, wenn er deutlich macht, entweder oder: Entweder ein Leben
für das Geld, oder ein Leben für mich.
2. Geduld
Jakobus 5, Verse 7 bis 11:
Meine Brüder, laßt euch nicht entmutigen, und wartet
geduldig auf den Tag, an dem der Herr kommt. Muß
nicht auch der Bauer mit viel Geduld Sonne und Regen abwarten, bis er im Herbst
die Ernte einfahren kann? Auch ihr müßt geduldig sein
und dürft nicht mutlos werden, denn der Herr kommt bald. Macht euch mit eurer
Ungeduld nicht das Leben schwer, liebe Brüder. Sonst wird Gott euch verurteilen.
Bedenkt: Der Tag des Gerichts ist nahe, und der Richter steht schon vor der
Tür.
Nehmt euch ein Beispiel an den
Propheten, die im Auftrag Gottes gesprochen haben. Wie vorbildlich und mit
welcher Geduld haben sie alle Leiden ertragen! Solche Menschen sind wirklich
glücklich zu nennen, die so standhaft waren und Gott treu geblieben sind! Denkt
doch nur an Hiob! Ihr habt alle schon gehört, wie geduldig er sein Leiden
ertragen hat. Und ihr wißt, daß
Gott in seiner Barmherzigkeit und Liebe alles zu einem guten Ende führte.
Sechsmal ist in diesen Versen von Geduld und
Ausdauer, von Warten und Abwarten die Rede. Nun sollen wir hier nicht auf einen
Menschen warten, sondern auf die Wiederkunft Jesu. Hier wird kein bestimmtes
Datum und kein fester Termin genannt, sondern einfach gesagt: Die Wiederkunft
des Herrn steht nahe bevor.
Jakobus beginnt diesen Abschnitt über die
Wiederkunft Jesu mit dem Satz: Haltet geduldig aus
bis zur Ankunft des Herrn! Diese Verse lassen vermuten, daß der Glaube an die Wiederkunft Jesu ins Wanken geraten
war. In diese Situation hinein mahnt er die Christen zur Geduld und zum Warten.
Christen, die nicht mehr wirklich mit der
Wiederkunft Jesu rechnen, verlieren in ihrer Gegenwart
den Blick für die Wirklichkeit Gottes. Ein christlicher Glaube ohne
Zukunftshoffnung wird saft- und kraftlos und verkommt zu einer reinen
Moralvorstellung, zur Lehre vom guten Menschen.
Der Brief des Jakobus
wird wahrscheinlich um 62 nach Christus geschrieben worden sein, also knapp 30
Jahre nach Tod, Auferstehung und Himmelfahrt Jesu. Die Aussage ihres Herrn: Amen, ich sage euch: Diese Generation wird nicht vergehen,
bis alles eintrifft (Lukas 21, Vers 32)
werden sie buchstäblich noch im Ohr gehabt haben. Ihre Realität sah allerdings
anders aus. Von der Wiederkunft Jesu war nichts zu
sehen und zu spüren. Dafür wurden die Reichen immer reicher und die Mächtigen
immer mächtiger. Der Glaube an die Wiederkunft Jesu und damit der Glaube an
Jesus selbst als den Herrn aller Herrn gerät ins Wanken und so mahnt Jakobus
die Christen von damals zum geduldigen Warten.
Wir haben es heute - fast 2000 Jahre später
- noch erheblich schwerer mit dem Glauben an die Wiederkunft Jesu. In dem
Aufsatz des Theologen Wolfgang Schweitzer "...und Jesus kam nicht
wieder" zeigt er, wie in der Theologie des 19.Jhd. die Lehre von der
Wiederkunft Jesu praktisch aufgegeben wurde. Ein christlicher Glaube ohne
Zukunftserwartung wird aber saft- und kraftlos!
Wenn sich Besuch angemeldet hat, stellt man
sich normalerweise darauf ein. Man räumt die Wohnung auf, kocht Kaffee und
stellt vielleicht Kuchen auf den Tisch. Auf jedem Fall soll der Gast wissen und
spüren, daß er erwartet wird und willkommen ist. Wenn
der Besuch sich um einige Minuten verspätet, ist das nicht weiter tragisch.
Schlimm wird es nur, wenn aus Minuten Stunden werden und man telefonisch nicht
nachfragen kann, weshalb der Eingeladene nicht kommt.
Wenn der erwartete Besuch nach mehreren
Stunden immer noch nicht erschienen ist, wird kein vernünftiger Mensch noch mit
dem Gast rechnen. Man wird den Kuchen selber essen, den Kaffee von der
Herdplatte nehmen und sich anderen Dingen zuwenden.
Und genau das ist als Christen unser Dilemma
mit der Wiederkunft Jesu. Seit 2000 Jahren wird die
Wiederkunft Jesu geglaubt und verkündigt. Aber bisher ist in dieser Welt noch
alles beim Alten und Jesus nicht wiedergekommen. Statt der wohltuenden Macht
und herrlichen Größe Jesu, erleben wir Christen Tag für Tag etwas von der
grausamen Macht der Mächtigen und von der Selbstherrlichkeit größenwahnsinniger
Menschen.
Und Jakobus schreibt: Haltet geduldig aus bis zur Ankunft des Herrn!
Jakobus erklärt nicht, weshalb die
Wiederkunft Jesu auf sich warten läßt. Er kann auch
keine Gründe dafür nennen, denn Jesus selbst hat gesagt:
Euch steht es nicht zu, Zeiten und Fristen zu erfahren, die der Vater in
seiner Macht festgesetzt hat (Apostelgeschichte 1, Vers 7).
Jakobus geht von der Tatsache aus, daß Jesus wiederkommt. Er stellt diese Tatsache hier nicht
in Frage, im Gegenteil. Jakobus rechnet mit der Wiederkunft Jesu wie mit einem
festen Datum, auch wenn er uns keinen genauen Termin mitteilt. Wie sollte er
auch?
Christlicher Glaube ohne Zukunftserwartung
ist Glaube ohne Leben. Wenn Jesus nicht mehr der Kommende für uns ist, dann
wird er über kurz oder lang auch nicht mehr der Gegenwärtige für uns sein
können.
Das Wissen um die Tatsache, daß Jesus wiederkommt, daß Gott
allein das letzte Wort spricht, läßt mich im Hier und
heute anders und als Christ leben.
So fordert Jakobus uns hier nicht dazu auf,
wie Münchhausen zu leben, sich am eigenen Schopf aus dem Sumpf der Verzweiflung
zu ziehen, sondern im Angesicht der Zukunft und der Wiederkunft Jesu als
Christen im Hier und Heute zu leben!
Er nimmt den Bauern und stellt ihn uns als
Beispiel und Vorbild hin. So wie der Landwirt nichts weiter tun kann, nachdem er gesät und gedüngt hat, als auf die Ernte zu warten, so
sollen auch wir auf Jesus und seine neue Welt warten! Der Bauer kann zwar Tag
für Tag aufs Feld gehen, um das Gras wachsen zu hören, aber damit bringt er die
Halme keinen Millimeter mehr aus der Erde. Er kann sie auch nicht mit
irgendwelchen Tricks oder einschmeichelnden Worten zum schnelleren Wachsen
überreden. Der Bauer muß tatsächlich geduldig
abwarten bis es Zeit zur Ernte ist. Genauso sollen wir als Christen leben!
Wir sollen geduldig auf die Wiederkunft
unseres Herrn warten. Geduldig warten - abwarten - das ist etwas womit wir so
unsere Mühe haben. Wir sind es gewohnt nicht zu warten, wir wollen alles und am
besten sofort. Wir leben eher nach dem Motto: "Herr schenke mir Geduld,
aber sofort!" Geduld gehört nicht zu den gefragten Eigenschaften unserer
technisierten Welt, in der alles machbar und möglich ist. Im Sprechzimmer eines
Arztes war zu lesen: Wunder dauern etwas länger,
Unmögliches wird sofort erledigt!
Wir wollen alles und sofort. In unserer schnellebigen Zeit zählt nicht
mehr der Augenblick der Gegenwart, das Erreichte, sondern nur das Unerreichte
und unsere Vorstellungen und Gedanken von der eigenen Zukunft. So lebt der
Schüler auf den letzten Schultag hin, der Jugendliche auf den 18 Geburtstag,
der Ledige auf die Hochzeit, die jungen Eltern auf den Tag, an dem ihre Kinder
endlich erwachsen und selbstständig sind, die Liste kennt kein Ende. So lebt
man von einer Anschaffung zur nächsten. Von Urlaub zu Urlaub und der Augenblick
der Gegenwart wird völlig unwichtig. So kann und will man heute nicht mehr
warten. Man will alles und sofort. Geduld ist zum Fremdwort geworden.
So will man nicht mehr bis zur Ehe warten
und überfordert damit sich selbst und die Beziehung heillos. So will man nicht
mehr warten, bis man das Geld für die neue Anschaffung hat und übernimmt sich
deshalb finanziell heillos.
Wenn Jakobus uns zum geduldigen Warten auf
die Wiederkunft Jesu auffordert, dann sagt er damit auch, daß
wir bewußt im Heute und Hier als Christen leben
lernen sollen. Jakobus macht uns hier Mut dazu, den Augenblick der Gegenwart bewußt zu erleben und sich nicht mit Gedanken an Morgen um
das eigene Heute zu bringen!
Damit redet Jakobus nicht der Resignation das
Wort. Diesen Eindruck könnte man gewinnen, wenn man hier von dem Hinweis auf
das Leben der Propheten und von der Ausdauer des Hiob hört.
An dieser Stelle fallen wir Christen auf
zwei Seiten vom Pferd. Einerseits lehnen wir uns auf, wenn die Krankheit in
unserem Leben Einzug hält, wenn Dinge anders laufen, als wir es uns wünschen
und erhofften. Und wir klagen und jammern über unser Leben, über all das, was
wir an schwerem durchzumachen haben.
Andererseits ergeben wir uns kampflos,
resignieren und sprechen davon, daß wir so schwach
und erbärmlich sind.
Friedrich Christoph Oetinger
hat Jakobus verstanden, wenn er sagt: Gott gebe mir
die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann. Den Mut, Dinge
zu ändern, die ich ändern kann. Und die Weisheit, das eine von dem anderen zu
unterscheiden!
Einerseits fordert Jakobus uns tatsächlich
dazu auf, Dinge hinzunehmen und zu akzeptieren, die wir nicht ändern können,
andererseits redet er aber gerade nicht der Resignation das Wort.
Wenn Jakobus uns im Angesicht der
Wiederkunft Jesu zur Geduld ermahnt, dann sagt er damit nicht: Legt die Hände
in den Schoß, steckt den Kopf in den Sand, ihr könnt ja doch nichts machen,
sondern er schreibt: Macht euer Herz stark (Vers 8). Im Angesicht der Wiederkunft Jesu sind wir
als Christen aufgefordert unseren Glauben zu leben, um so zeichenhaft deutlich
zu machen, daß Christus der Herr der Welt ist, daß er der gegenwärtige und auch der kommende Herr ist.
Weil Christen Menschen der Zukunft sind, sollen sie in dieser hoffnungslosen
Welt Zeichen der Zukunft setzen.
Konkret nennt er hier zwei Bereiche, wo sich
unsere Zukunftserwartung im Alltag des Lebens bewähren kann und soll: Vers 9: Klagt nicht übereinander! und Vers 12: Euer Ja soll ein Ja und euer Nein ein Nein sein!
Jakobus läßt es in
diesem Abschnitt über die Wiederkunft Jesu also nicht zu, daß
wir sein Wort über das geduldige Warten auf das Kommen Jesu als Nichtstun mißverstehen. Er fordert uns zum Handeln auf und heraus!
Dabei läßt er jeden von uns in den eigenen Spiegel
schauen. Er hört nicht zu, wenn wir über die eigene Schwachheit lamentieren,
uns über den anderen beschweren, über die böse und ungerechte Welt auslassen,
sondern er nimmt seinen Spiegel und fordert uns zur christusgemäßen Nachfolge
im Angesicht der Wiederkunft Jesu heraus!
Klagt nicht übereinander, sagt er! Und
wieder verweist Jakobus unausgesprochen auf den Bergprediger, auf Matthäus 7, Vers 1: Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet
werdet! Bei Jesus in Matthäus 7 ist beides zu finden, weshalb wir so
schnell und leicht den anderen verurteilen. Wir wollen den eigenen Balken, den
wir im Auge haben, nicht wahrnehmen. Schließlich sehen wir klar und deutlich
den Splitter beim anderen. Wenn jemand mit dem Finger auf den anderen zeigt,
weisen drei Finger auf ihn selbst! Wenn wir über andere klagen, lenken wir
damit bewußt oder unbewußt
von uns selbst ab. Wenn wir andere kritisieren und verurteilen, uns zum Richter
über andere erheben, werden wir dadurch selbst gerichtet!
Unsere Kritik - sagt Jesus - fällt auf uns
selbst zurück. So wie wir andere beurteilen und verurteilen, mit Vorurteilen
belegen und kritisieren, so werden wir selbst beurteilt und verurteilt werden.
Wie ein Bumerang kommen unsere kritischen Worte über unseren Nächsten auf uns
selbst zurück.
Es ist so leicht über andere zu klagen und
zu reden, andere zu kritisieren und schlecht zu machen. Je mehr ich an einem
anderen auszusetzen habe, desto besser stehe ich selbst da. Je mehr Negatives
ich über einen anderen sagen kann, desto besser und wertvoller muß ich selbst erscheinen.
Nach Jakobus soll man Christen daran
erkennen, daß sie nichts schlechtes
übereinander sagen! Nach dem, dessen Namen wir tragen - Christus - soll man uns
daran erkennen, daß wir uns nicht gegenseitig kritisieren
und verurteilen. Wozu Jakobus uns hier in einem einzigen Vers herausfordert,
hat er sich im dritten Kapitel lang und breit ausgelassen.
3. Schwören
Jakobus 5, Vers 12: Um eines
möchte ich euch vor allem noch bitten, meine Brüder: Schwört nicht; weder beim
Himmel noch bei der Erde, noch bei sonst etwas! Wenn ihr «Ja» sagt, dann muß man sich darauf verlassen können. Und wenn ihr «Nein»
sagt, dann steht auch dazu. Sonst ist euch Gottes Urteil sicher.
Laut Jakobus soll man Christen daran
erkennen, daß man sich auf ihr Wort verlassen kann.
Wir könnten jetzt lang und breit und sicherlich auch sehr kontrovers darüber
diskutieren, wie das denn mit dem Schwören ist. Doch damit hätten wir den 12.
Vers gründlich mißverstanden! Jakobus geht es mit dem
Bergprediger vor allen Dingen darum, daß man sich auf
uns und unsere Worte verlassen kann, daß unser JA
auch wirklich ein JA und unser NEIN auch ein NEIN ist. Christen sollen also
Menschen sein, auf deren Wort man sich verlassen kann und die nicht nach dem
Motto leben: Was interessiert mich mein Geschwätz von Gestern!
Zusammenfassung
Christen, die mit dem Kommen Jesu rechnen
sind Menschen, die geduldig auf den Herrn der Welt warten, und sich deshalb
allein auf Jesus verlassen. Christen, die mit dem Kommen Jesu rechnen sind
Menschen, die geduldig auf den Herrn der Welt warten, und sich deshalb nicht
vom Geld blenden lassen.
Christen, die mit dem Kommen Jesu rechnen
sind Menschen, die geduldig auf den Herrn der Welt warten, und deshalb den Augenblick
der Gegenwart bewußt erleben und sich nicht mit
Gedanken an Morgen um das eigene Heute bringen. Christen, die mit dem Kommen
Jesu rechnen sind Menschen, die geduldig auf den Herrn der Welt warten, und
deshalb Dinge hinnehmen, die sie nicht ändern könden,
aber deshalb nicht resignieren, sondern den Mut haben, Dinge zu ändern, die sie
ändern können.
Christen, die mit dem Kommen Jesu rechnen
sind Menschen, die geduldig auf den Herrn der Welt warten, und deshalb nichts schlechtes übereinander sagen, auf ihre Worte kann man bauen
und sich verlassen.
Sind wir solche Menschen? Rechnen wir
tatsächlich mit dem Kommen Jesu und leben in dem Bewußtsein
seiner Wiederkunft?
Und worauf verlassen wir uns eigentlich:
- auf unser Geld?
- oder auf Jesus?
Und:
- kann man sich auf uns und unsere Worte
verlassen?
Im Gebet der unbekannten Äbtissin heißt es
unter anderem: Herr, du weißt, daß
ich altere und bald alt sein werde. Bewahre mich davor, schwatzhaft zu werden,
und besonders vor der fatalen Gewohnheit, bei jeder Gelegenheit und über jedes
Thema mitreden zu wollen. Befreie mich von der Einbildung, ich müßte anderer Leute Angelegenheiten in Ordnung bringen. Bei
meinem ungeheuren Schatz an Erfahrung und Weisheit ist's freilich ein Jammer,
nicht jedermann daran teilnehmen zu lassen.
Aber du weißt, Herr, daß ich am Ende ein paar Freunde brauche. Ich wage nicht,
dich um die Fähigkeit zu bitten, die Klagen meiner Mitmenschen über ihre Leiden
mit nie versagender Teilnahme anzuhören. Hilf mir nur, sie mit Geduld zu
ertragen, und versiegle meinen Mund, wenn es sich um meine eigenen Kümmernisse
und Gebrechen handelt. Sie nehmen zu mit den Jahren, und meine Neigung, sie
aufzuzählen wächst mit ihnen.
Ich will dich auch nicht um ein
besseres Gedächtnis bitten, nur um etwas mehr Demut und weniger
Selbstsicherheit, wenn meine Erinnerung nicht mit der anderer übereinstimmt.
Schenk mir die wichtige Einsicht, daß ich mich
gelegentlich irren kann. Hilf mir, einigermaßen milde zu bleiben.
Ich habe nicht den Ehrgeiz,
eine waschechte Heilige zu werden (mit manchen von ihnen ist so schwer
auszukommen), aber ein scharfes, altes Weib ist eins der Meisterwerke des
Teufels. Mach mich teilnehmend, aber nicht sentimental, hilfsbereit aber nicht
aufdringlich. Gewähre mir, daß ich Gutes finde, wo ich
es nicht vermutet habe, und Talente bei Leuten, denen ich sie nicht zugetraut
hätte, und schenke mir, Herr, die Liebenswürdigkeit, es ihnen zu sagen.