Apostelgeschichte 18, 1-22 Bibelarbeiten und Andachten von A. Christlieb
Aus: http://www.life-is-more.at/life/predigten/bibel_ap.php
Apg
18,1 A.Christlieb Die Abreise
des Paulus von Athen. Apostelgeschichte 18, 1.
1. W a n n reiste Paulus von Athen ab? Unser Text
antwortet: ,,D a n a c h", d. h. nach den zuvor genannten Ereignissen,
nach seiner Rede auf dem Areopag, nach der Gewinnung etlicher Seelen für den
Heiland. Erst war auch in dieser Stadt, trotz ihrer besonderen Schwierigkeiten,
ein Werk geschehen, das für die Ewigkeit Bestand hatte. Erst war ein Segen
entstanden, den keine Höllenmacht zerstören konnte. Dann reiste er ab.
Wenn wir auch nicht Apostel wie Paulus sind, so dürfen wir es doch alle zu
einem Gebetsgegenstand machen, daß wir erst dann von
unseren Lebensstationen (und unserem ganzen Erdenleben) scheiden möchten, wenn
in irgendeiner Weise ein bleibender Ewigkeitssegen entstanden ist.
2. W i e reiste Paulus ab? Die Art seiner Abreise von Athen unterschied sich
wesentlich von den vorhergehenden Abreisen. Von den
drei letzten Missionsstationen war Paulus mehr oder weniger dem Druck einer
Verfolgung gewichen. In Philippi bat ihn die Behörde,
die Stadt zu verlassen (Kap. 16, 39). In Thessalonich
und Beröa ,,fertigten ihn die Brüder ab" (Kap.
17, 10 und 14). Er muß sich dort durch die Flucht
weiteren Schwierigkeiten und Gefahren entziehen. Hier in Athen aber war es zum
ersten Mal wieder eine Abreise, wo er nicht gedrängt wurde und fliehen mußte, sondern nach eigener Entschließung gehen konnte. Wie
freundlich verteilt doch der Herr die Lasten und Erquickungen im Leben seiner
Knechte. Hier in Athen gab es, soweit wir sehen, weniger Erfolg, dafür aber
eine leichtere und ungehinderte Abreise. So wird Gott auch in unserem Leben
Erleichterungen und Lasten recht zu verteilen wissen.
3. W o h i n reiste Paulus ab? ,,Er kam gen Korinth", wo neue Arbeit
seiner wartete. Es ging bei ihm von einer Segenswirksamkeit in die andere. Er
kaufte seine Erdenzeit gut aus.
Apg
18,2 A.Christlieb Paulus in
Korinth.
Die Vorgeschichte der Hausgenossen des Paulus. Apostelgeschichte 18, 2.
In Korinth angekommen, durfte Paulus bald erfahren, daß
Gott seinen Weg daselbst bahnte. Er fand das richtige Haus, in dem er wohnen
(Vers 2), die richtige Arbeit, mit der er sich ernähren (Vers 3), und die
richtige Gemeinschaft, an der er sich erquicken durfte
(Vers 5).
Wir bleiben zuerst bei dem Haus stehen, in das er einkehrte. ,,Er fand einen
Juden mit Namen Aquila". Ein Blick in die
Lebensgeschichte dieses Mannes ist sehr lehrreich. Er war Zeltweber (Luther:
,,Teppichmacher") in Rom. Wie er damals als Geschäftsmann innerlich stand,
wissen wir nicht. Aber ein anderes wissen wir: Mitten im Geschäftsleben traf
ihn plötzlich ein harter Schlag, nämlich der kaiserliche Ausweisungsbefehl, der
alle Juden aus Rom vertrieb.
Wie mancher Seufzer mag dieser Befehl dem Aquila und
seiner Frau Priscilla ausgepreßt haben! Gerade jetzt,
wo sich eine Anzahl von Landsleuten in der Hauptstadt zusammengefunden hatten!
Gerade jetzt, wo sie in diesem Beruf hier ihr Auskommen und ihren guten
Verdienst zu finden hofften! Jetzt sollen sie plötzlich alles verlassen und
auswandern! Beide werden die niederschmetternde Stunde, in der dieser Befehl
ankam, niemals im Leben vergessen haben.
Aber still! Gerade durch diesen schweren Schlag kamen sie nach Korinth und
wurden mit Paulus zusammengeführt! Gerade auf diesem Weg wurde ihr Leben
besonders gesegnet und für die Ewigkeit fruchtbar. Es kam die Stunde, wo sie
Gott danken konnten für jenen schrecklichen Befehl des Kaisers in Rom.
Was sagt uns dies? Über dem Kaiser, über allen freundlichen oder feindlichen
Menschen steht Gott, der alles zu seinem herrlichen Ziel lenkt, zum Besten
seiner Auserwählten. Ihm laßt uns trauen, auch wenn
in unser Leben Stunden hereinbrechen, wo alle Pläne vernichtet am Boden liegen
und wir ganz zerschmettert dastehen (Psalm 4, 4; 42, 6; Hebräer 10, 35).
Apg
18,3 A.Christlieb Paulus wird
seinen Hausgenossen zum Segen. Apostelgeschichte 18, 3. 26 - 28.
Es gibt Leute, die lieber in öffentlichen Versammlungen andere ermahnen, als
daheim im eigenen Haus das Christentum vorleben. Paulus gehörte nicht zu
diesen. Er predigte nicht nur auf dem Areopag vor großer Volksmenge in
gewaltiger Rede, sondern wurde auch im Hause, wo man ihn im Alltagsleben und in
der Handwerksschürze beobachtete, zum reichen Segen. Das sehen wir in Korinth.
Hier wurde er nicht nur allerlei Leuten dieser Stadt, sondern vor allen Dingen
seinen Hausgenossen zum reichen Segen. Gerade bei ihnen ließ er eine Segensspur
zurück, die sich weithin fortsetzte. Aquila und
Priscilla, bei denen Paulus einkehrte und arbeitete, wurden gläubige Christen.
Ob dies früher oder später geschah, wissen wir nicht. Aber ihr Leben beweist, daß sie die köstliche Perle fanden, die sie für allen
Verlust der Vergangenheit tausendfach entschädigte. Ein enges Freundschaftsband
verbindet sie fortan mit Paulus. Sie begleiten ihn nach Ephesus. Dort werden
die durch Paulus Gesegneten wieder einem anderen zum Segen, nämlich Apollos.
Und dieser durch Aquila und Priscilla gesegnete
Paulus wurde wiederum Scharen anderer Menschen zum Segen, indem er in Achaja mit seinen Gaben diente.
Wie wichtig kann eine einzelne Segensspur sein, die sich fortsetzt bis in die
Ewigkeit! Man sage ja nicht, daß der Segen, den ein
stiller Wandel im Hause nach sich zieht, geringer anzuschlagen sei als der
einer öffentlichen Wirksamkeit. Die Ewigkeit mag einst das Gegenteil offenbar
werden lassen!
A.Christlieb Paulus als Handwerker.
I. Die Arbeit am Handwerk schadet der Würde des Apostels nicht.
Apostelgeschichte 18, 3.
Wir wollen heute Paulus in der Handwerksstube besuchen. Wir schauen ihn an, wie
er sein tägliches Brot mit seiner Hände Arbeit verdient.
Fürs erste will uns dieser Anblick stutzig machen. Wir sind versucht zu meinen,
eine solche Beschäftigung passe nicht zu dem großen Gottesmann. Die Würde eines
Apostels und die Handwerkerschürze scheinen nicht recht vereinbar zu sein. Aber
wie ist es denn in Wahrheit? Hängt etwa die apostolische Würde irgendwie an
äußerer Kleidung und Beschäftigung? Wir sagen: Nein! Es kann jemand äußerlich
in Dreck und Schmutz arbeiten und dabei vor Gott stehen und wandeln. Ein
anderer kann in feierlichem Amtskleid einhergehen und
dabei stolz oder geizig gesinnt sein. In solchem Fall ist ersterer viel würdiger,
ein Zeuge Christi zu sein als letzterer. Nicht die Arbeit entwürdigt, sondern
nur die Sünde. Laßt uns niemals denken, daß die Würde eines Gottesknechtes von solch äußeren Dingen
abhinge. Der Anblick des Zelte-machenden Paulus soll
uns von diesem Irrtum befreien. (Amos 7, 14. 15).
siehe auch II. Die Arbeit am Handwerk schadet der Missionsarbeit des Apostels
nicht. -> Apostelgeschichte 20, 34. III. Die Arbeit am Handwerk schadet dem
Gebetsleben des Apostels nicht. -> Philipper 1, 3 - 5.
Apg
18,4 A.Christlieb Die
Lebensgeschichte von Aquila und Priscilla
Apostelgeschichte 18, 1-4; 18, 26-28; Römer 16, 3-5
1. Die Ausweisung aus Rom
Wir lesen in Apg. 18, 2, daß
Aquila und seine Frau Priscilla erst kurz vorher nach
Korinth gekommen waren. Es hatte sie in Rom, wo sie ein Geschäft als Zeltmacher
(Teppichmacher) betrieben, zusammen mit allen andern Juden ein
Ausweisungsbefehl des Kaisers Claudius getroffen. Was wird das damals für ein
Klagen und Jammern gewesen sein über die ungerechte Judenverfolgung! Claudius
hatte diese sicher darum durchgeführt, weil er um die Gunst des Volkes buhlte,
das die Juden nicht leiden mochte.
Wie die andern waren Aquila und Priscilla hart
betroffen. Sie ahnten sicher nicht, wie der ewige Plan Gottes diesen schweren
Schlag zu einer gesegneten Wende in ihrer Lebensgeschichte benutzen wollte.
Claudius verjagte die Juden genau zu der Zeit aus Rom, als Paulus mit seiner
Wirksamkeit in Korinth begann. In dieser Stadt hatte das vertriebene Ehepaar
Zuflucht gefunden. Dort kamen sie mit dem Apostel in Verbindung. Was sie von
ihm empfingen, war viel mehr als alles, was ein römischer Kaiser ihnen je
rauben konnte.
Das in die Familiengeschichte gefügte Leid wurde unter Gottes hoher Hand eine
Quelle des Segens. Schickt Gott nicht auch heute manche Not in Häuser und
Familien, mit der er Segensabsichten verbindet? Menschen sollen mit ihm, dem
lebendigen Gott, in Verbindung kommen, sollen seine Botschaft hören lernen.
2. Die Zeit in Korinth
In Aquilas neu eröffnetem Zeltmachergeschäft in
Korinth spricht eines Tages ein fremder Jude vor, der des gleichen Handwerks
ist. Er bittet, als Mitarbeiter aufgenommen zu werden. Es ist der Apostel
Paulus. Seine Gestalt ist klein und verächtlich. Seine Erscheinung und sein
Auftreten muß aber doch Vertrauen bei Aquila geweckt haben. Dieser nimmt ihn auf (V. 3) - und
wird es in alle Ewigkeit nicht bereuen! Aquila und
Priscilla finden in dem neuen Mitbewohner nicht nur einen brauchbaren und
gewissenhaften Arbeiter, sondern sie werden durch ihn zu einer wahren
Herzensbekehrung geführt. Wie werden sie verlernt haben, Gottes oft
unbegreifliche Führungen - ihre Vertreibung aus Rom - zu kritisieren! Wie
werden sie gewiß geworden sein, daß
Gott mit den Seinen einen Plan hat und daß ihnen auch
das Schwere und Rätselvolle zum besten dient!
Das Zusammenleben der drei Hausbewohner wird uns nicht näher ausgemalt. Ganz
sicher aber haben Aquila und Priscilla bald gespürt,
welcher Segensträger mit diesem Paulus zu ihnen gekommen ist. Sie haben
gemerkt: Wir haben einen wahren Beter bei uns. Sie haben festgestellt: Der neue
Hausgenosse ist im Irdischen, in seiner Berufserfüllung treu, und er ist ein vollmächtiger
Zeuge des Evangeliums. Wie wird Paulus zum Herrn beständig gefleht haben:
Schenke mir die Seelen dieser Hausgenossen! Wie wird er die Tischgespräche über
die alltäglichen Geschäftsdinge hinaus mit geistlichem Wert gefüllt haben! Wort
und Wandel des Paulus wirken zusammen und überführen schließlich das Ehepaar Aquila und Priscilla von der Wahrheit der Botschaft, die
Paulus bringt. Sie werden ein Eigentum des Herrn Jesus.
Wir wollen nicht müde werden, vordringlich um die Bekehrung unserer Hausgenossen
zu beten. Wir wollen flehen, daß ein tiefgehendes,
gründliches Geisteswerk an ihnen geschieht. Wir wollen betend achtgeben, daß sie an uns die
Einheit von Wort und Wandel sehen. Dann kann das Wunder einer klaren Bekehrung,
das damals im Hause von Aquila und Priscilla geschah,
sich auch heute wiederholen. Das Erleben im Zeltmachergeschäft in Korinth ist
die wichtige Mahnung an alle Jünger Jesu: Was euch auch immer an Aufgaben
zufällt, die vielleicht ins Weite gehen -vergeßt nie
das Nächstliegende: die Fürbitte für die eigenen Hausgenossen, den Wandel vor
Gott im nächsten und engsten Kreise. Paulus war oft in der Offentlichkeit
ein Zeuge Jesu, er war es aber auch bei seinem Mitarbeiter auf der
Handwerkerstube. Manche haben große Träume gehabt, sie wollten Segensspuren in
alle Welt hinaus tragen, und sie haben versäumt, zuallererst im eigenen Hause
ein Segen zu sein.
3. Die weitere Bewahrung
Sicher gab es in Korinth, wo sie den Weg mit Jesus begannen, für Aquila und Priscilla manche Erprobung ihres Glaubens.
Paulus wurde von den Feinden des Evangeliums gerichtlich und mit Aufruhr
verfolgt (Apg. 18, 6. 12-17). Da werden die Leute,
die den Apostel beherbergten, auch manchen Haß und
manche Feindschaft zu spüren bekommen haben. Aber sie standen immer unter dem
persönlichen Einfluß und der Gebetsmacht des Paulus.
Vielleicht kam es damals bei einem Aufruhr vor, daß
sie für das Leben des Paulus ihr eigenes Leben wagten (Röm.
16, 4).
Die Hauptbewährung aber kam später, als Aquila und
Priscilla von Paulus getrennt waren. Zwar begleiteten sie den Apostel noch von
Korinth nach Ephesus (Apg. 18, 18 f.), aber dann zog
Paulus ohne sie weiter. Ach, wie manche gehen zurück, wenn ein bestimmter
Prediger oder Evangelist, durch den sie gesegnet wurden, nicht mehr da ist! Wie
einst Israel fallen sie zum goldenen Kalb, sobald Mose
außer Sicht ist. Aber Aquila und Priscilla blieben
treu. Das zeigt, daß sie sich nicht zu Paulus, dem
gesegneten Werkzeug, bekehrt hatten und an ihm hingen, sondern daß sie sich wirklich an Jesus selber hielten.
In Ephesus zeigten sich Aquila und Priscilla
gastfrei. Sie nahmen den Apollos zu sich (Apg. 18,
26). Sie sahen, daß ihm, dem »beredten Mann und
mächtig in der Schrift« (V. 24), noch manches Licht fehlte. Da fingen sie nicht
an, hinter seinem Rücken über ihn zu klagen, sondern »sie legten ihm den Weg
Gottes noch fleißiger aus« (V. 26).
Später zogen sie wieder nach Rom. Immer mehr sind sie treue, selbständige
Mitarbeiter im Reich Gottes geworden. Ihr Haus wurde der Sammelpunkt einer
Christengemeinde (Röm. 16, 3-5). Ihr Leben und Dienst
wurde eine Segensspur für viele.
Solch eine Segensspur zu verfolgen, ist zum Staunen. Erst wird Paulus ein Segen
für seine Hausgenossen. Dann werden diese dem Apollos zum Segen. Der letztere
trägt den Segen weiter: »Er half viel denen, die gläubig geworden waren durch
die Gnade. Denn er überwand die Juden beständig und erwies öffentlich durch die
Schrift, daß Jesus der Christus sei« (Apg. 18, 27 f.).
Wenn auch unsere Lebensgeschichte ganz anders verläuft als die von Aquila und Priscilla, so hat Gott doch mit all den Seinen
das gleiche Ziel: »Ich will dich segnen, und du sollst ein Segen sein.«
A.Christlieb Die Lehrtätigkeit des Paulus in Korinth.
Laßt uns beachten, wo, wie und wen Paulus in Korinth
lehrte.
1. Der Ort seiner Lehrtätigkeit ist wieder die Synagoge (Schule). Seine üblen
Erfahrungen mit diesem Platz hatten sich in der vergangenen Zeit mannigfach
vermehrt (Kap. 17, 1. 5. 13). Aber seine Liebe blieb unverändert, seine Geduld
ließ nicht nach, da zu wirken, wo er seine Brüder nach dem Fleisch am besten
erreichen konnte. Er bleibt uns auch darin vorbildlich (Sprüche 24, 29).
2. Die Art seiner Belehrung war keine trockene, kalt lassende. Es war ein
,,Belehren und Überreden" (Luther: ,,Bereden"). Die Zuhörer merkten
unter den Worten des Paulus bald, daß ihnen eine
heilige, göttliche Überredungsmacht nahetrat (Jeremia
20, 7; Apostelgeschichte 26, 28). Gottes Wort und Gottes Geist wirkten
überzeugend, und solche Überzeugung läßt nicht
gleichgültig, sondern treibt zur Entscheidung für oder gegen Christus.
Auch heute noch verbindet die rechte Wortverkündigung ein ,,Belehren und ein
Überreden". Beim Belehren allein würde einseitig Kopf und Verstand gefüllt
werden. Beim Überreden allein ohne Belehrung würde die Grundlage fehlen und
keine Kraft gegeben sein, den göttlichen Weg zu gehen.
3. An wen wandte sich die Belehrung des Paulus? Sie wandte sich an alle, an
,,Juden und Griechen". Wie er keinen einzigen Feiertag vorübergehen ließ,
wo er nicht Christus verkündigte (,,auf a l l e
Sabbate"), so wollte er auch keine einzige Seele ohne dieses Gotteswort
lassen. Jene falsche Engherzigkeit, nach der sich der Ruf zum Gottesreich nur
an die Nachkommen Abrahams wenden sollte, war von ihm längst abgetan. Sein Herz
war weit und wollte jeden Volksstamm, Juden wie auch Griechen, mit Jesus bekanntmachen.
Apg
18,5 A.Christlieb Lebendiges
Zeugnis. Apostelgeschichte 18, 5.
Welch ein herrliches Ding ist es doch um ein lebendiges Zeugnis vor der
Gemeinde. Unser Text zeigt uns die Quelle, den Inhalt und ein wichtiges
Beförderungsmittel solchen Zeugendienstes.
1. Woher stammt der heilige Zeugendrang des Paulus?
Etwa aus seiner natürlichen Begabung? Oder aus seiner Gelehrsamkeit? Keines
soll verachtet werden. Aber die wahre Quelle eines durchschlagenden Zeugnisses
ist eine andere. Gottes Geist war es, der Paulus zum Zeugen drängte (,,drang
Paulus der Geist").
Nur der, welcher diese Quelle kennenlernt, wird
Gottes Wort im rechten Segen verkündigen können (vgl. Kap. 1, 8).
2. Welches war der Inhalt seines Zeugnisses?
Paulus war sicherlich kein einseitiger Mann. Er kannte die Tiefe und die
Mannigfaltigkeit der Schrift wie kaum ein anderer. Er verhehlte auch seinen
Zuhörern nichts, was da nützlich ist (Kap. 20, 20). Und doch hatte sein Zeugnis
nur einen Inhalt: ,,Er bezeugte Jesus, daß er der
Christus sei". So war es bei seinem ersten Auftreten in Damaskus:
,,Alsbald predigte er Christus" (Kap. 9, 20). So hörte man ihn in
Jerusalem: ,,Er predigte den Namen des Herrn Jesu frei" (Kap. 9, 28). So
war und blieb es bei ihm, ob er in seiner Heimat oder in anderen Ländern, ob er
vor Juden oder Heiden Gottes Wort verkündigte (Kap. 13, 39; 16, 31; 17, 3; 19,
4).
Der rechte Zeugendienst hat auch heute noch diesen Inhalt, den er damals hatte
bei Paulus.
3. Wie wird der heilige Zeugendrang befördert?
Gewiß gibt es manche Beförderungsmittel hierfür, vor
allem das anhaltende Gebet (Kap. 14, 23), das rechte Forschen im Wort Gottes
(1. Timotheus 4, 13), die Trübsal (2. Korinther 1, 4) und dergleichen mehr.
Aber laßt uns jetzt auf ein wichtiges Mittel achten,
das unser Text zeigt. Das Wiederzusammentreffen mit Silas und Timotheus füllt Paulus mit neuem Feuer, neuer
Kraft und Freudigkeit, weiter zu wirken im heiligen Zeugendienst.
Was mögen das für köstliche Stunden gewesen sein, in denen diese beiden
Mitarbeiter dem Paulus von dem Fortgang der Arbeit in Beröa
usw. erzählten. Das stärkte den Apostel. Diese Erquickung einer von Gott
geschenkten Gemeinschaft mit solchen Männern tat ihm wohl und belebte seine
Arbeit. Wir merken es auch aus seiner eigenen Erzählung (1. Thessalonicher 3, 1
- 8), wie erfrischend solches Zusammentreffen mit all den Nachrichten auf
seinen ganzen Dienst wirkte.
Laßt uns auch dieses Mittel nie gering anschlagen,
sondern dankbar benutzen, wo Gott es uns gibt.
A.Christlieb Beginnende Feindschaft in Korinth.
Ein betrübender Anblick soll uns beschäftigen. Wir betrachten das Bild derer,
die sich feindlich gegen die Predigt des Paulus stellen.
1. Bei wem bricht diese Feindschaft hervor?
Nicht etwa bei rohen Heiden, die alles sittliche Empfinden durch ein Leben in
den schrecklichsten Sünden erstickt hatten, sondern bei den Juden; bei solchen,
die Gottes Wort von ihrer Jugend auf kennengelernt
hatten (2. Timotheus 3, 15); bei solchen, die als Kinder in den Bund Gottes
aufgenommen worden waren durch die Beschneidung (1. Mose
17, 1 - 14); bei Leuten, die auch ihr Gotteshaus besuchten (denn die Schule war
für jene Juden ihr Gotteshaus und ihr Versammlungsplatz). Es waren Leute,
welche Anspruch darauf machten, als ehrbar und fromm angesehen zu werden, weil
sie durch die Teilnahme am Gottesdienst ihre Pflichten gegen Gott hinreichend
zu erfüllen glaubten. Bei diesen Leuten brach der Haß
gegen Paulus hervor.
Auch heute noch kann es in der Christenheit ähnlich vorkommen.
2. Wann zeigte sich diese Feindschaft?
Sie äußerte sich gerade in der Zeit, wo der heilige Geist den Apostel drang,
Jesus zu bezeugen (Vers 5). Gerade da, wo lebendiges Gotteswort auf den
Leuchter gestellt wurde, gerade da, wo der Herr sein Reich baute, brach die Wut
der Hölle in diesen Menschen hervor.
So geschieht es auch heute noch oft, wenn Gott am Wirken ist und seine Knechte
gesalbt und mit Kraft angetan werden, dann meldet sich auf irgend
eine Weise auch das Reich der Finsternis. (Kap. 13, 8. 45; 14, 1 - 5.
19; 17, 5. 13; 19, 20. 23).
3. Wie bricht die Feindschaft hervor?
In Widerstreben und Lästern. Die Feinde setzen dem göttlichen Rat und Willen
ihren eigenen entgegen und bekämpfen den treuen Zeugen mit gemeinen
Lästerworten.
An diesen Früchten kann man den Baum erkennen.
Apg
18,6 A.Christlieb Paulus trennt
sich von der Synagoge in Korinth. Apostelgeschichte 18, 6.
Durch die ausbrechende Feindschaft genötigt, verließ Paulus die Synagoge zu
Korinth, um in einem benachbarten Haus seine Missionsarbeit fortzusetzen. Beim
Scheiden konnte er sagen, daß er rein (nämlich rein
von Schuld und Verantwortung) von ihnen gehe.
Nicht jeder der sich irgendwo trennt und lossagt, darf ihm diese Worte
nachsprechen. Es gibt Trennungen, durch die ein Mensch große Schuld und
Verantwortung auf sich lädt, weil er unnötige Zerrissenheit vermehrt und
nachteilige Folgen für den Fortgang des Reiches Gottes verursacht.
Warum war diese Trennung rein und Gott wohlgefällig?
1. Weil sie mit dem Wort Gottes übereinstimmte. Jesus hatte seinen Jüngern bei
der Aussendung geboten: ,,Wo euch jemand nicht anhören noch eure Rede hören
wird, so gehet heraus und schüttelt den Staub von euren Füßen" (als Zeichen
der völligen Trennung, wo man auch das letzte Stäubchen des betreffenden Ortes
von sich abtut. Matthäus 10, 14: Lukas 10, 10 - 11). Dieser Fall lag hier vor.
Paulus handelte ganz in dem Sinn jener Worte Jesu.
2. Die Verhältnisse zwangen Paulus zu dieser Trennung. Es war ihm durch das
Lästern der Feinde völlig unmöglich gemacht worden, das Evangelium noch weiter
in der Synagoge zu verkündigen. Für ihn selbst, für erweckte Seelen und auch
für seine Gegner hätte ein längeres Bleiben nur böse Folgen haben können. Es
wäre dadurch nur Streit und Widerwärtigkeit vermehrt worden. Als stilles
Friedenskind ging er lieber weg.
3. Die späteren Folgen bestätigen die Richtigkeit seiner Trennung. Während
durch falsche Trennungen der Segen gehindert zu werden pflegt oder gar völlig
aufhört, wuchs und vermehrte er sich hier reichlich.
Wenn jemand vor der Frage steht, ob er sich trennen oder lossagen solle, so
prüfe er doch sorgfältig, ob die biblischen Voraussetzungen zu einer Trennung
so vorhanden sind, wie dies hier bei Paulus der Fall war.
Apg
18,7 A.Christlieb Zwei
Predigtstätten nebeneinander. Apostelgeschichte 18, 7.
Paulus brauchte nicht weit zu gehen, als ihn der Haß
der Feinde aus der Synagoge trieb. Im benachbarten Haus des Proselyten Just
fand er Aufnahme für seine weitere Missionsarbeit. Dort verkündete er von jetzt
ab das Evangelium. Auf diese Weise entstand in Korinth ein merkwürdiges Bild
(über das vielleicht manche Heiden ihren Spott haben mochten): Zwei
Gotteshäuser standen nebeneinander, die Synagoge und das Versammlungshaus, in
dem Paulus wirkte. In beiden wurde Gottes Wort verkündigt.
Und doch, wie grundverschieden waren diese zwei Versammlungsstätten! In dem
einen waren nur von Menschen erwählte Prediger, in dem anderen ein von Gott
ausgerüsteter Zeuge. In dem einen ruhte man aus auf dem, was Gott zu den Zeiten
der Väter, eines Abraham, eines Mose und der
Propheten getan hatte. In dem anderen erfuhr man Gottes Wirken in der Gegenwart
durch Bekehrungen und Geistesregungen. In der Synagoge war trotz allem Lesen
und Lehren der Heiligen Schrift die Decke Moses vor den Augen der Lehrer und
Zuhörer (2. Korinther 3, 15). Im Haus des Just drang der helle Schein der
göttlichen Gnade in die Herzen hinein durch den heiligen Geist (2. Korinther 4,
6). In dem ersten Hause blieb man im tiefsten Herzen kalt, in dem anderen wurde
man innerlich warm und voll Segen.
Der Anblick dieser zwei beieinanderstehenden
Gotteshäuser in Korinth kann unsere Herzen antreiben, zu seufzen: ,,Herr, laß unsere Kirchen und Versammlungshäuser dem Haus des Just
ähnlich werden!"
Apg
18,8 A.Christlieb Der erste
Erfolg des Paulus in Korinth.
Nach mancherlei Schwierigkeiten durfte Paulus in Korinth die große Freude
erleben, daß der Synagogenvorsteher Krispus zum Glauben an Jesus gelangte.
Es ist immer eine Freude für Jünger Jesu, wenn ein neues Glied hinzukommt zum
Volk Gottes (,,Krispus glaubte"). Es ist eine
zweifache Freude, wenn ein Mann von besonders wichtiger und einflußreicher
Stellung für den Herrn gewonnen wird. (,,Krispus, der
Oberste der Schule, glaubte"). Am höchsten wird diese Freude sein. wenn
ein solcher Mensch mit seiner ganzen Familie ein Eigentum Jesu wird (,,Krispus glaubte mit seinem ganzen Hause"). Diese
dreifache Freude wurde dem Paulus und seinen Mitarbeitern durch die Bekehrung
des Krispus geschenkt. Welch einen Eindruck muß doch dieses Ereignis damals auf die Juden von Korinth
gemacht haben!
Laßt uns einmal an die Wirkung denken, die von dem
Anblick des Krispushauses ausging.
1. Die widerstrebenden und lästernden Feinde des Evangeliums (Vers 6) werden
dadurch in gesteigerte Wut und vermehrten Haß geraten
sein, als sie sahen, wie diese ,,gefährliche Sekte" sogar unter ihren
eigenen Führern Boden gewann.
2. Paulus selbst und seine Gesinnungsgenossen werden durch den gleichen Anblick
inmitten ihrer Kämpfe und Anfeindungen mächtig gestärkt worden sein. Wie
wichtig dem Paulus die Gewinnung des Krispus gewesen
ist, beweist schon die Tatsache, daß er die
Taufhandlung persönlich an ihm vollzog, was er sonst nicht zu tun pflegte (1.
Korinther 1, 14).
3. Die Schwankenden, die von der Wahrheit innerlich überzeugt waren, konnten
durch dies Beispiel kräftig angespornt werden und Mut bekommen, voll und ganz
auf die Seite Jesu zu treten.
Gott erwecke sich an diesen und jenen Orten noch manchen Krispus,
der mit seiner ganzen Familie gläubig wird (Kap. 16, 34; Jesaja 24, 16).
Apg
18,9 A.Christlieb Wie Gott
seinen Knecht Paulus in Korinth auf Siegesboden stellte. Apostelgeschichte 18,
9. 10.
I.
Die Siegesmacht.
Das Leben des Paulus zeigt uns je und dann besondere Erquickungsstationen, wo
Gott seinen Knecht mitten in dem vielen Leid, das er zu dulden hatte
(Apostelgeschichte 9, 16), neu stärkte (Kap. 23, 11; 27, 23). Eine solche
Erquickungsstation war auch das Nachtgesicht in Korinth. Hier sehen wir, wie
Gott den Apostel in den ihn umringenden Anfeindungen (Vers 6) und
Schwierigkeiten auf Siegesboden stellte.
Er verlieh ihm zuerst eine Siegesmacht. Sie bestand in den Worten: ,,Ich bin
mit dir, und niemand soll sich unterstehen, dir zu schaden".
Das Wort: ,,Ich bin mit dir", hat je und dann den Knechten Gottes eine
entscheidende Macht verliehen. Als Mose vor den König
Pharao treten sollte, um eine höchst unangenehme Forderung an ihn zu richten,
gab ihm das Wort: ,,Ich will mit dir sein", die Kraft zur Ausrichtung
dieser Aufgabe (2. Mose 3, 12 und 4, 12). Als Gideon
mit seinen dreihundert Mann gegen die unzählbare midianitische Armee kämpfen sollte, da war es wiederum
dasselbe Wort, das ihn auf Siegesboden stellte. (,,Ich will mit dir sein, daß du die Midianiter schlagen
sollst wie einen einzelnen Mann"; Richter 6, 16).
Das Wörtlein: ,,Ich will mit dir sein", gibt überall den Ausschlag. Wenn
der Herr mit David ist, so kann weder ein kampfgeübter
Goliath, noch ein eifersüchtiger Saul, noch sonst ein Feind irgend etwas gegen
ihn machen (Psalm 118, 6 - 9 ; Hebräer 13, 6). Wenn
der Herr mit Jakob ist, so kann weder Labans Zorn,
noch Esaus Rachsucht ihm schaden (1. Mose 31, 3). Wenn der Herr zu Josua sagt: ,,Wie ich mit Mose gewesen bin, also will ich auch mit dir sein"
(Josua 1, 5; vergleiche 11, 17), so kann kein Feind vor ihm stehen und keine
Festung ihn aufhalten. So war es auch bei Paulus in Korinth. Gewiß waren hier die Hindernisse und Schwierigkeiten durch
seine eigene Schwachheit (1. Korinther 2, 3), durch die Sünden der dortigen
Großstadt (1. Korinther 6, 9 - 11) und durch den Haß
der feindlichen Juden besonders groß (Vers 6). Aber wenn Gott mit einem
Menschen ist, so kann er auf dem schwierigsten Arbeitsfeld getrost wirken.
II.
Das Siegesmittel.
Vor vielen Jahren gingen einige Brüder des Siegerlandes im Auftrag des
Reisepredigervereins in einen damals noch ganz toten Landstrich jenes Kreises,
den sogenannten ,,Freien Grund". Sie versuchten,
eine Versammlung abzuhalten, kamen aber wieder mit dem Bescheid: Der ,,Freie
Grund" ist wie Jericho bis an den Himmel vermauert. Die Antwort eines
alten Bruders lautete: ,,Nun, dann soll auch das Rezept von Jericho da
verschrieben werden. Wir müssen die Posaunen des Evangeliums dort blasen."
Jenes Rezept hat geholfen. Der ,,Freie Grund" wurde ein besonders
gesegnetes Ackerfeld.
Das von jenem Bruder empfohlene Kampfmittel ist auch dasjenige unseres Textes.
Korinth glich einer nicht einzunehmenden Festung. Hier halfen fleischliche
Waffen gar nichts. Hohe Beredsamkeit, glänzende Gaben, alle Gelehrsamkeit der
Welt scheitern an den Bollwerken der Finsternis, die solche Festungen stark
machen. Nur eins hilft: In göttlichem Auftrag reden. (,,Der Herr sprach:
Fürchte dich nicht, sondern rede und schweige nicht".) Das Wort Gottes ist
der Schleuderstein für den Goliath der Gottesfeindschaft. Dies ist das
Siegesmittel, das Gott dem Paulus in die Hand gab. (,,Er saß daselbst und
lehrte sie das Wort Gottes", Vers 11).
In unserer Zeit werden oft allerlei Mittel empfohlen, um das Volk wieder zur
Religion zurückzuführen. Wir wollen gegen keines dieser Mittel irgend etwas sagen. Aber hervorheben wollen wir, daß im letzten Grunde nur ein
Mittel hilft, nämlich das lebendige Wort Gottes. Nur wo ,,geweissagt"
wird, regen sich die Totengebeine (Hesekiel 37, 1 -
7; Epheser 6, 17).
III.
Das Siegesziel.
Gott stellte Paulus ein ganz bestimmtes Siegesziel vor die Augen. Er
versicherte ihn eines gewissen Erfolges. Er sagte ihm: ,,Ich habe ein großes
Volk in dieser Stadt". Bis jetzt hatte Paulus zu fühlen bekommen, daß Satan ein großes Volk hier hatte (Vers 6). Nun aber
bekam er die Gewißheit, daß
Jesus eine große Menge hier selbst zur Beute haben würde. Wie muß ihn diese göttliche Zusicherung gestärkt haben! Mit
einer dreifachen Gewißheit konnte er nun seine
Tätigkeit fortsetzen. Er wußte:
1. Der Herr w i l l meine Arbeit. Sie ist keine selbsterwählte, denn er selbst hat mir befohlen: ,,Rede und
schweige nicht."
2. Der Herr schützt meine Arbeit. Niemand darf sich unterstehen, mir zu
schaden. Alle Versuche, sie zu hindern, sind von vornherein aussichtslos.
3. Der Herr krönt meine Arbeit. Er wird mich nicht vergeblich hier predigen
lassen. Das Wort wird nicht leer zurückkommen.
Gott kann auch heute noch auf allerlei Weise einen müden Arbeiter, der unter
dem Druck der Feindschaft darniederliegt und fast
verzagen möchte, erquicken und ihn versichern, daß
seine Arbeit nicht vergeblich sei (Jesaja 55, 10. 11; Johannes 15, 20).
S.Keller Apostelgesch. 18,
9: «Fürchte dich nicht!»
Zweiundsiebzigmal sagt Gottes Wort diese Mahnung den
furchtsamen Menschenkindern! Muß das nicht von der
größten Wichtigkeit für uns sein, wenn das Wort so oft unter den
verschiedensten Umständen wiederholt wird? Oder ist das nur beschämend für uns,
daß wir so oft dieselbe Mahnung hören müssen, ehe sie
Wirkung hat? Wir fürchten uns bald vor Menschen und Dingen, wo nichts zu
fürchten ist, während es an der rechten Gottesfurcht fehlt, die alle
dergleichen Kobolde leicht verscheuchen könnte. Bald fürchten wir uns in
falscher Weise gerade vor dem, der unsere Zuflucht in der Not ist. Das letztere
ist die bedenklichste Sache, wenn wir uns fürchten, Gott zu begegnen. Dann ist
das Gewissen dabei beteiligt, das uns irgend eine Schuld
oder Untreue vorhält. An dieser Stelle hilft nur die Vergebung der Sünden. Bist
du aber davon überzeugt, daß die Versöhnung, die
durch Jesus geschehen ist, auch dir gilt, so daß du
ein gutes Gewissen gegen Gott hast, dann schüttle die alberne Furcht vor allem
andern ab. Dann steht dir das Recht zu mit dem größten Zutrauen dich deinem
Vater in die Arme zu werfen und still zu warten, was er tun wird, um dir zu
helfen.
Wir kommen zu dir, barmherziger Vater, und bergen uns bei dir. Du sollst unser
Schutz und unser Trost sein. Treibe alle knechtische Furcht aus, damit wir in
fröhlichem Vertrauen zu dir aufschauen dürfen. Du bist unser Trost allein. Amen.
Apg
18,10 C.H.Spurgeon ,,Ich habe
ein großes Volk in dieser Stadt." Apg. 18, 10.
Das sollte eine große Aufmunterung zur christlichen Tätigkeit sein, daß Gott auch unter dem Abschaum aller Elenden, unter den
Ruchlosesten, unter den Verkommensten und
Lasterhaftesten ein auserwähltes Volk hat, das gerettet und selig werden muß. Wenn ihr ihnen das Wort bringt, so tut ihr's, weil
Gott euch verordnet hat zu Verkündigern des ewigen Lebens an ihre Seelen, und
sie nehmen es an, wie Gott es in seinem ewigen Ratschluß
so vorausgesehen hat. Schon jetzt, vor ihrer wirklichen Bekehrung, ist ihre
Versöhnung durch das Blut des ewigen Bundes vollbracht. Sie sind schon jetzt
Christi Eigentum, - und sind vielleicht zu dieser Stunde noch Wirtshausläufer
und Verächter alles dessen, was heilig heißt; aber wenn der Herr Jesus ihre
Bekehrung vorausgesehen und sie darum mit seiner ganzen Liebe umfangen hat, so
können sie Ihm nicht verloren gehen. Gott ist nicht untreu, daß
Er des Preises vergäße, den sein Sohn dargelegt hat.
Er duldet nicht, daß seine Stellvertretung irgend
unwirksam und fruchtlos bleibe. Tausendmal tausend Auserwählte sind noch nicht
wiedergeboren, aber ihre Wiedergeburt ist gewiß; und
dies ist unser Trost, wenn wir zu ihnen hinausgehen, um ihnen das lebendigmachende Wort Gottes zu bringen. Ja, noch mehr,
Christus bittet vor dem Thron für diese Gottlosen. ,,Ich bitte aber nicht
allein für sie," spricht der große Mittler,
,,sondern auch für die, so durch ihr Wort an mich glauben werden." Die
armen, unwissenden Seelen! Sie denken nicht daran, für sich zu beten, aber
Jesus bittet für sie. Ihre Namen sind eingegraben auf seinem Brustschildlein, und bald werden sie ihre starren Kniee beugen und Seufzer der Reue hauchen vor dem
Gnadenthrone. ,,Es ist noch nicht Zeit, daß Feigen
sein sollen." Die zuvorversehene Stunde hat noch
nicht geschlagen; aber wenn sie kommt, dann werden sie gehorsam sein, denn Gott
will das Seine besitzen; alsdann müssen sie es sein, denn wenn der Geist in der
Fülle seiner Kraft kommt, verschwindet aller Widerstand; sie müssen die
willigen Knechte des lebendigen Gottes werden. ,,Nach Deinem Sieg wird Dir Dein
Volk willig opfern in heiligem Schmuck." ,,Er
wird viele gerecht machen." ,,Darum daß seine
Seele gearbeitet hat, wird Er seine Lust sehen, und die Fülle haben."
,,Darum will ich Ihm eine große Menge zur Beute geben, und Er soll die Starken
zum Raube haben."
Apg
18,11 A.Christlieb Die Dauer der
Arbeit des Paulus in Korinth. Apostelgeschichte 18, 11 (vergleiche 10, 18).
Zweimal hebt die Schrift die längere Dauer des Aufenthalts von Paulus in
Korinth hervor (Vers 11 und 18). Die erste Erwähnung schließt sich unmittelbar
an das erquickende Nachtgesicht, durch welches Paulus
der göttlichen Hilfe in dieser Stadt neu versichert wurde.
Dieser Zusammenhang ruft uns zu: An solchen Orten, wo Gott sichtlich den Weg
bahnt, gilt es, die vom Herrn geöffnete Tür auch recht zu benutzen und nicht
vor der Zeit von dort wegzugehen.
Die zweite Erwähnung geschieht im Anschluß an den mißlungenen Versuch der Feinde, den Apostel bei der Behörde
zu verklagen. Es liegt dort ein gewisser Triumph in den Worten: ,,Paulus aber
blieb noch lange daselbst". Die Feinde hatten mit ihrer Anklage der Arbeit
des Paulus ein baldiges Ende bereiten und seine Abreise erzwingen wollen.
Stattdessen erhielt ihr Wortführer Schläge. Paulus dagegen konnte noch lange
seine Arbeit fortsetzen.
Dies mag besonders solchen Gotteskindern zur Ermunterung dienen, die an ihrem
Ort besondere Anfeindungen erdulden müssen. Solche Schwierigkeiten sind durchaus
nicht immer ein göttlicher Hinweis, diesen Platz möglichst bald zu verlassen.
Gott gibt vielmehr an derartigen Stellen oft nachher zweifachen Segen, daß man ,,noch lange daselbst bleiben kann".
Als einst Isaak an einem Platz nach vielen Anfeindungen von seiten
neidischer Nachbarn endlich still wohnen konnte, nannte er jene Gegend ,,Rehobot" (weiter Raum), indem er sagte: ,,Nun hat uns
der Herr Raum gemacht" (1. Mose 26, 12 - 22).
Korinth war für Paulus ein solches ,,Rehobot".
Gott hatte ihm dort Raum gemacht, daß er achtzehn
Monate hier wohnen und wirken durfte.
Wohl allen, die solche Rehobot-Stationen erfahren und
benutzen!
Apg
18,12 A.Christlieb Was wir von
den Feinden des Paulus in Korinth lernen können. Apostelgeschichte 18, 12. 13.
Wir wollen sicherlich jene Ankläger des Paulus in Korinth nicht als Vorbilder
für unsere Handlungsweise nehmen. Wir verwerfen vielmehr ihre fleischliche
Kampfesart, in der sie Paulus vor der weltlichen Behörde als Irrlehrer
anklagen, um seine Arbeit zu unterdrücken. Und dennoch können wir auch von
ihnen einiges lernen, nämlich: Eifer, Klugheit und Einmütigkeit. Wenn wir nach
Jesu Wort sogar von einem betrügerischen Haushalter etwas Gutes für unseren
Christenlauf lernen können (Lukas 16, 1 - 8), warum nicht auch von diesen
Feinden des Paulus?
1. Eifer.
Wie eiferten jene Leute für die Erhaltung des Buchstabengesetzes! Wenn jemand
nach ihrer Überzeugung ,,dem Gesetz zuwider" lehrte, so blieben sie nicht
gleichgültig, sondern entbrannten vor Zorn. Niemand sollte ihnen dieses Wort
antasten! Gewiß eiferten sie mit Unverstand (Römer
10, 2), in blindem Fanatismus. Uns ziemt ein anderer Eifer: Nicht für das
Gesetz, sondern für das Evangelium, nicht ein fleischlicher, sondern ein
geistlicher. Aber doch darf ihr brennender Eifer für das Gesetz unseren oft
lauen Eifer für das Evangelium beschämen. Es darf uns nicht gleichgültig
lassen, wenn wir sehen, wie da und dort, von rechts und von links das teure
Evangelium verdunkelt und verfälscht wird. Wir wollen mit geistlichen Waffen
das Wort befolgen: ,,Kämpfet für den Glauben, der einmal den Heiligen übergeben
ist" (Judas 3; Psalm 119, 139; 4. Mose 25, 11 -
13; Römer 12, 11).
2. Klugheit.
Laßt uns ferner auf die kluge Ausnutzung einer sich
bietenden Gelegenheit bei jenen Feinden achten. Ein neuer Statthalter, namens Gallion, war als Inhaber der obersten Regierungsgewalt nach
Korinth gekommen. Die Juden mochten wohl eine gewisse Gutmütigkeit bei ihm
erkennen, die sich auch in unserer Geschichte bemerkbar macht. Sofort nutzen
sie den Amtsantritt dieses Mannes, um ihn für ihre evangeliumsfeindlichen
Absichten zu gewinnen. Man merkt, diese Leute sind augenblicklich auf dem Plan,
wenn es gilt, dem Wort Gottes einen Schlag zu versetzen. Sie benutzen aufs
klügste einen gegebenen Zeitpunkt für ihre Zwecke.
Hier wollen wir von ihnen lernen. Auch im Reich Gottes gibt es für die Jünger
Jesu Zeiten und Stunden, wo es gilt, auf dem Plan zu sein und die Gelegenheit
mit göttlicher Klugheit auszukaufen. Wenn hier eine Seele in das Fragen nach
dem ewigen Heil hineinkommt, wenn dort ein Widersacher des Volkes Gottes in Not
kommt und durch einen Liebesdienst beschämt werden könnte, wenn in einem
weltlichen Kreis ein Wort des Spottes fällt, das ein ernstes, festes Bekenntnis
für die göttliche Wahrheit nahelegt, dann gilt es mit
himmlischer Weisheit solche Gelegenheit zu nutzen, wie jene ihre irdische
Klugheit dort brauchten (1. Petrus 3, 15; Matthäus 10, 16; Epheser 5, 16; 1.
Samuel 25, 14 - 19).
3. Einmütigkeit.
Vor allem laßt uns die Einmütigkeit jener Feinde
betrachten (,,die Juden empörten sich einmütig gegen Paulus"). Es
unterliegt keinem Zweifel, daß jene zahlreichen
Gegner des Paulus in diesem und jenem Punkt verschieden dachten. Sie mochten
wohl in manchen Sachen bisweilen recht uneins untereinander sein. Aber in Einem
waren sie geschlossen einig, nämlich in der Feindschaft gegen das Wort von
Jesus.
Wohlan, wir wollen von ihnen lernen. Gotteskinder denken auch in manchen Fragen
sehr verschieden. Sie haben nicht alle denselben Katechismus. Ihr Erkennen
bleibt Stückwerk. Aber in einer Sache sollte man sich in unzertrennbarer
Einigkeit jederzeit zusammenfinden, nämlich in dem Eintreten für das, was jene
Feinde in Korinth bekämpften. Wenn die Welt einmütig ist in ihrem Haß gegen das Wort vom Kreuz, so wollen wir um so mehr eins
sein in der Liebe zu demselben und in seiner Verteidigung, wie auch in seiner
Ausbreitung. Keine Liebhaberei und Sonderlehre soll uns trennen von dem inneren
Zusammenschluß mit allen denjenigen, die von ganzem
Herzen das alte teure Evangelium lieben, bekennen und verbreiten (Römer 15, 5.
6; Philipper 2, 1. 2; Epheser 4, 3; Apostelgeschichte 1, 14; 2, 1. 46; 4, 24).
Apg
18,13 A.Christlieb Der Gang der
Gerichtsverhandlung. Apostelgeschichte 18, 13 - 16.
1. Die Anklage.
Wir verfolgen nun den Gang der gegen Paulus eingeleiteten gerichtlichen
Verhandlung. Die Anklage lautet auf gesetzwidrigen Gottesdienst. Die Juden
besaßen nämlich in Korinth, wie auch an vielen anderen Orten, staatliche
Erlaubnis für ihre besondere Religionsübung. Nun sagen sie zu dem neuen
Landvogt gleichsam: ,,Paulus unterscheidet sich von uns. Ihm darf deshalb die
staatliche Duldung, die wir genießen, nicht zuerkannt werden. Er hat keinerlei
Recht auf obrigkeitlichen Schutz mit seiner Einführung einer fremden
Lehre." Der Landvogt sollte aus diesen Worten den Schluß
ziehen, daß er die weitere Lehrtätigkeit des Paulus
in dieser Stadt verbieten müsse (Psalm 11, 2). Sie wollten also mit
obrigkeitlicher Gewalt die Arbeit des Paulus unterdrücken.
Dabei mußten sie, ohne es zu wollen, dem Apostel ein
herrliches Lob spenden. In ihren Worten: ,,Dieser überredet die Leute, Gott zu
dienen", lag eine unfreiwillige Anerkennung für Paulus. Sein ganzes Sehnen
und Trachten ging dahin, alle Menschen, die bisher im Dienst der Welt und der
Sünde standen, dahin zu bringen, daß sie Gott dienten
(Kap. 26, 28. 29). Wollte Gott, daß auch gegen uns
alle diese Beschwerde erhoben werden könnte: ,,Dieser überredet die Leute, Gott
zu dienen" (2. Timotheus 4, 2).
2. Die wegfallende Verteidigung.
Paulus wollte nun zu seiner Verantwortung reden. Er hätte viel Material gehabt,
dies zu tun. Er konnte klar beweisen, daß seine
Wirksamkeit nicht im Gegensatz zum mosaischen Gesetz stehe. Er predigte ja
überall in den Synagogen aus der Schrift, d. h. aus dem Gesetz und den
Propheten, wie Christus der in diesem Buch verheißene Erlöser sei (Kap. 13, 33
- 41; 17, 2. 3). Kern und Stern seiner Predigt, das Ziel aller seiner Arbeit
deckte sich ja völlig mit dem Ziel des Alten Testaments, das auf Christus
hinauslief. Paulus hätte auch in zarter Andeutung die berechtigte Gegenfrage
aufwerfen können, ob nicht das Leben und die Handlungsweise seiner Ankläger
viel eher im Gegensatz zum Gesetz stehe, das eine Herzensliebe zu Gott und zum
Nächsten forderte (Micha 6, 8). Aber jede Verteidigung erwies sich als
überflüssig. Paulus brauchte keine Silbe zu reden. Er durfte gleichsam nur
zusehen, wie das Herz des Landvogts zum Schutz des Evangeliums gelenkt wurde.
Wir sehen hier: Gott braucht unsere Mithilfe nicht, wenn er sein Werk schützen
und erhalten will. Er kann ohne unser Bemühen die rechten Entscheidungen
herbeiführen. Nicht der Beredsamkeit eines Apostels konnte der Ausgang der
Verhandlung zugeschrieben werden, sondern allein dem, der gesagt hatte:
,,Niemand soll sich unterstehen, dir zu schaden".
Durch das Wegfallen menschlicher Verteidigung wird Gottes Treue und schirmende
Hand nur noch herrlicher (Psalm 18, 28.)
3. Das Urteil
bestand in völliger Abweisung der Kläger. Gallion
lehnte jede Untersuchung dieser religiösen Fragen ab. Er wollte nur solche
Handlungen bestrafen, die ein Verstoß gegen das römische Gesetz waren.
Religiöse Lehrstreitigkeiten gehörten nicht dazu.
Dieser Bescheid des obersten Richters bedeutete für die Arbeit des Paulus eine
nicht geringe Stärkung, denn nun wußten alle
Einwohner, daß man der Arbeit des Apostels nichts in
den Weg legen durfte. Die Verhandlungen, welche zum Schaden des Paulus
herbeigeführt waren, mußten ihm zum Nutzen gereichen.
Die, welche Schande und Spott auf ihn bringen wollten, wurden selbst davon
getroffen.
Es gibt nichts Törichteres als eine Unternehmung gegen Menschen, die unter
göttlichem Schutz stehen (Jesaja 8, 10; Psalm 18, 2 - 4; 46, 5 - 6).
Apg
18,17 A.Christlieb Die Mißhandlung des Sosthenes.
Apostelgeschichte 18, 17.
Eine recht wüste Szene, die trotz allem zum Gegenstand unserer Erbauung werden
kann. Der Wortführer jener Ankläger des Paulus erhält von den Zuschauern der
Gerichtsverhandlung eine Tracht Prügel.
Nicht zur Stillung einer Neugier, nicht zur Erregung einer ungöttlichen
Leidenschaft, sondern zum Spiegel unseres eigenen bösen Herzens wollen wir
dieses Bild näher ansehen, indem wir die Schuld des Sosthenes
und seines Anhangs, die Schuld der Griechen und die Schuld des Gallion an diesem Vorkommnis erwägen.
1. Die Schuld des Sosthenes.
Zuerst war Sosthenes selbst Schuld an dem, was ihn
hier traf. Er war Anführer der Feinde des Evangeliums gewesen. Er vertrat die
Leute, welche sicherlich wünschten, daß Paulus wie
dort in Philippi (16, 22) mißhandelt
würde. Das war unrecht. Sosthenes mußte
die gerechte Strafe für das gehässige Vorgehen der Judenschaft
gegen Paulus an seinem Leibe zu fühlen bekommen.
Der Anblick dieses geschlagenen Synagogenvorstehers soll denjenigen zur Warnung
dienen, die heute noch eine feindliche Stellung gegen Gottes Wort einnehmen. Es
kommt einmal die Stunde, wo das Böse, das sie den Jüngern Jesu wünschten oder
antaten, sie selbst treffen wird (Prediger 10, 8; Sprüche 26, 27; Psalm 7, 16;
Esther 7, 9. 10).
Es scheint übrigens, daß jene bittere Erfahrung jenem
Sosthenes zum Segen wurde. Die meisten Ausleger
nehmen an, daß der spätere Mitarbeiter des Paulus und
Mitschreiber des 1. Korintherbriefes (,,Paulus und Bruder Sosthenes",
1. Korinther 1, 1) eben dieser frühere Wortführer der Feinde gewesen ist, der
sich demnach später ganz dem Christentum zuwandte. Wohl allen, die sich durch
gründliche Enttäuschungen zur Umkehr auf den rechten göttlichen Pfad leiten
lassen.
2. Die Schuld der Griechen.
Die Griechen ließen hier einer längst vorhandenen Abneigung gegen die Juden die
Zügel schießen. Sie bemerkten wohl einen gewissen Unwillen bei dem Landvogt,
der erst durch eine recht deutliche Sprache die Juden zum Weggehen bewegen
konnte (Vers 16). Diesen Zeitpunkt hielten sie für geeignet, um ihren Haß an einem Vertreter dieser Nation auslassen zu können.
Diese auf Sosthenes losschlagenden Griechen erinnern
uns an manche ungöttlichen, gehässigen Gefühlswallungen, die sich in unserem
eigenen Herzen beim Anblick gewisser fremder Völker regen, die nicht nach
unserem deutschen Geschmack sind. Für Jünger Jesu ziemt es sich aber nicht, die
Abneigung gegen irgendein Volk der Erde Raum zu geben im Herzen. Laßt uns nie jenen Griechen ähnlich werden, auch nicht in
unserem Herzen (5. Mose 10, 18. 19; 24, 17 - 22).
3. Die Schuld des Gallion.
Dieser drückte beim Anblick jener Mißhandlung ein
Auge zu. Einerseits mochte er selbst den Juden nicht sehr gewogen sein,
andererseits mochte er die Gunst der Griechen gewinnen wollen, indem er ihnen
dies durchgehen ließ. Auf alle Fälle handelte dieser sonst wohl edel denkende
und gerechte Beamte in diesem Stück falsch. Die rohe Behandlung des Sosthenes war ungesetzlich.
Wenn ein Beamter in hoher, leitender Stellung in seiner nächsten Nähe
Übertretungen des Gesetzes duldet, so schwächt er damit das Ansehen der
Gesetze, für deren Geltung er Sorge zu tragen hat.
Laßt uns für die Obrigkeit bitten, daß sie vor diesem Fehler bewahrt werde.
Die Schwäche des Gallion
findet sich übrigens auch bei manchen Eltern und Erziehern wieder, welche vor
ihren Augen manches geschehen lassen, wogegen einzuschreiten sie die unbedingte
Pflicht hätten. Laßt uns also nicht über Gallion richten, wenn wir selbst in seinen Fehler
hineingeraten.
Apg
18,18 A.Christlieb Der Abschied
des Paulus von Korinth. Apostelgeschichte 18, 18.
1. Nach einem langen und gesegneten Aufenthalt in Korinth kam die Stunde, wo
Paulus von dort schied (,,danach machte er seinen Abschied mit den
Brüdern").
Dieser Abschied ruft den Orten, welche besondere Segenszeiten genießen dürfen,
zu: Kaufet die Zeit aus, denn sie nimmt einmal ein Ende. Auch kann uns solcher
Abschied mahnen, daß wir uns doch ja nicht an die
menschlichen Werkzeuge Gottes hängen, da uns diese doch früher oder später auf
die eine oder andere Weise wieder verlassen. Sie sind nur vorübergehend bei
uns. Wohl denen, die an dem Einen hängen, der uns nie verläßt.
2. Paulus reiste nicht allein von Korinth ab. Seine Hausgenossen begleiteten
ihn (,,mit ihm Priscilla und Aquila").
Wir beobachten hier ein liebliches Band, das Paulus mit seinen Hausgenossen
verband. Nicht immer entsteht ein solches. Im eigenen Haus kann man die Fehler
seiner Mitmenschen am besten wahrnehmen. Man lernt sich genau kennen. Und
manchmal schwindet dabei Achtung und Liebe. Das Gegenteil davon war hier der
Fall. Priscilla und Aquila waren nicht etwa froh,
Paulus als Hausgenossen wieder loszuwerden. Sie rückten nicht etwa nach genauem
Bekanntwerden (auch in geschäftlichen Dingen) von ihm
ab, sondern suchten seine Gemeinschaft so lange wie möglich festzuhalten. Ihr
Mitziehen wirft ein günstiges Licht auf den Apostel als Hausgenossen.
Wohl allen, die in ihrer allernächsten Umgebung so leben, daß
man für ihre Gemeinschaft dankbar ist und sie nicht gern mißt.
Apg
18,20 A.Christlieb Paulus wird
in Ephesus um längeres Bleiben gebeten. Apostelgeschichte 18, 18 - 21.
Während Paulus an vielen Orten in den Synagogen mit den abscheulichsten
Verwünschungen überhäuft wurde, bat man ihn in der Synagoge zu Ephesus, er möge
doch noch länger dableiben. Wie wohltuend muß dem
Apostel diese Bitte gerade in der Synagoge gewesen sein!
1. Die Veranlassung dieser Bitte.
Paulus hatte trotz aller bösen Erfahrungen, die er immer wieder in den
Synagogen gemacht hatte, auch trotz der üblen Behandlung an seinem letzten Wirkungsort Korinth (Vers 4 - 6) dennoch sich in Ephesus
gleich wieder in dieses gottesdienstliche Haus seines Volkes begeben und dort
geredet. Alle früheren und die zuletzt neu hinzugekommenen Kränkungen hatten
ihn nicht aus der Liebe herausbringen können. Seine Geduld war wohl auf harte
Proben gestellt worden. Aber er hatte in diesen Proben durchgehalten. Mancher
wäre an seiner Stelle nicht mehr in die Synagoge gegangen. Aber Paulus ließ
sich nicht erbittern, sondern hoffte und liebte weiter. Solche Liebe gewinnt
die schönsten Siege im Reich Gottes. Durch sie kam es zu dieser Bitte in
Ephesus. Vielleicht bringen wir uns um manche köstliche Erfahrung und manchen
lieblichen Sieg durch unsere Ungeduld und unseren Mangel an Liebe, weil wir uns
nach erfahrenen Kränkungen so schnell zurückziehen. Wollen wir liebliche
Erfahrungen machen, so laßt uns von der ausdauernden
Liebe des Paulus etwas lernen. Die stammt aus Jesu Liebe.
2. Die Bedeutung dieser Bitte.
Es ist für die Freunde des Reiches Gottes wichtig, daß
sie die Kennzeichen einer herannahenden göttlichen Erweckungs- und Gnadenzeit
nach der Schrift erkennen und solche Zeit benutzen lernen. Ephesus stand vor
einer (in Kap. 19 beschriebenen) großen Erweckung. Wo zeigt sich die erste Spur
dieser anbrechenden Zeit? Wir sehen sie in der hier ausgesprochenen Bitte
(,,sie baten ihn, daß er längere Zeit bei ihnen bliebe"),
die uns ein wenig in die Herzen jener Zuhörer hineinblicken läßt.
In dem starken Verlangen nach der lauteren Speise des göttlichen Wortes merken
wir zuerst das gute Ackerland für den Samen des Evangeliums.
Paulus wird in der Bitte jener Epheser einen göttlichen Hinweis zur
Missionsarbeit in dieser Stadt erkannt haben. Wenn er auch sein klar erkanntes
Ziel der Heimreise nicht aufgeben konnte und durfte, so war ihm doch für die
Zukunft ein Arbeitsfeld gezeigt worden, dem er möglichst bald zustrebte.
3. Die Beantwortung dieser Bitte.
In der Beantwortung dieser Bitte verband Paulus Festigkeit, Freundlichkeit und
Vorsicht. Fest und bestimmt lehnte er für jetzt ab (,,er willigte nicht
ein"). Freundlich und bereitwillig versprach er dem Wunsch für die Zukunft
entgegenzukommen (,,ich will wieder zu euch kommen"). Vorsichtig fügt er
die wichtige Bedingung hinzu, die wir bei keinem Zukunftsplan vergessen dürfen:
,,So der Herr will".
Wie oft mangelt uns die eine oder andere dieser Eigenschaften bei den Entscheidungen,
die wir zu treffen haben.
Apg
18,21 A.Christlieb ,,Ich muß nach Jerusalem!" Apostelgeschichte 18, 21.
Aus der Antwort des Paulus können wir uns ein L o s u n g s - w o r t für
unsere ganze Lebensreise entnehmen. Der Apostel erklärte, unbedingt an dem Fest
in Jerusalem teilnehmen zu müssen und sich durch nichts von diesem Ziel
abbringen lassen zu können. Aus seinen Worten klingt etwas von der Elieserstellung heraus: ,,Haltet mich nicht auf" (1. Mose 24, 56). Wenn nun Paulus solche Festigkeit in der
Erreichung seines Zieles bewies, sollten wir nicht vielmehr solches Zielbewußtsein im Eilen zu unserem letzten und höchsten
Ziel haben?! Alle Gotteskinder wollen an dem großen Fest im neuen Jerusalem
teilnehmen, von dem die Bibel schreibt. (Offenbarung 19, 7; 21, 1 - 4). Da gilt
es, alles abzulehnen, was uns in der Erreichung dieses Zieles hindern und
aufhalten könnte. Unsere Losung im Blick auf die obere Gottesstadt soll
bleiben: ,,Ich muß nach Jerusalem!" Nichts soll
mich aufhalten! (1. Korinther 9, 24 - 27; Psalm 137, 5; Jeremia 51, 50).
Apg
18,22 A.Christlieb Drei Besuche
des Paulus.
I. Paulus besucht die Gemeinde in Jerusalem. Apostelgeschichte 18, 22.
Im 22. und 23. Vers werden uns drei Besuche von Paulus berichtet, die auch für
unser Christenleben ihre Bedeutung haben. Zuerst sein Besuch bei der
Muttergemeinde in Jerusalem (denn diese ist mit dem Ausdruck ,,die
Gemeinde" gemeint).
Dieser erste Besuch beweist uns, wie sehr dem Paulus daran gelegen war, das
Band mit der ersten christlichen Gemeinde und damit auch das Band mit der
Gesamtchristenheit aufrecht zu erhalten. Es schien manchmal, als wollte sich
dieses Band lockern. In Jerusalem bestand eine streng gesetzliche Richtung,
welche die Arbeit des Paulus nicht ohne Mißtrauen
ansah (Kap. 15, 5; 21, 20. 21).
Demgegenüber sagt Paulus nicht etwa: Es ist mir ganz gleichgültig, was diese
oder jene Christen in Jerusalem über mich denken. Vielmehr suchte er, wo er nur
konnte, alle Mißtrauenswolken durch persönliche
Fühlungnahme mit der Gemeinde in Jerusalem zu zerstreuen. Er handelte damit
ganz im Sinne Jesu, dem die Einigkeit aller seiner Jünger so besonders am
Herzen lag (Johannes 17, 21; vergleiche Epheser 4, 3 - 6).
Laßt auch uns immer darauf bedacht sein, das Band mit
allen Gotteskindern zu pflegen und zu befestigen und aller Zertrennung
entgegenzuarbeiten.
A.Christlieb Drei Besuche des Paulus.
II. Paulus besucht die Gemeinde in Antiochien.
Apostelgeschichte 18, 22 b und 23 a.
Sein zweiter Besuch galt Antiochien. Weshalb ging er
dorthin? Hier war der Kreis, in welchen die göttliche Führung ihn einst
hineingestellt hatte. Dorthin hatte ihn Barnabas in die Arbeit berufen (Kap.
11, 25 und 26). Hier wohnten die Beter, welche durch göttliche Erleuchtung
zuerst seine Aufgabe in der Heidenwelt erkannt hatten. Von hier war er einst
ausgesandt worden (Kap. 13, 1 - 3).
Wenn Paulus im Lauf der Jahre noch so große und wichtige Wirkungskreise
gefunden hatte, so besuchte er doch immer wieder diese Gemeinde, mit der er
durch seine Führung in allererster Linie verwachsen war (Kap. 14, 26 - 28).
Auch wir wollen niemals eine Verbindung, die Gott uns durch unsere
Lebensführung in besonderer Weise wichtig gemacht hat, gering achten und
vernachlässigen, sondern dankbar festhalten und zu beiderseitiger Stärkung
pflegen (1. Samuel 23, 16 - 18).