Bibelarbeit über 1Johannes 5, 1-4
von Michael Strauch
Thema: Das Geheimnis echten Glaubens
Textueller Aufbau
Mir hilft es immer, wenn ich einen solch komplexen und gepackten Text vor mir habe, wenn ich zuerst mir Gedanke für Gedanke aufschreibe und mir dabei eigene Gedanken notiere:
Wer glaubt... (V.1). In der Einleitung wird das Thema genannt. Es geht um den Glauben. Durch das „wer“ wird ausgedrückt, dass es hier nicht um eine Zusage für die Zuhörer geht (Ihr glaubt), sondern um eine Aufforderung, einem Gedankengang zu folgen.
Dass Jesus der Christus ist.. (V.1). Wir spüren, glauben kann man viel und alles. Der Glaube war zur Zeit des Johannes etwas selbstverständliches. Jeder glaubte an irgendwas. Nun schränkt Johannes ein. Wer glaubt, dass Jesus...Es haben auch viele an Jesus geglaubt. Sie glauben es im Sinne, sie nehmen es einem ab, dass Jesus ein großer Mann war. Eine historische zu beachtende Persönlichkeit. Der Glaube an Jesus heißt der Glaube an den Menschen Jesus! Nun fügt Johannes das entscheidende an: seinen Titel! Christus. Wer glaubt, dass Jesus der Christus ist! Darin steckt dann ein ganzes Bekenntnis. Lt. Philipper 2 hat Gott seinen Sohn erhöht, weil er gehorsam war, ja gehorsam bis zum Tode. Gott hat ihn über alles gestellt. Jesus, der Christus heißt: Jesus, der Herr des Universums. Der Auferstandene, Siegreiche, Überwinder des Todes und das Leben selbst. Jesus ist der Erlöser, der Heilsbringer, der Messias.
Der ist von Gott geboren! Hier fällt das dritte wichtige Stichwort: Glauben kann man viel, haben wir gesagt. Das Besondere liegt darin, dass der Mensch an Jesus als den Christus glaubt. Nun macht Johannes deutlich: ein Mensch aus sich heraus kann es nicht. Er muss zu diesem Glauben eine Erfahrung gemacht haben, die von Menschen nicht gemessen, nicht erbracht werden kann: eine Geburt aus Gott heraus.
Einschub:
Wir werden bei den Begriffen „Glaube, Christuserkenntnis und Neugeburt“ an das ganze Heilsgeschehen Jesu erinnert. Besonders erinnert Johannes an das, was im Evangelium auch nur von ihm berichtet wird: Johannes 3, das Gespräch Jesu mit Nikodemus. „Es sei denn, dass jemand von neuem geboren ist, so kann er das Reich Gottes nicht sehen!“ (Joh 3,3). Und: „Es sei denn, das jemand geboren werde aus Wasser und Geist, so kann er nicht in das Reich Gottes kommen!“ (V.5).
Es bleibt ein geistliches Geheimnis, aber es ist nichtsdestotrotz eine Wahrheit, die selten verkündigt wird: die Geburt aus dem Geist Gottes heraus. Gott schafft durch die Taufe und den Heiligen Geist einen neuen Menschen in dem Gläubigen. Wir sind auf Christus in den Tod getauft und durch den Heiligen Geist wiedergeboren. Wer so wiedergeboren ist aus Gott, der ist logischerweise Gottes Kind und hat Christus zum Bruder und erhöhten Herrn. Wer aus Gott geboren ist, erkennt Gott als Vater Christus als Bruder und Herrn so selbstverständlich, wie Kinder ihre Eltern kennen und ihre Geschwister.
In Johannes 3, 16 machte Johannes auch deutlich, dass diese Wiedergeburt durch den Tod Jesu am Kreuz möglich gemacht wurde und durch seine Auferstehung. Der Glaube nun ist von nöten, weil wir den himmlischen Vater nicht sehen, auch nicht den Sohn noch den Geist. Trotzdem vermag der Christ mit ihnen so eng zusammen zuleben wie das Kind in der Familie, weil der Geist das ermöglicht. Der Geist schenkt und bewirkt den Glauben, denn lt. Gal 5,22 ist der Glaube eine Frucht des Heiligen Geistes. Nun kommt zu den drei großen Stichworten ein weiteres, zentrales Stichwort hinzu. Johannes hat bisher die „Vorgeschichte“ beschrieben. Die Entstehung einer neuen Familie mit Gott als Vater, Christus als Herrn und Bruder und dem Heiligen Geist, der im Menschen lebt und dem Menschen selbst. Nun geht es um das Miteinander in dieser Familie!
Und wer den liebt, der ihn geboren hat...(V.1). Johannes greift die Eingangsformel wieder auf und füllt sie neu. Wer von Gott geboren ist, so hörten wir, der glaubt an das ganze Heilsgeschehen in Jesus Christus. Doch der Geist bewirkt nicht nur den Glauben, er bewirkt auch eine zweite Geistesfrucht: die Liebe. Die Liebe zu dem, der den Christen neu geboren hat. Bedenken wir immer, dass wir Gott nicht sehen können. Und dennoch können wir ihn lieben. Nicht schätzen, nicht verehren – lieben! Auch das bewirkt der Geist. Hier macht Johannes deutlich: all das sind Geschenke des Heiligen Geistes! Der Glaube an Gott, an Christus und die Liebe zu ihnen. Bis zu alldem kann man noch mitgehen. Das alles wirkt auf den Christen klar und nachvollziehbar. Doch nun krönt Johannes seinen Gedankengang mit dem, was er eigentlich der Gemeinde sagen will:
der liebt auch den, der von ihm geboren ist! (V.1) Der Christ erkennt seine Geschwister im Glauben automatisch, so wie Adam Eva erkannte als „Gebein von seinem Gebein!“. Und er liebt seine Mitchristen aufgrund der engen, geistlichen Verwandtschaft, dem gemeinsamen Vater, dem gemeinsamen Herrn und Bruder und dem gemeinsamen Heilserlebnis durch den Heiligen Geist.
Einschub:
Spätenstens hier möchte man unruhig werden. Spätenstens hier sind viele Christen am Glauben gescheitert, weil sie dem Umkehrschluss machten: wenn Christen sich so verhalten, dann kann es mit dem Glauben nicht weit her sein. Dann kann Gott mich nicht lieben. Da müßte doch mehr an Herzlichkeit und Verbundenheit sein? Ja, mehr noch. Der Nichtchrist versucht in der Liebe der Christen untereinander zu lesen, was an diesen Menschen anders ist. Und schließt zurück auf Gott oder endet immer wieder nur bei der Menschlichkeit. Die Aussage des Johannes muss in seinem Gedankengang richtig sein, denn sie ist logisch. Aber die Praxis läßt einen manchmal verzagen. Nicht allein, wie Christen mich lieben, sondern auch, wie ich sie mehr oder weniger liebe.
Nun möchte man mit Johannes ringen und ihn fragen: wie soll das aussehen? Christen haben soviel Probleme untereinander. Sind sie dann alle nicht neu geboren? Johannes aber gibt eine höchst interessante Antwort:
Daran erkennen wir...(V.2). Vorher war es ein philosophisches Herantasten (wer glaubt...). Jetzt kommt ein unmissverständliches Faktum. Das Stichwort „Erkenntnis“. Daran erkennen wir, daran erkennen Christen, dass wir Gottes Kinder sind. Das ist interessant, dass Christen die Möglichkeit haben, zu „erkennen“, wer ein Kind Gottes ist. Oder besser ausgedrückt: ob eine Gemeinde aus wiedergeborenen Menschen besteht oder nicht. Erkennen meint hier nicht das sachliche Beurteilen des Glaubens anderer Menschen, das steht uns nicht zu. Erkennen meint: lieben, tiefe Beziehung erleben. In der Bibel wird das Wort sogar im Zusammenhang des Sexualverkehrs gebraucht: Adam aber erkannte sein Weib. Es meint diese tiefe und liebevolle Beziehung. Christen, die aus der Liebe des Vaters leben, sind ansteckend auf andere Christen. Aber die Frage bleibt immer noch: woran erkennen wir es? Am tollen Gemeindeangebot? An den vielen Besuchern? An den Lobpreisabenden? Nein.
Dass wir Gottes Kinder lieben, wenn wir Gott lieben und seine Gebote halten! (V.3). Der Satz haut mich um. Es macht deutlich: wer Gott liebt, der liebt auch seine Kinder. Bis dahin sind wir mit gegangen. Aber gleichzeitig erlebe wir es doch auch so, dass wir meinen, Gott zu lieben, aber viele Mitchristen „lassen wir halt stehen“. Von Liebe kann keine Rede sein. Nun kommt etwas ganz entscheidendes hinzu: seine Gebote halten.
Einschub:
Es geht hier schlichtweg um den Gehorsam. Johannes macht deutlich, dass bei der Liebe zum Vater nicht um fromme Gefühle geht. Leicht hat man den Eindruck, Gott zu lieben, wenn man sich mit vielen Menschen gut versteht, in einer guten Gemeinde ist, vielen symphatisch ist, das Leben nicht viel Tiefen bietet. Leicht verwechselt man die Liebe zu Gott mit den Gefühlen, die sich gerade bei den modernen christlichen Lieder entwickeln. Nichts gegen die Anbetungslieder, aber der bewußte Balladencharakter, der mir persönlich gut gefällt, bewirkt nun aber auch die Gefühle, die ich genauso habe, wenn ich weltliche Pop-Balladen höre oder ein herrliches Klassik Stück. Die Liebe zu Gott hat aber mit Gehorsam zu tun. Hier sind wir wieder bei der Familie. Wir haben gesagt, dass der Christ von neuem geboren wird! Er wird dadurch ganz praktisch, nicht als Geistesgut, sondern wirklich und real, in die göttliche, weltweite Familie geboren. Gott ist der Vater dieser Neugeborenen. Christus ihr Herr und Bruder. Der Geist ist in Gott und in allen Gläubigen. Er ist das verbindende Glied, das „Gen der Verwandtschaft“. Weil wir real Kinder Gottes sind, leben wir auch ewig, so wie Gott auch.
So wie Kinder ihre Eltern lieben, lieben geistliche Kinder ihre „himmlischen Eltern“, das ist Gott als Vater automatisch. Der Geist bewirkt diese Liebe.
Ich selbst habe 5 Kinder. Unser Jüngster liebt automatisch alle seine Geschwister. Das muss man ihm nicht befehlen. Es gibt auch Streit und Krach. Aber die Mitte sind die Eltern, nicht die Geschwister. So ist Gott der Vater die Mitte aller Gläubigen.
Nun kommt in der Familie aber etwas hinzu, was für das Zusammenleben unabdingbar ist: der Gehorsam. Wenn Kinder ihren Eltern nicht gehorsam sind, leidet die Beziehung und damit leidet auch das ganze Familienleben. Der Gehorsam ist Ausdruck der Wertschätzung und der Liebe. Geschwister sind nicht ihren Geschwistern zum Gehorsam verpflichtet, aber ihren Eltern. Wo ein Kind meint, es müsse nur das tun, was es will, leiden andere mit. Denn die Familie funktioniert aufgrund des Gehorsams. Die Eltern können für die Kinder nur das Beste erreichen, wenn sie nicht ständig gegen sie ankämpfen müssen. Der Gehorsam den Eltern gegenüber wirkt sich positiv auf die Liebe untereinander aus. Das Miteinander geht reibungsloser. Was heißt das aber praktisch im Umgang mit meinem Nichtchristen?
Wenn mir ein Mitchrist das Leben schwer macht, so ist es offenbar der falsche Weg, sich ständig zu bemühen, ihn zu lieben. Sondern der Weg geht über Gott! Wenn ich bewußt versuche, Gott gehorsam zu sein in meinem Alltag, werde ich meinen Mitchristen lieben. Bedenken wir, dass wir die Liebe nicht produzieren können. Aber wir können sie hemmen. Den Geber der Liebe, den Geist Gottes dämpfen. Und ich dämpfe ihn durch meinen Ungehorsam. So kann es passieren, dass ich aus Liebe und aus Gehorsam zu Gott mit einem Christen „brechen“ muss, weil er vielleicht eine falsche Lehre vertritt. Brechen meint nicht hassen. Und gerade darin werde ich eine neue Beziehung entwickeln. Wenn ich aber ihm zuliebe mein Gewissen vor Gott dämpfe, liebe ich den Mitchristen nicht. Der Gehorsam zum Vater ist der Schlüssel. Warum? Weil er mich unabhängig macht.
Johannes fasst zusammen: „Denn das ist die Liebe zu Gott, dass wir seine Gebote halten; und seine Gebote sind nicht schwer!“ Spätestens hier schlucken wir ein zweitesmal. Der Jude wird damals noch mehr geschluckt haben. Hat Paulus nicht deutlich gemacht, dass es für den Menschen nicht möglich ist, die Gebote Gottes, und das sind nicht allein die zehn Gebote zu halten? Wie sagt Johannes jetzt locker, es sei nicht schwer? Hier müssen wir versuchen, Johannes zu verstehen:
Einschub: Im griechischen steht nicht das Verb „halten“, sondern „bewahren, pflegen, beschützen!“
Man muss dem Gärtner nicht gebieten, dass er seine Blumen pflegen, bewahren und beschützen muss. Auch wird er all den Aufwand, den er treibt, nicht als Zwang empfinden und seine Blumen verfluchen. Es mag sehr anstrengend sein, Schweiss kosten und Disziplin. Es erfordert Fachwissen und Fortblildung. Und: ein guter Gärtner hat eine tiefe Liebe zu seinen Blumen. Nur wer das alles richtig hegt und pflegt, empfängt den Lohn seiner Mühe. In der Erziehung der Kinder ist es nicht anders! Wer sich ihnen widmet, ihnen gegenüber Geduld aufbringt und diszipliniert ist, erntet die Frucht. Gewiss, in der Erziehung gibt es keine Rezepte. Aber wer seine Kinder liebt, der hat viel Arbeit mit ihnen und scheut sich vor der Arbeit nicht. Eltern wollen ihre Kinder schützen, bewahren und pflegen. Nun legen wir diesen Gedanken auf Gottes Gebote. Da es damals noch keine Bibel gab, wie wir sie heute haben, würde Johannes heute sicher von der Heiligen Schrift sprechen. Es gilt also, Gottes Wort zu bewahren, zu pflegen und zu schützen. Was heißt das? Bewahren meint nicht, konservieren. Bewahren meint nicht, hören und vergessen. Maria ist uns hier ein anschauliches Beispiel: „Maria aber behielt alle diese Worte und bewegte sie in ihrem Herzen!“ (Lk 2,19). Vielleicht ist das gemeint. Das Hören, Aufnehmen und das „bewegen im Herzen“. Ich vermute, dass Maria, würde sie heute im Gottesdienst sitzen, nie ohne ein Notizheft erscheinen würde. Sie würde die ihr wichtigen Gedanken aufschreiben, den Text zuhause nochmal lesen und sich fragen, wie es in ihrem Leben Gestalt gewinnen kann.
Fassen wir nochmal zusammen. Das Geheimnis des Glaubens liegt in:
Wiedergeburt – Folge: ein echtes Kind Gottes. Gott ist mein Vater. Jesus mein Herr und Bruder.
Liebe – Folge: ich liebe meinen himmlischen Vater. Ich liebe meine geistlichen Geschwister.
Erkenntnis – Liebe zu den Geschwistern setzt die Liebe zum Vater voraus.
Gehorsam – Liebe zum Vater aber ist Liebe zu seinen Worten.
Hier kommt das Wort – und ich möchte das Gebet hinzufügen – dazu. In einer funktionierenden Familie wird gesprochen. Sie findet nicht schweigend statt. Darum ist die Heilige Schrift so wichtig. Ein Kind Gottes ist fasziniert von der Heiligen Schrift. Darum ist die rechte Auslegung der HS so wichtig. Sie muss von Gottes Geist heraus gepredigt werden. Ist das der Fall, erkennt das Kind Gottes es auch als Gottes Rede. Nun schließt sich der Kreis. Paulus sagt im Römerbrief, dass der Glaube aus der Predigt kommt. Durch das Geist gewirkte, von Menschen gepredigte Gottes Wort fand ich zum Vater. Dieser wiederum gebar mich neu und ich ermpfing den Heiligen Geist. Ich wurde somit Gottes Kind und die Liebe zum Vater ist die Frucht. Doch das Wort, das mich zum Vater zieht, zieht mich als Christ auch zum Bruder und zur Schwester. Denn zum gepredigten Wort kommt meine Antwort. In dem Fall ist es ein Gehorsamsschritt, der mir das Leben bringt. So ist das Wort das Medium, durch das Gott mit uns Kindern spricht. Gott will uns aber nicht unterhalten den lieben langen Tag, sondern Gott gibt uns Anweisungen für unser Leben. So muss das Wort Gottes in allen Dingen geprüft und tapfer umgesetzt werden. Wer das tut, wird solche Freude am Wort Gottes bekommen, dass es einem nicht schwer vorkommt. Er ist leidenschaftlich für das Wort Gottes.
Das Wort Gottes muss beschützt werden. Vor Irrlehren, vor Relativierungen. Wer das Wort nicht schützt, läßt zu, dass durch dasselbe Menschen nicht zum Vater können.
Johannes führt nun ein weiteren Gedanken hinzu:
„Denn alles, was von Gott geboren ist, überwindet die Welt!“ Der Glaubende ist neu geboren. Dadurch ist er dem Fleisch nach mit der Welt und ihren Gesetzen verhaftet, aber er gelangt dennoch ins ewige Leben. Ermöglicht durch eben diese Neugeburt. Das ist tatsächlich als ein „Sieg“ zu nennen. Bis heute schafft es der Mensch nicht, den Tod zu bezwingen. Wer neu geboren ist, überwindet die Welt, ist von ihr unabhängig. Diese Botschaft muss aber in die Welt getragen werden. Die Botschaft, dass die Welt überwunden ist. Die Botschaft, dass das Gesetz des Todes überwunden ist. Die Botschaft, dass die Familie Gottes noch viel Platz hat. Und jeder Christ freut sich von Herzen über ein neuen Bruder oder eine neue Schwester. Doch wie gesagt: der Außenstehende hat die Neugeburt nicht erfahren. Er kann den Vater nicht lieben, somit auch den Christen nicht. Aber er sieht den Christen. Und das Leben der Christen, die nicht durch gute Taten allein, sondern besonders durch ihre Liebesbeziehung zum himmlischen Vater auffällt, wird ihn fragend machen.
Wo nun liegt meiner Meinung nach der große Schwachpunkt, die noralgische Stelle? In der evangelischen Kirche ist es die Taufwiedergeburtslehre. Sie lähmt und führt zu einer falschen Sicherheit. Denn auf das Handeln Gottes muss unsere Antwort kommen. Will ich mit Gott leben oder will ich es nicht? Und wenn ich es will, dann soll ich`s auch tun. Hinzu kommt zu vielen falschen Auslegungen der Heiligen Schrift oder auch einfach im Setzen des Schwerpunkts auf Nebensächlichkeiten.
Im Pietismus sehe ich die Gefahr im Konservieren des Wortes Gottes. Man wächst in das Ganze hinein. Man hört sich am Wort Gottes fast tot. Es ist ein Überangebot an Aktivitäten und vielerlei Action-Angeboten.
Beide Gruppierungen müssen neu begreifen, dass eine Beziehung innerhalb einer geistlichen Familie gepflegt werden muss. Pflege aber kostet Zeit, Disziplin und ein waches Herz. Zuerst aber gilt die Pflege der Beziehung dem himmlischen Vater. Darum sind Gebet, Stille Zeit und geistliche Ordnungen im Leben eines Christen lebenswichtig. Ohne dies kann kein Unternehmen, auch keine Familie richtig funktionieren. Zeit ist ein wichtiger Faktor. Sich Zeit nehmen. Ich halte Sätze wie „Qualität statt Quantität“ nur bedingt richtig und nicht immer anwendbar. Wer mit Gott bewußt lebt und hört und fragt, der bekommt Anweisungen, die er leben soll. Das alleinige Hören des Wortes Gottes ist strafbar. Wort Gottes ist wie ein Same, es will aufgehen, es will Frucht bringen.
Der Pietismus muss wie einst ihre Väter wieder verstärkt Gottes Wort beschützen. Beschützen nicht mit Stock und Peitsche, mit Beleidigungen und Zorn, aber Beschützen in aller Sanftmut. Der Pietismus ist diesen theologischen Auseinandersetzung oft ausgesetzt. Hier ist ein intensives Studieren der Schrift mehr als notwendig.
Weil der Glaube die Welt überwunden hat, muss der Glaube in die Welt. Die Welt kommt zum Glauben durch das Predigen des Evangeliums. Das muss immer unser Ziel sein. Davon dürfen wir nicht abrücken. Das dürfen wir uns nicht verbieten lassen, dass die Mission untergraben wird. Mission muss geschehen. Denn sie bedeutet den Sieg über diese Welt.
Ein Sieg setzt aber einen Kampf voraus. Den Kampf mit der Welt hat Christus geführt. Warum kämpfen wir mit Menschen, denen die Mission nicht wichtig ist? Wir sollen sie lieb haben, schätzen und respektieren. In jedem Fall. Aber wir sollten nicht einen Löwenteil unserer Zeit und Kraft in ihre Projekte stecken. Sondern uns in unserer Kirche dem Hauptanliegen widmen: das Evangelium den Menschen zu bringen. Das gelingt aber am besten, wenn hier Christen sich finden, die die gleichen Ziele verfolgen. Darum ist die Bewegung des Pietismus in unserer Kirche so wichtig. Aber sie setzt Geschlossenheit voraus. Wo es hier hapert, leidet der Pietismus, und somit auch die Kirche. Vorausgesetzt, dass der Pfarrer nicht sowieso die gleichen Ziele verfolgt. Aber diesen kann der Pietismus ja auch nach Leibeskräften unterstützen.