Bibelarbeiten: Bibelarbeit zu Psalm 114
erstellt von Michael Strauch
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1. Ein Wort zuvor:
In Matth 26,30 schließt Matthäus mit einem interessanten Hinweis: Jesus hat beim letzten Passahmahl mit seinen Jüngern 62;den Lobgesang" gesungen. Gemeint sind Psalmen, genauer die 62;Hallelpsalmen", die die Psalmen 113-118 umfassen.
Es gab folgende Ordnung: Vor dem Essen Psalm 113-114, nach dem Essen Psalm 115-118.
2. Inhalt
Vier Strophen wie folgt:
V.1+2: Gott ebnet den Weg aus Ägypten
V.3+4: Gott ebnet den Weg durch die Schöpfung
V.5+6: Gott ebnet den Weg zum Verständnis
V.7+8: Gott ebnet den Weg zum Zeugnis und Lob
3. Exegese:
Donnern fallen gewichtige Worte in diesen ersten Versen. Müßte es nicht heißen: Als Israel Ägypten besiegte? Als Israel Ägypten in Schutt und Asche legte und dem Land den Rücken kehrte? Nein, so klingt es nicht. Müßte das Gegenteil nicht heißen: als Israel aus Ägypten floh? Nein, so heißt es nicht. Es läßt sich in menschliche Worte nicht fassen. Der Besitzer verzichtet auf seine Sklaven, die Niedrigen werden kostbar beschenkt beim Fortgehen, das kleine Volk Israel kehrt der Weltnation Ägypten den Rücken, das Herr von Wagen, Schlachtrössern und Soldaten steht im Windschatten eines Heeres von Sklaven, angeführt von einem Viehhirten, Totschläger und in Ungnade gefallenen Prinzensohn. 62;Du bereitest mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde..." Wie ist das möglich? Gott macht es möglich. Der Mensch macht Geschichte. Sie steht und fällt nach dem Mass der Kräfte und Klugheit, Glück und Überlegenheit. Gottes Geschichte steht und fällt mit seinem Willen. Sein Wille war es, das kleinste aller Völker zu erwählen, die großen Nationen zu demütigen und ein Volk in der Wüste zu heiligen für die große Geschichte Gottes mit und für alle Menschen. Diese Geschichte, die sich noch tiefer konzentriert auf den Stamm Juda, aus dem einst der Messias hervorging. Gott bahnt den Weg aus Ägypten.
Wer will sich Gott in den Weg stellen? Was ist stärker und größer als des Menschen Forschritt, seiner Gewalt und Kraft auf Erden? Es ist die Natur. Wenn sie entfesselt ist, ist auch der Mensch Spielball der kosmischen Kräfte. Größer als der Mensch an Kraft und Stärke ist die Natur. Vermag sie dem erwählten Volk Einhalt gebieten? Wird sie von übersinnlichen Kräften mißbraucht, um Gott Volk aufzuhalten? Das Meer muß fliehen, muß den Weg freigeben. Auf Gottes Geheiß teilt sich das Meer, auf Gottes Geheiß schließt es sich. Gott ebnet den Weg durch seine Schöpfung für sein Volk, Gott verschließt seine Wege für die, die ihn verachten (2Mose 19,16ff; Jos 3,14ff). Und die Schöpfung - um im dichterischen Bild von V.6 zu bleiben, freut sich über Gottes Heilstaten, läßt sich gerne gebrauchen für seinen Willen. Es hat Gott gefallen, die Mächtigen dieser Welt zu demütigen, damit die von ihnen Verachteten in Gott aufgerichtet werden. Wer auf Gott vertraut, steht auf der Siegerseite.
Wenn Gott die Mächtigen zu drücken vermag, die Schöpfung nach seinen Wünschen zu gebrauchen vermag, damit der Weg frei wird für Gottes Volk und der Geschichte, die er mit ihm vorhat, wieviel mehr wird Gott sich unsere Sorgen annehmen, die Wege freimachen, die Hindernisse aus dem Weg räumen. Nur glauben möchte ich es gern. Der Herr kann.
Doch rechne ich damit, daß Gott Wunder tut? Wie soll es geschehen, daß die Fluten den Weg freigeben? Und dass Berge hüpfen, ungelenk und massig wie springende Schafe? Wenn der Herr Wunder tut, dann sind die Wege oft ungewöhnlich, das Gewohnte scheint auf dem Kopf zu stehen und doch trägt alles seine Unterschrift. Wenn ein Wort dich ereilt, zu rechten Zeit im rechten Augenblick, wenn jemand Dich besucht und Dir etwas gibt, ohne zu wissen, dass er von Gott gebraucht wird, dann staunen wir. Und Staunen ist die rechte Art, Gott zu begegnen. Müssen wir immer alles verstehen? Müssen wir immer alles katalogisieren, in Tabellen fassen, in Punkte gliedern, verständlich machen? Staunen über Gottes Handeln ist die rechte Antwort. Wenn Gott handelt und eingreift, dann wird man verstehen, daß Gott der Handelnde ist. Es gefällt Gott, seine Kinder in Erstaunen zu versetzen. Es gefällt Gott, so zu handeln, dass man seine Handschrift erahnen, er-glauben, er-greifen muß.
Bisher hat der Dichter den Namen des Erlösers nicht genannt. Historische Fakten benannt, Naturereignisse geschildert, Fragen nach Ursache und Wirkung gestellt - nun wird der Schleier gelüftet. Es ist wirklich der Herr, der solche Dinge tut. Der anders handelt, als es Menschen tun. Der nicht in menschliche Weisheiten paßt. Er, der den Weg frei macht. Der seinem Volk zu essen gab, als es hungerte, zu trinken gab, als es Durst hatte. Er, der selbst aus dem harten Fels weichestes Wasser zu zaubern vermag. Er ebnet einen Weg.
Wir wissen um den Weg, den Gott mit seinem Volk gegangen ist. Ein Weg oftmals durch Sand und Stein, ein Weg durch Feinde und Hitze, ein Weg vorbei an Flüchen zum Segen, vorbei an Versagen und Überleben durch Fürsprache, ein Leben im Kreis kurz vor dem Ziel. Und doch ist Gottes Weg ein guter Weg. Denn entscheidend ist, daß Gott seinen Weg mit Dir und mir zu Ende geht. Der Weg endet in Gottes Gegenwart, in Gottes Heiligtum, in Gottes Herrlichkeit. Gott ebnet den Weg, so wie er den Weg geebnet hat zur Befreiung aus unserer Schuld. Durch Christi Erlösung darf ich ausziehen aus dem Zuchthaus meiner eigenen Sünde, meines schlechten und belasteten Gewissens. Ausziehen darf ich aus der Hand von Menschen, aus ihrer Willkür und ausziehen darf ich innerlich aus meiner Not, auch wenn sie äußerlich mich umgibt. Ausziehen darf ich aus meinem Besitz und ihn dennoch gebrauchen. Ausziehen aus meiner Lust, mich zu rächen und kann vergeben. Ausziehen, immer wieder neu. Und den Weg gehen durch Hindernisse, Feinde, Hitze, Hunger und Durst. Und hinziehen, inmitten der Wüste, zum Kreuz. Zur Gottesgemeinschaft. Hineinziehen und still werden zu Gottes Reden. Ich darf durch Christus ein Mose werden, der Gott ganz nahe sein darf. Wie ist das möglich? Durch Christi Opfertod? Sprich es nicht leichtfertig und lapidar aus. Ja, durch Christi Opfertod. Möge ich das Staunen über dem, was dort auf Golgatha geschah, nie verlieren. Amen.