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Bibelarbeit zu Jesaja 60


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Einleitung:



Obwohl es schon 12 Jahre zurück liegt, so erinnere ich mich noch so gut daran, als wäre es erst vor ein paar Monaten geschehen. Damals, als ich mir das Geld zusammen gespart hatte, um eine Reise ins gelobte Land zu unternehmen. An der Grenze zu Ägypten ließ ich es mir auch nicht nehmen, am Sinaifeldzug teilzunehmen: sprich - den Mosesberg in absoluter Dunkelheit zu besteigen. Wir verbrachten die halbe Nacht in Beduinenzelten, und um 2.Uhr morgens brachen wir auf. Wir brauchten ca. 3 Stunden, bis wir auf die Spitze des Berges anlangten. Dort war schon eine ganze Traube Pilger – stellenweise in Schlafsäcken - anzutreffen. Aber warum dieser Aufwand, dazu noch bei Nacht? Wir wollten es sehen vom Gipfel der Gottesoffenbarung sehen: die Finsternis unter unseren Füßen und das aufbrechende Licht der Morgenröte.

Man hatte uns prophezeit, daß es ein unvergeßliches Erlebnis sein sollte. Und da kamen sie auch schon, die ersten Strahlen. Ob mancher einer das Lied gesummt hat: "mache dich auf, werde Licht?" Die Ferngläser schossen nach oben, gespannte Ruhe, kein Wort. Doch: die Sonne blieb stecken. Sprichwörtlich umhüllte sie sich in ein Kleid von Nebelschwaden. Man sah es, man ahnte es: dieses Licht. Aber es blieb unvollendet. Die Enttäuschung war in den Gesichtern deutlich zu sehen. Es ist nicht leicht, das Kommende von ferne zu sehen, und doch mit dem Jetzt zu leben.

1: Gott kommt - mehr als nur ein Lichtblick in der Dunkelheit

Das Volk Israel schaute die Finsternis nicht von oben herab, sondern saß zur Zeit der Rede Jesajas mitten drin. Die Augen des Propheten haben in den vergangenen Jahren viel gesehen, ähnlich dem, was auch die Augen vieler älterer Geschwister gesehen haben. Und in der Stille - vielleicht auch im Traum - steigen sie wieder hoch. Die Bilder von verbrannten Häusern, zerstörten Kirchen, getöteten Menschen. Jesaja mußte ansehen, wie Israel Stück um Stück erobert wurde. Am Ende fiel auch der teure Zion, der heilige Tempelberg, der Ort der Gegenwart Gottes. Und wo Gott nicht mehr wohnt, ist Tod, Hoffnungslosigkeit, Klage und...Finsternis. So finster wie die Dunkelheit in einer Wüstennacht, so dunkel war es über dem Lande Juda und in der ganzen Welt. In dieser Not wußte man um den Scherbenhaufen der eigenen Schuld. Je höher das Volk von sich dachte, desto tiefer fiel es. Wir haben es in der deutschen Geschichte auch schon durch buchstabieren müssen.

Ja, das Bild, das der Prophet zeichnet, erinnert mich an die Nacht in der Wüste Sinai. Damals wurde die unheimliche Ruhe durch den Ruf des Freizeitleiters durchbrochen. "Er schrie: aufstehen, es geht los, macht euch auf zum Aufstieg!"

Auch Jesaja ruft geradezu trotzig dem Volk Gottes zu, das noch müde und ungläubig nun seinen Worten lauscht: macht euch auf! Werdet Licht! Gott ist

barmherzig. Er zürnt nicht ewig. Mit ihm gelingt der Neuanfang. Doch wie soll das geschehen? Deutschland hat nach den Trümmern des zweiten Weltkrieges einen Neuanfang gewagt. Damals hat man bei der Verfassung des Grundgesetzes Gott angerufen. Das Wirschaftswunder war bald greifbare Wirklichkeit. Doch mir scheint, daß die Finsternis seitdem nicht abgenommen hat, eher umgekehrt.Menschen können diese Erneuerung nicht vollbringen. Es heißt: denn über dir geht auf der Herr. Nur die Sonne vermag die Dunkelheit zu vertreiben. Nur sie spendet neues Leben. Neuen Lebensmut bekommt Gottes Volk nur, weil es weiß, daß Gott die Voraussetzung für die Erneuerung schafft.

"Dein Licht kommt!" sagt Jesaja. Große Erinnerungen werden in den Ohren eines Juden bei diesen Worten wach. Als Gott bei der Erschaffung der Welt die Finsternis durchbrach mit seinem mächtige Wort: es werde Licht. An Psalmworte werden sie erinnert wie: du bist mein Licht und mein Heil. Gott will neues schaffen, komplett alles neu machen. Sein Licht deckt alles auf. Auch die Schuld. Aber diese Schuld soll vergeben werden. Erneuerung ist Gottes Wille. Und angesichts dieser großen Zusage: Israel, dein Licht wird kommen, soll das Volk Gottes sich im Glauben erheben aus ihren Zelten und getrost es verkündigen.

Doch die Jahre vergingen. Es schien, als würde die aufleuchtende Sonne im Nebel sich verstecken. Nach den Persen kamen die griechischen Besatzer, nach ihnen die Römer. Irgendwie haben sich die Juden die Erneuerung anders vorgestellt.

2. Gott kommt - mehr als nur ein Lichtstrahl für die Welt

Jahrhunderte später. Ein Mann schreibt folgende Worte nieder: "In ihm war das Leben. Und das Leben war das Licht der Menschen. Und das Licht scheint in der Finsternis. Und die Finsternis hat es nicht ergriffen."

Das also war mit dem Licht gemeint. Das Licht ist nicht das Volk Israel. Das Licht ist nicht ein gläubiger Rest, der Gott gehorsam und treu ist. Das Licht ist eine einzige Person. Diese Person nennt sich selbst das "Licht der Welt!" Und dieses Licht ist im wahrsten Sinne des Wortes das Leben schlechthin. Die Worte Jesajas erfüllten sich also. Über dem Volk, daß im Finstern wandelte, geht das Licht Gottes auf. Schon sahen es Heiden in fernen Ländern und scheuten keine Mühe und machten sich auf den Weg, um das Licht anzubeten. Das Licht ging über dem Volke Gottes auf. Kein kleiner Lichtkegel, sondern das Licht, so schreibt der Apostel Johannes, daß Macht hat, die Finsternis unserer Schuld zu durchbrechen. Das Wort Gottes ist Mensch geworden im Sohn Gottes: Jesus Christus. Und schon erleben wir die weiteren Verheißungen des Propheten: da kommen Heiden zu Jesus, ein römischer Hauptmann, ein Syrophönizierin, ja sogar Magier aus dem Morgenland fallen vor Jesus nieder und bekennen: er ist Herr. Und er wird dem Gläubigen alles: Tempel, den durch ihn ist Gott allezeit seinem Volk nahe. Licht: denn bei ihm ist der Ort, wo ich meine Verfehlungen bringen kann, Vergebung bekomme und ewiges Leben empfange. Am Kreuz auf Golgatha geht der Messias auf über seinem Volk. Er hat sich aufgemacht und trägt am Kreuz meine Finsternis.Am Kreuz durchleidet der Christus die Gottesferne und überwindet sie. Und weil er diese Finsternis überwunden hat, können wir unsere kleinen Kerzen nehmen, sie an diesem Licht entzünden und handeln. Wir können hinausgehen mit dem Licht, bei Jesu Flamme entbrannt, und die dunklen Flecken dieser Welt erleuchten. Wir werden erleben, daß viele dieses Licht nicht vertragen. Es wird sein, wie in dem Lied von Manfred Siebald dargestellt: "und wenn sie höhnen, uns übertönen, wenn sie uns niederschrein, laden wir eben, durch unser Leben, still zum Feste ein!"

3. Gott kommt - der große Lichtweg in die Zukunft

Und doch ist es noch nicht die volle Erfüllung der Weissagung des Propheten Jesaja. Im heutigen Israel herrscht große Dunkelheit. Dunkel ist es in dieser Welt. Dunkel vielleicht auch oft in meinem Leben. Mir geht das Bild einfach nicht aus dem Sinn: auch als Christ scheint es mir, als würde ich auf dem Gottesberg stehen, auf die Erfüllung der großen Verheißungen warten, aber die Sonne bleibt im Nebel stecken. Wir ahnen es: die letzte Erfüllung steht noch aus. Die Gemeinde steht noch unter der Kreuzesexistenz, der Ruf Jesu trifft noch auf den Unglauben der Welt. Krankheit, Mühsal und Anlass zur Trauer sind noch nicht vollständig aus meinem Leben verbannt. Der bekannte Theologe Karl Heim gebrauchte in diesem Zusammenhang ein schönes Bild. Er sagte, der Weg zu Jesus sei wie eine Brücke, die auf zwei Pfeilern ein tiefes, nebeldurchflutetes Tal überspannt. Der erste mächtige Pfeiler, der dem Betrachter näher steht, heißt: Erlösung. Der zweite Pfeiler, der in der Ferne wegen des Nebels nicht mehr auszumachen ist, heißt "Vollendung". Er ist zwar im Neben nicht zu sehen, und auch die Brücke scheint sich im Nichts zu verlieren. Aber der Pfeiler ist gewiß da. Erlösung und Vollendung, diese beiden Stützen tragen den Glauben durch die Zeit in die Ewigkeit, die eine in der Gegenwart geglaubt, die andere für die Zukunft gewiss erhofft."

Schluß:

Manfred Siebald schreibt im erwähnten Lied: Können wir jetzt schon singen und feiern, hat sich schon was getan. Ja, denn Gott will die Erde erneuern und fängt bei uns schon an!"



In Jesus Christus ist Gott als das große Licht über die Finsternis der Völker aufgegangen. In Jesus Christus hat Gott uns ein Licht geschenkt, daß uns den Weg leitet bis ins Paradies. Doch in dieser Zeit ist das Licht immer so stark, daß es den nächsten Schritt erleuchtet. Und es kann so stark sein, daß es auch das Leben anderer Menschen erleuchtet. So gilt uns der Ruf: mache dich auf, werde Licht. Denn dein Licht - im hebräischen wörtlich – ist gekommen. Werde Licht - sei getrost, der Herr wird dich leiten und führen. Keinem Ende entgegen, sondern der Vollendung in Herrlichkeit. Werde Licht - scheine auch anderen den Weg zu Jesus Christus. Wir können beten, Missionare unterstützen oder durch Wort und Tat Zeugnis geben von dem Licht, daß in der Finsternis scheint, und die Finsternis hat es nicht ergreifen können. Amen.