4. Mose 6, 22-27 Predigt, Bibelarbeit, Andacht
An Gottes Segen ist alles gelegen |
Gottesdienst am 29.07.2001 Liebe Gemeinde, liebe Freunde,
Die Sommerzeit ist eine Zeit der
Umbrüche. Kinder und Jugendliche kommen in die Schule und ein neues
Schuljahr, manche orientieren sich im 2. Halbjahr beruflich neu, Umzüge
stehen an oder sind gerade getätigt. In allen Veränderungen drängt sich die
Frage auf, wie es weitergeht, was Halt und Kraft in der neuen Zeitspanne
geben kann. Wir haben es nötig, dass unser Glaube an den auferstandenen Jesus
Christus gestärkt wird, dass wir Kraft von Gott bekommen und in ihm
Gewissheit erfahren. Wir haben es nötig, von Gott gesegnet zu werden und uns
ihm wieder neu anzuvertrauen. Wenn wir nach dem Urlaub den Alltag wieder neu
anpacken, in der Sommerpause getankt haben, dann können wir von dem Geschenk
Gottes anderen etwas abgeben, den Segen weitergeben, selbst segnen.
So ist der Segen mir in diesen Wochen
zum echten Anliegen geworden. Mit dem Segen lernen wir Gottes Weise kennen,
uns zu beschenken, und Gottes Auftrag, andere zu beschenken. 4. Mose 6,22-27 Und der HERR redete mit Mose und sprach: Dieser Segen ist wie ein Band, das aus 3 Fäden geflochten ist. Jeder der drei Fäden
hat seine eigene Bedeutung und auch alle Fäden zusammen verflochten geben
einen neuen Sinn. Vielleicht entdecken Sie dabei Ihren Faden oder die Fäden,
das Band, das Sie brauchen, um Gottes Segnen neu zu erfahren und es
weitergeben zu können. Das erste Band. Der HERR segne dich und behüte dich Im hebräischen Urtext
steht hier kein Konjunktiv, sondern ein Indikativ. Es besteht keine Frage und
kein Zweifel, der Herr segnet dich und behütet dich. Wie eine große
Überschrift steht das über allem. Der Herr, der uns geschaffen hat, der lässt
uns nicht allein. Er ist nicht wie der Fabrikant, der für ein neu gekauftes
Produkt nur ein halbes Jahr Garantie gewährt, der Herr sorgt sich um uns
Geschöpfe, er möchte uns anschließen an seine Kraft und Hindernisse aus dem
Weg räumen. Der Herr, der sich uns in Jesus Christus gezeigt hat, sagt uns
hier seinen Segen zu, er schützt und begleitet uns im Alltag. Und jeden
Morgen sollen wir es als sein Wort wieder neu hören und zu Herzen nehmen: Ich
bin nicht allein, meine Entscheidungen stehen unter Gottes Segen und Schutz,
die Fahrt mit dem Auto geschieht unter Gottes wachsamen Augen. Das erste Band ist damit zugleich auch
Herausforderung, sich wirklich segnen und behüten zu lassen. Mir ist da mein
Regenschirm ein gutes Beispiel. Wie dieser den Regen von mir abhält, so kann
ich mir einen inneren Regenschirm zulegen, der alle Fürsorge Gottes an mir
abprallen lässt. Oder ich steige mit einer wasserdichten Regenkluft in ein
wunderbares Entspannungsbad. Auch so kommt nichts von der wohltuenden und
kräftigenden Wirkung bei mir an. Es kommt bei diesem ersten Band also darauf
an, für Gottes Zuwendung offen zu sein, den Schutzschirm
einzupacken, die Regenjacke wegzulegen und Gottes Liebe freie Bahn zu lassen.
Wie ich das auf dem Kirchentag erlebt habe, hilft dabei zu singen und den
Herrn mit Liedern in mein Herz zu lassen. Es hilft, an der frischen Luft dem
Gespräch mit Gott Raum zu geben, ohne dass Pflichten und Anforderungen gleich
wieder hinter mir stehen. Und es ist ein kostbarer Schatz, Bibelworte
auswendig zu lernen und sie im wahrsten Sinne des Wortes jederzeit
griffbereit zu haben. Und sagen Sie nicht, Sie können nicht auswendig lernen.
Spätestens alle zwei Jahre müssen wir neue Geheimnummern für unser Konto
lernen – da ist sicher auch mal ein Bibelwort dran, dass uns den Weg zu
unserem himmlischen Konto freimacht. Das zweite Band. Der HERR lässt sein Angesicht leuchten über
dir und ist dir gnädig Dieses Band ist
länger. Hatte das erste Band unseren ganz normalen Alltag zum Inhalt und
wollte es uns Gottes Schutz zusagen, handelt das zweite Band vom
Gottesdienst. Der Gottesdienst war der Ort, an dem das Volk Israel Gottes
Angesicht, seine Nähe suchte. So wird uns berichtet, wie der Hohepriester mit
leuchtendem Angesicht aus dem Allerheiligsten trat. Mose
kam mit leuchtendem Angesicht vom Berg Sinai hinab. Die unmittelbare
Begegnung mit Gott veränderte und erleuchtete. Denn wen Gott ansah, über den
oder die erbarmte er sich, er tröstete, liebte und wärmte. Umgekehrt galt,
von wem Gott sein Angesicht abwandte, der war schon so gut wie tot und erlitt
bittere Kälte. Gottes Volk in Jesus Christus macht
immer noch die gleiche Erfahrung. Wen Jesus Christus ansieht, dessen Leben
wird heil, der oder die erfährt Vergebung und Neuanfang, der oder die weiß,
dass er oder sie eine Aufgabe hat in dieser Welt. Denn der Unerreichbare
kümmert sich um Sie, um mein kleines und unbedeutendes Leben. Wo kann das zweite Segensband sich mit
unserem Leben verbinden? Einmal in der Woche im Gottesdienst? Das ist für
mich und viele in der Gemeinde sehr wichtig, aber nicht genug. Die
katholischen Kirchen stehen immer offen. Wer dieses Angesicht Gottes nicht
nur innerlich sucht, sondern auch äußerlich einen Anhaltspunkt dafür sucht,
kann immer kommen, in der Betbank niederknien, eine Kerze entzünden als
Zeichen der Fürbitte und Gebetserhörung. Wir Evangelischen sind nüchterner,
wissen wir doch, dass Gottes Angesicht nicht auf heilige Räume beschränkt
ist. Und so ist die Kirche abgeschlossen. Aber ich frage mich, ob wir nicht
doch auch in besonderen Situationen oder am Ende eines langen Tages eine
offene Kirche brauchen, einen Ort, wo wir einerseits zu Hause sind, uns
andererseits aber nichts ablenken kann von Gottes Gegenwart. Einen Ort, wo
wir sein können wie wir sind, unvollkommen, schuldig, bedürftig, beladen oder
glücklich und froh voller Dank im Herzen. Vielleicht sollten wir mal den Versuch
starten und die Kirche zu gewissen Stunden öffnen, ohne Programm, sondern als
Herberge auf dem Weg durch das Leben, Station zum Auftanken und Ausruhen.
Davon abgesehen gibt es ja noch mehr solcher Orte, wo uns der Heilige Geist
Gottes erfassen will. Es kann geschehen im Nachdenken über biblische
Aussagen, in einem Gespräch, das in die Tiefe führt, beim Beten auf dem Sofa,
beim Singen. Und genau wie beim ersten Band kommt es darauf an, den Kopf zu
heben, um vom leuchtenden Angesicht Gottes berührt zu werden. Das dritte Band. Der HERR hebt sein Angesicht über dich
und gibt dir Frieden Dieses dritte Band ist
nun am längsten. Hier wird unser Blick über den eigenen begrenzten Horizont
geweitet. Eine umfassende Friedensordnung ist im Blick. Mit mir hat es
angefangen, als Gott sein Angesicht über mich gehoben hat, als mich sein Sohn
Jesus Christus angesehen hat. Gottes Segen wird hier zu einer offensiven
Kraft. Er gestaltet nicht nur mich und mein Leben, er wirkt genauso in meinem
Umfeld und stellt mich in seinen Frieden hinein. Ich stelle mir einen richtigen
Familienzoff vor. Man schreit sich an, empfindet Wut, heult, weil man sich
nicht verstanden fühlt, Türen werden geschlagen und die Beteiligten bauen
dichte Wände der Verteidigung gegeneinander auf. Da erinnert sich eine
Beteiligte an dieses Band. Gott gibt Frieden, er zeigt den Weg, wo die
Familienmitglieder ihre Türen wieder zueinander öffnen können, wo sie
Verständnis füreinander finden und vergeben. Sie ergreift dieses Band und
hält es ganz fest. Der Friede breitet sich in ihr aus. Sie kann plötzlich
ihren eigenen Anteil am Streit erkennen. Sie entwickelt Verständnis. Und –
das Erstaunlichste – sie kann um Vergebung bitten und vom hohen Ross der
Selbstverteidigung herabsteigen. Durch sie kann dieser Friede Gottes, den
Jesus uns am Kreuz vorgelebt hat, in ihre Familie fließen und die anderen
mitreißen. Aber auch bei diesem dritten Band gibt
es die Möglichkeit, sich dem Frieden Gottes zu verschließen: "Ich will
aber nicht vergeben und vergeben bekommen. Ich will mein Recht und ich bin im
Recht!" Sich dem Frieden öffnen ist eine lebenslange Aufgabe und heißt
Jesus Christus ins eigene Ich einzulassen und es ihm wirklich zuzutrauen,
dass er heil macht. Das ist nicht immer so einfach wie vielleicht beim
kleinen Familienzoff. Für manche ist das eine so große Herausforderung, dass
sie es nicht allein schaffen. Sie suchen sich einen Freund, der mitbetet, der
sie in der Fürbitte begleitet, der ihnen die Vergebung Gottes zuspricht und
ihnen Mut zum nächsten Schritt macht. Und wie den Gottesdienstraum brauchen
wir hier in der Gemeinde solche Freunde, die uns spüren lassen, dass Gott mit
uns ist. Die drei Bänder des Segens Die drei Bänder des
Segens Gottes sind für uns als christliche Gemeinde Zeichen, wie Gott als
Schöpfer, als Sohn und Heiliger Geist in unser Leben tritt. Gott, der uns
erschaffen hat, behütet uns. Jesus, der Gottes Liebe uns gezeigt und
vorgelebt hat, ist uns gnädig, weil er uns vergibt. Der Heilige Geist, der
Gott in uns wohnen lässt, drängt durch uns in unsere Umgebung. Die drei
Bänder werden zu einem starken Segensband. Das Segensband drängt darauf, mit
immer mehr Menschen verknüpft zu werden. Der segnende Christus am Kreuz hat
für immer seine Hände über uns erhoben, um uns zu segnen. Er bevollmächtigt
uns durch seinen Geist, selbst zu Segnenden zu werden. Da sind die Eltern, die ihre Kinder
mit dem Segen auf den Schulweg schicken. Da sind die Ehepaare, die einander
im Segen Gottes begleiten und daran glauben, dass der Segen durch sie in die
Welt geht und fruchtbar für andere wird. Da ist die Tochter, der Sohn, der
die Mutter, den Vater am Sterbebett segnet und diesen Segen vom Sterbenden
empfängt. Da ist die Angestellte, die ihre streitbaren Kollegen dem Segen
Gottes anbefiehlt. Der Segen ist damit noch keine
Schleuderware, die im Sommerschlussverkauf möglichst billig unter die Leute
gebracht wird. Aber der Segen ist Auftrag, den wir keiner und keinem
vorenthalten können. Im 1. Brief des Petrus wird das so den Gemeindegliedern
anbefohlen: Vergeltet Böses nicht
mit Bösem, und gebt Beleidigungen nicht wieder zurück! Im Gegenteil, segnet eure Beleidiger, denn Gott hat euch dazu berufen,
seinen Segen zu empfangen. (1. Petrus 3,9) Das Band des Segens verbindet
uns mit Gott, seinem Volk Israel, ist mit Jesus Christus auf alle Völker
ausgebreitet – bis zu Ihnen und mir ist das Band des Segens gekommen und hat
noch viele Meter frei, um andere in den Segensstrom Gottes hineinzunehmen. Wir dürfen Jesus Christus von Herzen
danken, ihn loben und preisen, dass wir durch ihn Gottes Segen in unserem
Leben erfahren dürfen. Er dient uns zur Stärkung in ungewissen Zeiten des
Übergangs, er hilft in Ängsten, Bedrohungen und Nöten, er schenkt uns Liebe,
wo unser Herz krank ist oder wir uns selbst nicht mehr ansehen mögen, er schubst
uns an, diesen Segen anderen weiterzugeben. Dabei sind wir nicht auf Worte
festgelegt, sondern dem Inhalt verpflichtet, wie Dietrich Bonhoeffer es
einmal ausdrückte: Segnen,
das heißt die Hand auf etwas legen und sagen, du gehörst trotz allem Gott! Schon im alten Israel stand der aaronitische Segen am Ende des Gottesdienstes:
Cornelia Trick http://www.predigten-online.de/prewo/prewo_an_gottes_segen_ist_alles_gelegen.htm
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