Bibelarbeiten: hier
Bibelarbeit über Exodus 4, 1-17

von Michael Strauch


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1. Am Anfang steht der Glaube(Verse 1-9)

2. Der Glaube kommt aus der Predigt (Verse 10-17)

 

zu 1: Am Anfang steht der Glaube

Moses Antwort auf Gottes Rettungsaktion ist thematisch für das Kapitel 4. Es geht um die Frage des Glaubens. "Siehe, sie werden mir nicht glauben und nicht auf mich hören, sondern werden sagen: der Herr ist dir nicht erschienen!" Obwohl Mose in einer völli g anderen Zeit und in einem anderen Umfeld aufgewachsen ist, staunt der Leser über die Aktualität, die Zeitlosigkeit der Reaktion des Mose. Seine Aussage kommt sehr rasch. Es hat etwas von der Unbefangenheit, äußerlich gesehen eine Unverfrorenheit, mit der Mose spricht. Und doch wird Mose als der "Freund Gottes" bezeichnet und Gott gewährt ihm ein außergewöhnlich freies Verhältnis zum Ewigen. Vor Gott spielt Mose nicht Katz und Maus. Er drückt offen und ehrlich aus, was seine minimale Erfahrung ist. Er hat es doch versucht? Damals, vor vierzig Jahren, als er Gerechtigkeit stiften wollte. Damals war er ein Prinzensohn, mächtig und einflussreich. Damals standen die Zeichen günstig. Damals hätte er wirken können. Im besten Mannesalter hätte er sich für Israel e ingesetzt. Doch seit diesem Tag ist der Sand von 40 Jahren über ihn hinweg gefegt. Sie werden mir nicht glauben. Damals glaubten sie ihm nicht, jetzt erst recht nicht. Und Mose? Kann er glauben? Gott will Mose senden. Doch zuvor verlangt er von Mose, was e r von Abraham verlangt hat: Glaube. Gott möchte, dass Mose glaubt!

Und Gott verwirft den Zweifel des Verzagten nicht. Mit großer Geduld und einer liebevollen Art der Zuwendung spricht Gott mit seinem Boten. "Was hast du da in deiner Hand?" Wieder muss es dem Mose durch Mark und Bein gehen. Zuerst sucht Gott bei ihm den Gl auben. Zwar verweist Mose auf die anderen, die den Worten Gottes keinen Glauben schenken würden. Doch zuerst ist es Mose selbst, der zweifelt. Und nun fragt ihn Gott, was er in der Hand hat. Diese Hand. Diese Hand! Diese Hand, die einen Menschen erschlug. Diese Hand, die Gerechtigkeit schaffen wollte und Unrecht hervorrief. Diese Hand, die eigenmächtig richten und retten wollte. Was hast du in der Hand, Mose? Nichts, als einen Hirtenstab. Ein primitives Hilfsmitte, nützlich, wilde Tiere zu vertreiben. Mose ist zum Richter der Wüstentiere geworden. Seiner Obhut sind Tiere unterstellt. Er schützt, er führt und er richtet unter Tieren. Was hat Mose in der Hand? Erinnerungen, die ihn verzagt machen. Fragen, auf die 40 Jahre lang keine Antwort bekam. Eine Hand, d ie nicht zu helfen vermag. Was hast Du da in deiner Hand?fragt Gott den Mose. Er antwortet kurz: einen Stab. Und sagt Gott, er soll ihn von sich werfen. Wirf deine Waffe zu Boden. Nun hat Mose keine Schuhe an, nun muss er auch seine Hirtenstab abgeben. Er hat nichts mehr als nur sein Kleid. Gott will, dass Mose glaubt. Und Mose wirft den Stab zu Boden und sofort beginnt sich das knorrige Holz zu bewegen, zu regen, zu schlängeln und zu zischen. Mose hat das mit seiner Hand nicht mehr in Griff und er weicht e rschrocken zurück. Gott zeigt auf eindrückliche Weise, dass er mit den primitiven Möglichkeiten, die Mose zu Verfügung stehen, Großes bewirken kann. Eine Schlange, so wie die Pharaonen die Uräusschlange auf ihrer Doppelkrone trugen. Eine Schlange, durch di e die Sünde in die Welt kam. Eine Schlange, deren Gift tödlich wirkt. Hinterlistig, mächtig und tödlich. Mose flieht vor ihr. Flieht vor der Macht des Bösen und von der Macht Ägyptens. Und doch war die Schlange zuvor in des Mose Hand. Gott sagt: greife sie am Schwanz. Mose tut es. Sie versteift zum hölzernen Hirtenstab. Beides wird Mose erleben. Die Macht Gottes und die Macht der Schlange. Aber durch Gottes Macht wird Mose die Schlange Ägyptens am Schwanz packen und sie wird keine Gefahr darstellen. Gott ma cht dem Mose damit deutlich: Ägypten ist giftig wie eine Natter, aber durch Gottes Kraft wird dieses mächtige Reich in der Hand des Mose so ungefährlich werden wie der hölzerne Stab eines Hirten. Hier sagt Gott: durch dieses Zeichen wird Israel glauben. Di e Israeliten glauben Mose sicher nicht, weil ein Stab zur Schlange wird. Sondern die Schlange ist ein mächtiges Tier in Ägypten und die Schlange ist der Inbegriff des Bösen bei den Israeliten. Mit der Schlange verbanden beide Kulturen etwas. Dass der schwa che Mose diese Schlange zu greifen vermag, das macht Gottes Hand, die mit der der Hand des Mose ist. Gott ist der Herr über das Böse und steht zu Israels Vätern!

 

Doch Gott ist mit Mose noch nicht zu Ende. Was ist, wenn Mose seine schwache Hand Gott nicht zur Verfügung stellt. Was geschieht, wenn Mose seine Hand verstecken will, wie er es durch Gottes Aufforderung übungsweise tut: Stecke deine Hand in den Bausch dei nes Gewandes! Mose tut es. Er versteckt diese so beschriebene Hand. Als er sie wieder hervorholt, ist sie befallen mit dem, was einen jeden Menschen in damaliger Zeit in namenlose Panik versetzt: Aussatz. Gott macht zweierlei deuchtlich: wenn Mose seine he lfende Hand seinem geplagten Volk verweigert, wird er "wie ein Aussätziger", ein Ausgestoßener sein Leben fristen. Denn Mose ist zu Hohem berufen. Dieser Berufung nicht nachzugehen, wird ihm das Gewissen nie ruhig werden lassen. Zugleich konnte der Aussatz ganze Landstriche in eine Todeszone verwandeln. Wer aussätzig war, war lebendig tot. Gott macht damit deutlich, dass Leben und Tod in seinen Händen liegen. Weiter ist der Aussatz ein Zustand auch ritueller Unreinheit. Als Mose seine kranke Hand wieder her ausholt und geheilt ist, macht Gott deutlich, dass Gott den Mose heiligen will für diesen Dienst.

Gott sagt, die Menschen werden diesen beiden Zeichen glauben. Ägypter wie Hebräer ahnen, für was diese Zeichen stehen.

Nun sagt Gott: für den Fall, dass der Glaube immer noch nicht eintritt, und nun meint Gott eindeutig Ägypten, dann soll Mose mit diesem Stab und seiner Symbolik für Ägypten (Uräusschlange in der Hand Gottes), mit dieser Hand (hinter der Hand des Mose hande lt Gottes Hand), die Leben spenden und zu verderben weiß, mit dieser Hand und diesem Stab soll Mose die Lebensader Ägyptens schlagen und das Wasser in Blut verkehren. Dieses Zeichen ist unmißverständlich.

 

Zu 2: Der Glaube kommt aus der Predigt

 

Mose hat nichts mehr in der Hand. Er weiß, dass Gott alles bewirken wird. Er weiß, dass er nichts zu befürchten hat. Das Einzige, was Mose abverlangt wird ist, dass er geht und redet, was Gott ihm auferlegt. Durch seine Rede und die Zeichen, die Gott seine r Rede Gewicht geben werden, sollen Freund und Feind glauben, dass Gott der Herr ist. Doch Mose will nicht. Oder vielleicht auch nicht mehr. Einstmals wollte er. Er war Feuer und Flamme und wäre bereit gewesen, die Welt in Brand zu setzen für die Sache Got tes. Und das ist tatsächlich eigenartig. Ein Mensch, der inbrünstig für Gott wirken will, diesen läßt der Herr über viele Jahrzehnte auf der Wartebank sitzen. Er sitzt und kommt nicht zum Zuge, solange, bis er an seinen Zug nicht mehr glaubt. Gott erwählt sich einen Mann, der auf mich verzagt wirkt. Ein Mann, der abgeschlossen hat, innerlich in Rente gegangen ist und sein Leben beschließen will mit dem Gefühl, das Große nicht vollbracht zu haben. Mose war ein Praktiker. Er hat überlegt und gehandelt. Er hat nicht viele Worte gemacht. Seine Hand, die war schnell und gezielt im Einsatz. Diese Hand ist alt und schwach geworden. Er hat es verstanden. Durch diese Hand will Gott wirken. Gott allein. Und nun will Gott, dass Mose etwas einsetzt, was er weder jetzt n och im besten Mannesalter je gut beherrschte: die freie Rede. Das einsame Hirtenleben hat ihn doch genau davor bewahrt: nämlich das er viel hätte reden müssen. Genau das verlangt Gott nun von ihm. Nicht genug, dass Gott ihm das nimmt, was er glaubte, zu kö nnen. Nun verlangt er von ihm eine Gabe, die er nicht hat.

Dieser Augenblick ist für Mose schwer. Er hat sich in der Einsamkeit seiner Umwelt zurecht gefunden. Das kleine, überschaubare Umfeld von Familie und Hirtenleben ist für ihn zugeschnitten. In der Wüse muss er keine Reden schwingen, man versteht einander au ch ohne Worte. Mose hat sich eingeigelt. Was interessiert ihn die Welt? Ist es trotzig, wie Mose das zu Gott sagt? Eines auf jeden Fall fällt auf: vor Gott fällt aller Heiligenschein. Nichts hat vor dem Allmächtigen Bestand. Der Trotz, die vielen Stunden d er totgeschwiegenen Fragen, das endlose Fragen nach dem Warum, all das kocht in Mose hoch. Er glaubte, damit abgeschlossen zu haben. Doch Gott holt es hervor. Und er macht dem Mose unverzüglich deutlich: Er ist alles. Er kann alles. Er weiß alles. Und er w ill alles durch den wirken, der innerlich und äußerlich nichts mehr in Händen hat. Gott will seine Kraft in der Hülle der Schwachheit zeigen. Warum? Damit der Mensch glaube, wie Gott es gefällt.

Gott sagt zu Mose: ich will mit deinem Munde sein! Alles tut der Herr. Das Einzige, was Mose tun muss, ist hingehen, wohin der Herr ihn sendet. Ohne Fähigkeiten, ohne Gaben, ohne Qualitäten. Bar und nackt, allein Gott zur Seite. Mose soll sich fallen lasse n in die Arme Gottes. Doch genau das fällt so schwer. Das Gott alles ist, alles macht und alles wirkt, fällt dem Menschen schwer, zu akzeptieren

Mose spürt den Widerwillen, die brennende Scham, die Angst und der Frust vieler Jahre. Alles streitet in ihm und macht sich zornig breit und es bricht aus ihm heraus. Alles, was sich angestaut hat schießt wie ein Sektkorken Gott entgegen. Mose verliert dab ei nicht den Respekt, aber er setzt verzweifelt alles auf eine Rechnung: "Mein Herr, sende doch, wen du senden willst!" Am Anfang der Rettungsaktion Gottes steht ein geschlagener Mann, verbittert und verzweifelt, voller innerliche Nöte. Er will nicht. Es g ibt andere. Sende einen anderen. Dir ist alles möglich. Sende einen anderen. Wenn jemand für die Kirche ungeeignet ist, dann doch jemand, der keine Freude ausstrahlt, der einen Glauben voller Zweifel hat, der die Gabe der Predigt nicht hat. Ist Gottes Gedu ld am Ende? Wohl kaum, aber die Reaktion des Mose ist unangemessen. Es scheint, als vergäße Mose, wen er vor sich hat. Gott wird zornig. Denn wenn Gott etwas zornig macht, dann der Ungehorsam seiner Leute. Sende alle, nur nicht mich. Schenk den Menschen de ine Liebe, aber gebrauche damit nicht mich. Bring den Menschen dein Wort, aber nicht durch mich. Eine zeitlose Haltung, die bis heute tief im Menschen steckt. Gott macht diese Haltung schlicht und ergreifend wütend. Doch in seiner Wut vernichtet Gott seine n Knecht nicht, sondern geht auf ihn ein. Er stellt ihm einen Mann zur Seite, wie er vertrauter nicht sein könnte: sein Bruder Aaron. Ein Mann aus priestrlichem Geschlecht. Aaron soll reden, was Gott dem Mose aufträgt. In diesem Sinne wird Mose für Aaron z u Gott. Weil Gott durch Mose reden will. Selbst wenn Aaron redet, redet Mose. Aaron wird zum Stellvertreter des Mose und soll tun, was Mose ihm aufträgt.

 

Mose hatte sich in der Wüste seine eigene Welt aufgebaut. Dort hatte er Stille, dort hatte er seine Herde, die er führen und weiden konnte, dort seinen Freundeskreis und seine Familie. Und wenn Gott Großes tun will, dann können das andre machen und Mose wi ll bestimmt für diese beten. Andere stürzen sich in die Gemeindearbeit wie die Beserker, schonen sich und andere nicht und sind ständig aktiv. Sie glauben, an großen Dingen mit Hand anzulegen und fühlen sich wie der junge Mose, bevor ihn Gott in die Wüste schickte. Dem jungen und dem alten Mose ist vor der Berufung eines gemein geblieben: er handelte aus sich heraus. In dem Moment, wo Gott ihm seinen Willen offenbarte, sperrte er sich.

Dietrich Bonhoeffer sagte auf einer Jugendkonferenz 1932, dass er den Eindruck gewann, dass die Christen die Bibel eigentlich nicht wirklich ernst nahmen. Er sagte, der Christ lese die Bibel nicht mehr gegen sich, sondern nur noch für sich! Was Gott will, ist Glaube. Glaube aber entsteht aus dem aufmerksamen Hören auf Gott und seinem Wort und in der Umsetzung seines Willens. Es geht nicht darum, viel oder wenig Dinge zu tun, die wir als christlich bezeichnen. Es geht darum, den Willen Gottes zu tun. Das ist christlich, den Willen Gottes für sein Leben erkennen und umsetzen.