Bibelarbeiten zu 2. Mose: hier
Bibelarbeit über 2. Mose Kapitel 20: die 10 Gebote
von Michael Strauch
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Ich möchte in diesem Fall eine Einzelexegese machen: Vers
für Vers.
1. Grundlage: Ich bin der Herr, dein
Gott (Vers 1+2)
Zuerst soll erwähnt werden, dass die „Zehn Gebote“ besser
mit dem Wort „Dekalog“ übersetzt werden: „die zehn Worte!“ Mit den „zehn
Worten“ gibt Gott seinem Volk und der Welt eine Grundlage, die bis heute
wirksam ist. Gott selbst hat diese Worte gesprochen. Welche Rolle die
Vermittlung der Engel spielen, möchte ich hier auslassen (Gal 3,19).
Vers 2 ist wie eine Prämambel in einem Gesetz zu verstehen.
Dass Gott der Herr ist, ist der Schlüssel zu allen anderen Gesetzten und
Geboten. „Ich bin der Herr, dein Gott!“ So beginnt der Jude bis heute sein
Bekenntnis. Der Dekalog ist nicht Menschenwerk, sondern endgültig und
unveränderbar von Gott geschenkt. Der Dekalog hat keine Kraft, wenn das erste
Gebot ausgeblendet wird. Der Dekalog fußt auf den Glauben und den Gehorsam
diesem Gott gegenüber.
Welchem Gott? „Der dich aus Ägyptenland, aus der
Knechtschaft, geführt hat!“ Hier wird eindeutig festgelegt, dass es Jahwe ist.
Der Gott der Väter Israels, der Gott, der Mose erschienen ist im brennenden
Dornbusch und der Gott, der große Wunder vollbracht hat beim Auszug aus Ägypten.
Gott fordert mit dieser Aussage den Gehorsam ihm gegenüber, verbindet aber den
Gehorsam mit der angenehmen Erinnerung, dass Gott Israel errettet hat aus dem
ägyptischen Sklavenhaus.
Im übertragenen Sinne ist das „Sklavenhaus“ der Zustand,
indem ein Mensch ohne Gott lebt. Lt. Paulus ist die Sünde sein Peiniger, die
ihn zu gottlosen Taten verführt und den Tod fordert. Gott hat uns berfreit von
der Macht der Sünde. Wenn ich an Gott denke, so denke ich also immer zuerst
daran, was er für mich getan hat! Wenn Menschen an die zehn Gebote denken, so
denken sie immer zuerst daran, was sie für Gott tun sollen. Doch umgekehrt ist
die Tatsache. Gott stellt zuerst seine Wohltat für uns raus. Heute werde ich
sagen: zuerst steht das Kreuz, dann meine Nachfolge.
2. Du sollst keine anderen Götter neben
mir haben (V.3-6)
Hier möchte ich auf eine syntaktische Sache aufmerksam
machen. Im hebräischen steht das Wort „sollst“ nicht. Das hebr.Wort „sein“,
welches auch das göttliche Tetragramm ausmacht (Ich bin, der ich sein werde)
steht hier im Qal-Imperfekt. Es ist also ein Befehl. Man kann hier sicher mit
„soll“ übersetzen, aber das deutsche Wort empfinde ich hier als zu schwach. Es
ist eher so: Du sollst..., das ist ein Befehl. Die hebräische Grammatik, wenn
ich es recht verstehe, geht auch nicht von der kleinsten Beliebigkeit aus,
sondern erwartet, dass es selbstverständlich geschieht. Interessant ist die
griechische Übersetzung des AT (Septuaginta), die den Infinitiv „sein“ ins
Futur Präsens setzt. Wörtlich: „Du wirst keine anderen Götter
neben mir haben.“ Im hebräischen steht auch immer zuerst das Wort einer
starken, betonten Verneinung: (Lo) Nicht wirst Du andere Götter haben
neben mir!“ Im deutschen Wort „soll“ empfinden wir heute ein negatives,
erzieherisches Mittel mit dem gezogenen Zeigefinger. Gott gibt hier dieses Wort
aber nicht in dieser Weise, sondern er geht davon aus, dass es nicht passieren
wird. Wie das? Es hängt mit dem ersten Gebot zusammen. Wenn ich Gott als Herrn
und Gott liebe und an ihn glaube, wenn ich erfasse und annehme, was er für mich
am Kreuz tat, dann werde ich diesen Gott nicht gegen Götter aus Stein oder Holz
eintauschen.
Beispiel: wenn jemand seinen Ehepartner, seinen Freund(in)
etc. wirklich liebt, dann muss man ihm (ihr) nicht zur Auflage machen, dass er
(sie) aber ja nicht in eine andere verguckt. Wer seine Frau liebt und seine
Kinder, wird sich nicht für eine andere entscheiden. Jedes Gesetz würde hier
kontraproduktiv ausfallen. Die Gebote und ihre Einhaltung leben von der
Beziehung, die ich zu Gott habe. In diesem Sinne sind auch alle anderen Gebote
zu verstehen.
Ich möchte an dieser Stelle gerne eingehen auf die Frage
nach dem dritten und vierten Glied. Dieser Vers ist u.U.sehr missverständlich
zu verstehen und wird meines Erachtens auch oft missraucht. Ich verstehe die
Aussage Gottes so:
1. Die „Heimsuchung Gottes bis ins
dritte und vierte Glied“ steht im klaren Zusammenhang mit der Götzenanbetung
und der Götzenbilddarstellung von Vers 4+5. Es ist also nicht auf alles
anzuwenden, sondern wenn, dann im Kontext auf die Götteranbetung.
2. Die Strafe steht im Zusammenhang mit
der Verheißung. Gott will die Nachkommen der schuldig gewordenen Väter
bestrafen, so der erste Eindruck, aber er übt gleichermaßen Barmherzigkeit an
denen, die zu ihm umkehren und ihn um Vergebung bitten und beginnen, Gott zu
lieben.
3. Einen sehr guten Einblick gibt
Nehemia 1, 5-9 im Gebet des Nehemia, wo deutlich wird, dass dieser Vers kein
Fatalismus ist, sondern anders verstanden werden muss.
4. Ich meine, dass die Taten der Väter
eben auch eine Art Erbe, Hinterlassenschaft sind. So wie unsere Väter einen
Weltkrieg verursacht haben (ich will nicht sagen, dass diese Generation besser
gehandelt hätte, aber faktisch hat sie es nunmal nicht getan), so müssen
nachfolgende Generationen darunter leiden. Wenn also die Väter Götterbilder
aufgestellt haben ist die Versuchung groß, im Pfad der Väter zu wandeln. Dass
die Väter damit begonnen haben ist keine Entschuldigung für die Söhne, die das
Begonnene weiterführen und/oder vollbringen.
5. Der einzig richtige Weg ist Umkehr
und Buße, was Nehemia auch tut.
3. Nicht wirst du den Namen des Herrn,
deines Gottes für Nichtigkeiten benutzen (V.7)
Auch dieses Gebot ist stark mit der vorhergehenden Aussage
verknüpft. Man muss sicher wieder bewußt machen, dass der Name nicht ein
„Erkennungszeichen“ ist für eine Person oder ein Lebewesen, sondern der Name
beinhaltet viel mehr. So heißt es im NT, dass wir im Namen Jesu wirken und
beten sollen. In den ersten Kapiteln der Apg sehen wir, wie Petrus oder Paulus
im Namen Jesu handeln und Wunder wirken. Der Name Gottes ist darum auch fest
verknüpft mit der Person Gottes und seiner Macht und seinen unbegrenzten
Möglichkeiten.
Das griechische Verb steht im Futur Medium. Wenn ein
Verb im Futur Medium steht, dann soll damit ausgedrückt werden, dass jemand
etwas für sich selbst gebrauchen will oder in diesem Fall, missbrauchen will.
Es handelt sich also nicht um dumme Redensarten wie „Mein Gott, Jesses Maria
oder ähnlichem, was man sowieso vermeiden sollte, sondern es geht um etwas
andres.
In der Antike z.B. hat man Beschwörungen ausgesprochen im
Namen irgendwelcher Götter. Man missbraucht diesen Namen bzw. die
Möglichkeiten, die der Träger dieses Namens hat, um für sich selbst etwas zu
erreichen. Gott wird quasi zu einer Art „Macht, Energiefeld etc. erniedrigt!“
So wie im Science Fiction Film „Krieg der Sterne“ von einer „Macht“ gesprochen
wird, die eine Art kosmischer Energie darstellt, die man durch Training sich
gefügig machen kann.
Wer also magisch (oder durch Zauberei) diesen Namen
missbraucht, bleibt nicht ungestraft. Ebenso gilt es auch denen, die ihre Lügen
bekräftigen mit dem Namen Gottes, der als Garant für die Wahrheit steht.
Jeglicher Missbrauch des Namens Gottes bleibt nicht ungestraft.
Das ist so ist wird auch dadurch deutlich, dass dieser
hebr.Vers an die Anrufung des Namens Gottes im Lobpreis erinnert. Wer also für
eigene, nichtige und besonders sündige Zwecke den Namen Gottes missbraucht,
ruft Gottes Zorn über sich.
4. Du wirst an den Sabbath denken,
damit du ihn heiligst (Verse 8-11)
Das erste Wort, dass nicht mit dem
hebr. „LO“ (nicht) beginnt. Das griechische Wort „mnämo“ meint sich erinnern.
Und erinnern sollen sie sich an den Ursprung der Welt. Gott hat in sechs Tagen
die Welt geschaffen, am siebten Tage ruhte er von seinen Werken. Weiter
erinnert sich Israel daran, dass es sechs Tage das Mannah sammeln soll, nicht
aber am siebten Tag. Es gibt also eine Art Ruhetag, einen Sabbaht eben. Gott greift
hier eine Art „Biorythmus“ auf. Es ist nicht gut, wenn der Mensch pausenlos
arbeitet ohne einen Tag der Ruhe und der Pause. Es ist aber nicht gut, gleich
einem Mönch ein ganzes Leben lang im Gebet zu verbringen. Alles hat seinen
Platz.
Im übrigen soll der Mensch Gott
nicht kopieren. Also nicht in erster Linie Gott es nachzumachen, der in 6 Tagen
die Welt erschuf, am siebten Tag aber ruhte. Sondern die Betonung liegt auf dem
Segen, der auf dem siebten Tag liegt. Gott segnete und heiligte diesen Tag. Ein
göttlicher Feiertag. Der ihn einhält, profitiert davon.
Vers 5: Du wirst deinen Vater und deine Mutter
ehren....(Vers 12)
Der erste Vers mit Verheißung (...auf dass du lange
lebest...). Auch dieses Wort will im Zusammenhang verstanden sein. Es geht Gott
um eine gute (auch von der Schöpfung her gedachte) Ordnung. Dazu gehört das Einhalten einer Wochenpause und auch das Ehren
der Eltern. Es müssen damit nicht unbedingt die leiblichen Eltern gemeint sein,
sondern auch die geistlichen Väter und Mütter und alle, die uns lehren. Sie
sollen in Ehren gehalten werden. Denn wenn Kinder ihre Eltern ehren und ihnen
gehorsam sind (siehen Jesus, der seinen Eltern – solange er unter ihnen lebte –
gehorsam war). Wenn Kinder ihren Eltern gehorchen, wird es für sie zum Segen
(Bild des langen Lebens). Der Gehorsam zu den Eltern ist nicht ein magischer
Zuspruch, dass man dann hundert Jahre alt wird, sondern man ist gesegnet. Gott
spricht diese Worte aber zum Volk Israel, und damit zu gläubigen Eltern. Eltern
also, die im Glauben ein Vorbild sind. Das heißt nicht, dass Nicht-Christen
ihre Eltern nicht zu ehren brauchen. Das eine schließt das andere nicht aus,
aber macht es auch nicht zwingend. Denn ein Vater, der seine Tochter sexuell
missbraucht hat, das Geld vertrinkt und auch sonst ruchlos lebt, muss nicht
damit rechnen, dass man seinen Forderungen noch Folge leistet. Gläubige Eltern
gebührt Ehre und Gehorsam. Wie weit der Gehorsam und das Ehren geht, können wir am besten am Beispiel Jesu mit seiner
Mutter erlernen.
Diese ersten sechs Worte regeln das Miteinander aus der
Beziehung zu Gott und dem Gehorsam ihm gegenüber. Die zweite Hälfte schließt
nun das Miteinander in einer Gemeinschaft mit ein. Der Blick geht hier
besonders auf meinem Mitmenschen.
Vers 13-15: Du wirst nicht
morden...stehlen...ehebrechen...lügen und begehren
Im hebr.und griechischen Grundtext
ist von „morden“ die Rede. Wenn wir diese Worte hören, denken wir vielleicht
sofort an Mörder und schließen das Gebot für uns als abgehakt aus. Tatsächlich
erweitert Jesus in der Bergpredigt die Bedeutung auf das „mündliche Umbringen“
durch üble Nachrede. Gemeint ist auch, dass das Leben schützenswert ist und
jegliche Gefährdung von Leben dieses Gebot überschreitet. Also der richtige
Umgang mit dem Auto und ähnlichem als ein potentielles Mordwerkzeug muss hier
mit in die Diskussion.
Es geht um den Schutz des Lebens. Somit ist auch die Ehe der
Ort, in der neues Leben entstehen kann. Die Ehe gehört geschützt. Auch der
Besitz des anderen gehört zum Leben. Auch dieser soll geschützt bleiben. Alles,
was das Leben meines Nächsten unnötig erschwert, kaputt macht, zerstört will
Gott aus Israels Mitte verbannt wissen.
Dazu gehört ebenso das Phänomen der Lüge, dass jedes
mitmenschliche Vertrauen zerstört und nur mühsam heil werden läßt. Im
griechischen steht pseudo(schein)martüria(Zeugnis). Eine Aussage zu machen, die
dem anderen schadet, verurteilt Gott. Ebenso meint das Wort „begehren“
eigentlich „neiden“ (siehe Kain und Abel und die Folgen des Neids). Gemeint ist
auch ein starkes, sündiges, eigensüchtiges Verlangen nach dem, was der andere
hat. Das NT bezeichnet Habsucht sogar als Götzendienst. Aus Habsucht und Neid
geschehen viele Verbrechen. Auch so zerstören also Leben.
Abschließend läßt sich sagen, dass Gott zuerst die Beziehung
zwischen ihm und dem Menschen regelt. Wenn Gott die erste Wahl in meinem Leben
ist, werden die Gebote automatisch gehalten. Eben, weil er Gott liebt. Gott ist
die Quelle der Kraft und der Liebe. Gott will aber auch, dass nicht nur die Beziehung
zu ihm, sondern auch die Beziehung zum Nächsten geklärt ist. Denn eine Liebe zu
Gott ohne eine Liebe zum Nächsten kann es nicht geben. Darum führt er das Leben
in der zwischenmenschlichen Ebene dar.
Weil die Liebe zu Gott und
die Liebe zum Nächsten der Grund für die Gebote sind, so erinnern wir uns an
Jesus, der die „zehn Worte“ in der Liebe zum Vater und zum Nächsten kurzerhand
zusammenband.