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Bibelarbeit über Exodus 12, 1-28
von Michael Strauch


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Gliederung:


1.Die Einsetzung des Passahmahles (Verse 1-14)
2.Das Passahmahl - eine ewige Ordnung für die Gemeinde (Verse 15-28)


zu 1: (Verse 1-14)

Ich möchte zuerst einige einleitende Gedanken zum besseren Verständnis des Textes vorausschicken.
Ein markanter Vers in Kapitel 12 ist Vers 12: „Denn ich will in derselben Nacht durch Ägyptenland gehen und alle Erstgeburt schlagen in Ägyptenland unter Mensch und Vieh und will Strafgericht halten über alle Götter der Ägypter, ich der Herr!“
Erstgeburt:
Die Erstgeburt ist Gott geheiligt (2.Mose 13,2; 3Mose 27,26). Von Mensch und Vieh ist die Erstgeburt für Gott heilig. In Nehemia 10,37 ist der Ausdruck der Buße und Umkehr zu Gott die Darbringung der Erstgeburt für Gott. Gott bebührt das Erste und das Bes te. Die Erstgeburt und dessen Heiligung vor Gott ist Ausdruck des Gehorsams und der Hingabe. Besonders deutlich wird es in 1Samuel 1,22, wo Hannah ihren Erstgeborenen Gott - und das sicher schweren Herzens - abgibt. Gott macht aus dem Kind einen großen Got tesmann in der Geschichte Israels. Die männliche Erstgeburt, und das findet sich in vielen Kulturen wieder, ist auch der Stammhalter und der Erbe. Bei Pharao ist der Erstgeborene natürlich auch der Thronfolger.
Gott nimmt das ganze Volk Israel als Erstgeburt auf! Das ganze Volk soll Gott geheiligt werden, soll ihm „geopfert“ werden. Paulus führt diesen Gedanken in Römer 12,1 aus, indem er sagt, dass wir unser Leben und Leiber hingeben sollen als ein Opfer, dass d a lebendig, heilig und Gott wohlgefällig sei. Diese Erstgeburt ist aber nicht frei von Schuld, nicht frei von Sünde. In der Sünde sind die Israeliten den Ägyptern gleich. Und der Herr vertilgt, was Sünde an sich hat. Wie kann dann Israel bestehen vor dem G ericht?
Die Nacht des Gerichts:
Gott kommt in der Nacht. Es erinnert an Jesu Wort, dass sein Tag kommen wird wie ein Dieb in der Nacht. Die Nacht ist der bildliche Zustand der Gottlosigkeit (1.Joh 1,5ff). Wer sündigt, der tut es in der Dunkelheit. Gottes Todesengel kommt in der Nacht und übt Strafgericht an denen, die schuldig sind. Worin besteht aber die Schuld? In einzelnen Taten? Dann kann auch Israel nicht bestehen. Die Schuld besteht in der Gottlosigkeit - vgl. Rö 1,18.19: „Denn Gottes Zorn wird vom Himmel her offenbart über alles go ttlose Wesen und alle Ungerechtigkeit der Menschen, die die Wahrheit durch Ungerechtigkeit niederhalten. Denn was man von Gott erkennen kann, ist unter ihnen offenbar; denn Gott hat es ihnen offenbart!“
Einschub
Wie sehr Paulus recht hat, zeigt sich in antiken Theaterstücken. Wenn man z.B. von Sophokles - der ja 4 Jahrhunderte vor Christi Geburt gewirkt hat - das Stück „Antigone“ studiert, der staunt, wieviele alt-und neutestamentliche Anklänge zu finden sind.
Einschubende
Das Grundübel sind die Götter. Israel glaubt an den Gott Israels. Pharao hat von diesem Gott gehört. Ägypten ist durch Joseph und nachfolgende Generationen mit Jahwe in Berührung gekommen. Doch Pharao lehnt sich gegen den Gott Israels auf und glaubt an sic h und seine göttliche Abstammung. Seine Macht wird gebrochen und mit ihr auch die Macht seines Nachkommens. Israel wendet sich zum Herrn und für Israel wird in Vertretung ein Lamm ohne Fehl geschlachtet. Dessen Blut wird an die Pfosten gestrichen - eine au ch in anderen Kulturen bestehende Sitte. Es erinnert an Jesu Worte (Offb. 3,20): „Siehe, ich stehe vor der Tür und klopfe an. Wer die Tür auftun wird, zu dem werde ich hineingehen und das Abendmahl mit ihm halten und er mit mir!“ Hier steht das Geschehen a us Exodus 12 Pate, nachdem „Gott drinnen ist“ in der Gemeinschaft seiner Gemeinde und „draußen“ das Gericht sich vollzieht. Gott stellt sich quasi auf die Seite der Gläubigen und tritt durch das Blut - später des wahren Gotteslammes - Jesus Christus - dem eigenen Gericht sich entgegen. Gott ist Herr allein. Darum endet auch der Vers (Ex 12,12 mit den machtvollen Worten: „ich, der Herr!“
Weitere Gesichtspunkte:
1. Die neue Zeitrechnung
Das erste, was Gott bezüglich des Passah fordert ist, dass die Zeitrechnung mit diesem heiligen Geschehen neu beginnen soll (...dieser Monat soll bei euch der erste Monat sein...). Der Zeitpunkt des Gerichts über Ägypten und der Errettung Israels ist es we rt, von einer „Neugeburt“ zu sprechen. Israel wird quasi neu geboren. Ein neues Zeitalter beginnt für Israel. Das Zeitalter, wo Israel sich als Volk formiert und als Volk auszieht, um von Gott geheiligt zu werden.
1.Das Opfertier
Das Opfertier muss ein Lamm sein oder ein Ziegenbock (V.5). Es muss männlich sein, fehlerlos und ein Jahr alt. Genommen wird das Tier aus der Herde am 10.Tag (V.3) und es wird verwahrt 4 Tage lang (Vers 5). Gott will also von den Tieren die Erstgeburt. Dan n aber Tiere, die bereits ein Jahr leben und kein Fehl an sich haben. Und dieses Tier erfährt eine viertägige Vorbereitungszeit, die allerdings ein Geheimnis bleibt. Geschlachtet wird das Tier „gegen Abend“ (V.6). Gott ordnet an, dass das Opfertier in der Hausgemeinschaft gegessen werden soll. Es erinnert somit stark an das Abendmahl, dass ja Exodus 12 zur Grundlage hat. Der Hausvater nimmt das Lamm und lädt soviele Leute ein, wie das Lamm „speisen“ kann. D.h. nur soviele sind eingeladen, die von einem Lamm satt werden. Der Grund liegt darin, dass vom Lamm nichts übrig bleiben soll. Es soll ganz aufgenommen werden! Die Bezüge zu den neutestamentlichen Gedanken werden deutlich. Christus kann nicht halb genommen werden, sondern ich nehme ihn ganz auf oder gar nicht. Christus wird erfahren und aufgenommen im Kreis der Gemeinde, wo ein Christ hingehört. Dem Kreis derer, die zum Leib Christi gehören. Sie alle verbindet das „Blut und der Leib Jesu Christi“. Auch der Gedanke, dass Christus männlich war, eine Zeit de r Vorbereitung hatte (Passion Jesu) und eine Zeit wirkte als Mensch auf Erden (ca. 3 Jahre), dazu fehlerlos war - all das spiegelt sich im Passahlamm wieder.
1.Der Ritus der Lammesgemeinschaft
Die Gemeinde empfängt von Gott die Ordnung des Passahmals als Sakrament - also von Gott eingesetzt. Die Liturgie ist folgendermaßen:
1.Die Pfosten werden mit dem Blut des Opfertieres besprengt (V.7). Die Pfosten sind der Eingang ins Haus, in die Wohn-und Lebensgemeinschaft des Menschen. Auch im heidnischen Umfeld kennt man diese Praxis, wonach durch das Bestreichen des Türrahmens böse Gei ster fern gehalten werden sollen. In Goethes „Faust“ werden okkulte Umsetzungen dargeboten, indem ein magisches Zeichen in geschlossener Gestalt böse Geister den Eintritt verweigert. Hier bei Israel in dieser heiligen Nacht ist es aber das von Gott geheili gte Blut, der Sitz des Lebens, das Blut des Lammes, das das Gericht Gottes vorübergehen läßt.
2.Sie sollen das Lamm im Feuer braten (V.8) - Anklänge an das Brand - und Ganzopfer. Nichts soll übrig gelassen werden. Das Lamm Gottes will ganz aufgenommen sein.
3.Dazu sollen sie ungesäuerte Brote essen. Ausdruck der Eile. Es wird nicht gewartet, bis das Brot durchsäuert ist. Diese Handlung wäre Ausdruck der Seßhaftigkeit. Israel aber soll bereit sein.
4.Sie sollen bittere Kräuter essen. Diese erinnern an die Leiden in Ägypten. Wenn wir uns vor Augen halten, dass der Mensch das Übel oft schnell vergißt und hinterher vieles schön färbt, ist es wichtig, dass die Kräuter an die Wirklichkeit erinnern. Denn spä ter wollen die Israeliten oft genug zurück zu den „Fleischtöpfe“ Ägyptens!
5.Zur Krönung des Ausdrucks, dass Christen Pilger sind auf Erden, kommt das gegürtete Kleid - d.h. man hat das lange Kleid unten hochgerafft und in den Gürtel gesteckt, damit man schneller gehen kann - und der Wanderstab. Gläubige sind auf Wanderschaft. Sie haben „hier keine bleibende Statt!“
Diese Gemeinde, die vereint ist - übertragen gesprochen durch das Abendmahl - mit dem Leib Christi, diese Gemeinde, die das „Blut des Lammes zum Zeichen hat“ (V.13) wird in seiner Einheit als Erstgeburt Gottes angenommen und herausgeführt aus dem Heidentum in die Gottesgemein-schaft. Die Bezüge zur Ekklesia tou theou, der Gemeinde Gottes ist mehr als ersichtlich.
Gott stiftet dieses Ereignis als Feiertag für kommende Generationen. Es soll im Gedächtnis bleiben, was Gott tat. Es soll „eine ewige Ordnung“ sein (V.14) und findet in der Christenheit tatsächlich durch das Leiden, Sterben und Auferstehen in Jesus Christu s seine Erfüllung, seine neue Deutung und seine Fortbestand. Dieses Gedenken, dieses Rühmen und Ausrufen dieses Geschehens am Kreuz soll die Kirche behalten bis zum Tage des Gerichts.

Zu 2: Das Passahmahl - eine ewige Ordnung für die Gemeinde (V.15-28)

Nun führt Gott weiter aus, wie das „Fest der ungesäuerten Brote“ ablaufen soll. Dabei finden temporale und inhaltliche Ordnungen eine große Rolle.
1.Der Wochentakt. 7 Tage lang soll Israel das „Mazzen“ essen, also das ungesäuerte Brot (V.15). Am ersten Tag und am letzten Tag soll ein Gottesdienst stattfinden (eine heilige Versammlung). An diesen Tagen soll keine Arbeit stattfinden (vergleichbar heute m it den Feiertagen). Es soll daran erinnern, dass Gott die Knechtschaft Ägyptens beendet hat und der Mensch in Gott zur Ruhe findet.
2.Die Liturgie beginnt damit, dass der „Sauerteig“ aus dem Haus verbannt wird. Wir erinnern uns an die Worte Jesu, wenn er davon sprach, dass der Jünger sich hüten solle vor dem Sauerteig der Pharisäer. Der Sauerteig ist ja ein Rest alten Teiges, das in den neuen Teig vermischt wird. Das Alte aber soll verbannt werden. Im NT heißt es: „das Alte ist vergangen, siehe, alles ist neu geworden!“ Es soll daran erinnern, dass der Bruch mit der Gottlosigkeit, mit „der Welt“ ganz vollzogen wird. Wer hier halbe Sachen macht, verfällt dem sofortigen Gericht Gottes.
3.An zwei Tagen soll gottesdienstliche Ruhe sein. Dort findet ein Nachdenken und Hören auf Gottes Wort statt (vierzehnter und einundzwanzigster Tag).
Martin Luther hat einmal das Abendmahl verglichen mit den Rechten und Pflichten eines mittelalter-lichen Bürgers. Das Recht ist es, dass der Bürger Heimatrecht in der von der Stadtmauer umgeben-den Heimat hat. Er genießt Schutz vor Feinden und Gemeinschaft in der Stadt. Zugleich hat der Bürger aber auch Pflichten, so z.B. für den Landesfürsten als Soldat einzustehen, wenn die Stadt angegriffen wird etc. Luther überträgt das auf das Mahl mit dem Herrn Jesus. In Christus werden wir zu Bürgern des Himmels mit all den Rechten und Vorrechten. Aber nach dem Mahl hat der Christ auch Pflichten, nämlich den Willen seines Herrn zu tun. So ist das Abendmahl nicht allein eine Gemeinschaft der Heiligen, wo Vergebung der Sünden erfahren wird, sondern auch Pflichtgemein-s chaft. Ähnlich ist es mit der Passahfeier.
Mose übergibt die Handlung des Blutbestreichens mit Hilfe eines Ysopstrauches den Ältesten der Gemeinde. Durch seine mahnenden Worte unterstreicht er alles bisher Gesagte. In dieser Nacht vollzieht sich eine Scheide. Es erinnert an Gethsemane, wo der Herr sagte, dies sei die Nacht, in der niemand wirken könne. Indem Mose vom Verderber spricht, wird deutlich, wer dieser Todesengel ist. In dieser Nacht muss jeder klar stehen. Ein klares Bekenntnis in Wort und Tat muss hier stehen. Keine Zeit für Diskussionen, keine Zeit und kein Raum für Zweifel und theologische Erörterungen. Klarheit in den Gedanken, Klarheit in den Taten. Naht euch zu Gott, so naht er sich zu euch, sagt Jakobus. In dieser Nacht, wo der Satan freie Hand hat, wird die Gemeinde geschützt durch das Blut des Lammes. So wie der Herr seine Jünger schützte in jener verhängnisvollen Nacht und durch sein Blut die Gemeinde erlöste und schuf, so auch hier. Die Gemeinde Israel reagiert eindeutig und klar: Sie verneigt sich und betet Gott an!