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Bibelarbeit zu 2. Mose 10, Exodus 10

von Michael Strauch


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Gliederung:

1.                 Gericht über den Rest an Furcht: Pharao(Verse 1-11)

2.                 Gericht über den Rest an Frucht: Heuschrecken (Verse 12-20)

3.                 Gericht über den Rest an Licht: Finsternis (Verse 21-29)

zu 1: Gericht über den Rest an Furcht: Pharao (Verse 1-11)

Wir kennen es von römischen Feldherrn, wenn sie z.B. gegen immer wieder aufständische Germa-nenhorden vorgingen. An einem gewissen Punkt stießen sie mit unglaublicher Grausamkeit vor. Dann fiel schnell der Satz: Rom müsse ein „Exempel statuieren“. Gemeint ist ein abschreckendes Beispiel, dass den kommenden Generationen im Gedächtnis haften bleibt und zukünftige Auflehnungen im Keim erstickt. Die größte Waffe des Imperiums war die Angst. Die unterdrückten Völker sollten Angst haben vor Rom, damit befestigten sie ihre Macht. Ein Volk, dass sich fürchtet vor der Obrigkeit, ist beherrschbar. Die Irakkrise erinnert mich ebenfalls an dieses „Exempel statuieren!“ Der Irak wollte partout nicht auf die Forderungen des Weltsicherheitsrates eingehen, also erlitten das Volk Wirtschaftssanktionen und mittlerweile bedeckt Krieg das Land. Die USA will ein Exempel statuiren. Wegen dem 11.September? Diese Methoden, wie sie die Herrscher dieser Zeit und der Geschichte ausgeübt haben, sind die Gleichen geblieben. Der „moderne Versuch“, im Gegensatz zur „barbarischen kriegerischen Geschichte der Menschheit“ nun mit Diplomatie Probleme zu lösen, scheint gescheitert. Ich weiß, wie schwierig es ist, in einer Bibelarbeit solche brisanten Themen aufzunehmen. Doch vieles im Text erinnert mich an die gegenwärtige Situation (April 2003) im Irak. Es macht deutlich, wie aktuell Exodus 10 ist. Und doch ist der Vergleich mit Exodus 10 und der Politik nicht stimmig, wenn man genau hinsieht. Es heißt (Vers 1+2), dass Gott das Herz des Machthabers Ägyptens verstockt hat, damit das Gericht zwar zum Exempel wird, doch nicht in erster Linie für Ägypten. Das Ziel Gottes ist es nicht, Israel als Militärmacht hervorzuheben und Ägypten in Angst und Schrecken zu versetzen. Das Ziel ist es - im ersten Augenblick eigenartigerweise - dass Israel selbst Ehrfurcht bekommt. Gott sagt: „auf dass du verkündigest vor den Ohren deiner Kinder und deiner Kindeskinder, wie ich mit den Ägyptern verfahren bin und welche Zeichen ich unter ihnen getan habe, dass ihr wisset: ich bin der Herr!

Diese Ehrfurcht vor Gott, beinhaltet zweierlei Ziele: zum einen ist sie Verheißung und Ermutigung für alle Probleme der Zukunft. Israel kann sich sagen, dass Gott mit einer der größten militärischen Mächte der Antike fertig geworden ist, ohne dass von Israel auch nur ein Pfeil abgeschossen wurde. Dass soll Israels Vertrauen stärken in die große Verheißung: Ich bin der Herr. Gott kann. Denn er ist Herr! Es beinhaltet aber auch, dass Gott dieses schmerzhafte Exempel an einem Volk attestiert, dass andere Götter höher hält als den wahren Gott. Gott handelt nicht „rassistisch“. Gott straft Ägypten nicht, weil es die Ägypter sind. Sondern weil er „Strafgericht halten will über alle Götter Ägyptens“! (Kap 12,12). Dieses Strafgericht macht auch vor Gottes eigenem, erwählten Volk nicht Halt. Denn vor Gott gibt es kein Ansehen der Person, keinen genetischen Vorzug, keine Lücken im Gesetz. Ein Umstand, den Israel als eigenes Volk über Jahrhunderte hinweg in den Ruin trieb.

Gott straft Ägypten, weil Ägypten die Strafe verdient hat. Gott ist Richter und seine Gerichte sind gerecht. Sein gewählter Zeitpunkt ist nicht willkürlich, sondern angemessen. Gottes Strafe soll aber Ägypten nicht demütigen, damit Israel als Besatzer auftrete. Sondern dieses „Exempel“ soll in Israel den Glauben stärken, sowie Ehrfurcht erhalten für alle Generation. Schlüsselwort: Ich bin der Herr!

Doch Gott handelt nicht willkürlich, nicht aus dem Affekt heraus, wie wir Menschen das tun. Pharao wird stets vorher gewarnt. Ihm wird die Forderung Gottes vorgetragen. Ihm wird im Falle einer Weigerung klar gelegt, welche Folgen er zu tragen hat und ihm bleibt die Entscheidung. Nun stoßen wir an das Problem der Verstockung. Wenn es heißt, dass Gott selbst ihn verstockt hat, hat Pharao denn dann überhaupt die Chance, anders zu reagieren? Es ist das Problem, dass wir von Judas Iskarioth kennen und auch von Saul. Ich persönlich kenne die Lösung im erschöpfenden Sinne nicht. Es bleiben bei mir Fragen übrig. Aber ich weiß, dass Gott gerecht ist und dass Gottes Handeln stets differenziert betrachtet werden muss. Ein Beispiel: Mose sagt in Vers 3: „So spricht der Herr....“ Der Herr persönlich spricht: „...so will ich morgen Heuschrecken kommen lassen über dein Gebiet!“ (V.4). Als es soweit ist, gebraucht Gott aber den Mose: Da sprach der Herr zu Mose: Recke deine Hand über Ägyptenland , dass Heuschrecken über Ägyptenland kommen... (V.12). Gott übt sein Gericht unter Bezugnahme seines Boten. Gottes Handeln und das Handeln des Menschen, so will es Gott, bedingen einander, im Guten wie im Bösen. Gott verstockt den Pharao, doch Pharao hat seine Verstockung eigenwillig herbeigeführt. Pharao hat solange Gottes Zorn gereizt, bis er eine gerechte Strafe bekommt. Und die Strafe ist „Verstockung“. Eigentlich eine Art „Hölle“, wenn die Fähigkeit verloren gegangen ist, Gottes Willen zu erkennen und zu tun. Das bedeutet, dass Pharao während der Plagen schon gerichtet ist. Die weiteren Gerichte sind nur Folgen dieses Gerichtsurteils. So wie es im Jüngsten Gericht sein wird. Der Tod ist die Vollstreckung des Gerichts. Auf Sünde, auf Gottlosigkeit steht das Todesurteil. Damit hört das Gericht aber nicht auf. Es folgt das „Heulen und Zähneklappen“, der Zustand ohne Gott. Die Unmöglichkeit, mit Gott Gemeinschaft zu haben.

Die Minister und Räte Ägyptens ahnen das Gericht (V.7). Sie versuchen, ihren Einfluss geltend zu machen. Und Pharao scheint für einen Moment, nachzugeben. Doch dieses Zurückweichen ist nur von kurzer Dauer. Er will die Männer Israels ziehen lassen, nicht aber Frauen und Kinder. Warum? Ich vermute, es handelt sich um das eiskalte Kalkül eines Geiselnehmers. Pharao weiß um die familiäre Bande, um die Liebe von Mann zur Ehefrau, von Eltern zu Kindern. Die Männer ziehen lassen, die Frauen und Kinder als Geiseln behalten: das ist Garantie genug, dass die Männer entweder zurückkommen oder - rein spekulativ - Pharao will die Männer abgesondert militärisch überraschen und vernichten (was er ja auch später versucht). Die Frauen und Kinder sind begehrte Sklaven. Außerdem sind mit den Männern auch die religiösen Familienführer weg: ein doppelter Gewinn.

Zu 2: Gericht über den Rest an Frucht: Heuschrecken (Verse 12-20)

Gottes Gericht kommt aus der Luft. Militärische Aktionen heute kommen ebenfalls aus der Luft. Empfindliche militärische Basen sind Angriffsziel der Angreifer. Empfindliche Basen im antiken Ägypten war die Getreideversorgung. Man muss wissen, dass Ägypten von Wüste umgeben ist und alles Leben und alle Kultur sich entlang des Nils abspielt. Fruchtbares Schwemmland und damit fruchtbare Ernten sind wichtig für das Volk. Zur Zeit des Mose, das beweisen versteinerte Baumstämme in der heutigen Wüstenumgebung Ägyptens gab es auch weit mehr Botanik (Bäume, Früchte). Diese durch den Hagel schon gebeutelte Infrastruktur soll der Rest gegeben werden. Dabei arbeitet Gott interessanterweise nicht mit den größten seiner Geschöpfe, nicht mit Militär und menschlicher oder/und tierischer Kraftleistung. Sondern er arbeitet mit den kleinsten Geschöpfen. Wenn man sich Insekten vor Augen führt, dann ist man froh, dass Gott diese Tiere so klein geschaffen hat. Insekten sind extrem anpassungsfähig, sie können sich extrem vermehren und sie können extrem vernichten. Kein Elefant oder Löwe könnte eine Armee Wanderameisen aufhalten. Ihre unglaublich hohe Zahl ist ihre Macht. Ihre für ihre Verhältnisse sagenhafte Kraft (eine Ameise kann das Vielfache ihres Körpergewichts tragen) ist ihre Stärke. Wanderheuschrecken kommen im Orient in solchen Schwärmen vor, dass der Himmel sprichwörtlich sich verdunkelt. Ihre Zahl ist auch heute so groß, dass auf dem Boden ein sprichtwörtlicher, lebendiger Teppich entsteht. Wo das gewaltige Tuch lebendiger Einzelorganismen sich ausbreitet, sich niederläßt und sich wieder erhebt, wie auf gemeinsamen Befehl, dort wächst sprichwörtlich kein Grashalm mehr. Die Insekten sind überall. Sie bedecken ganze Baumstämme, sie bedecken alles Fressbare und machen vor der Haustüre nicht Stopp. Pharao, mit all seinen Heerwagen und seiner „großen Klappe“ muss vor diesen kleinen Tieren das Szepter senken. Der Menschheit wird bewußt, wie machtlos der Mensch ist, wenn Gott seinen Geschöpfen nicht Einhalt gebietet. Der Mensch hat Macht, nur weil Gott es zuläßt. Die kleinsten Lebewesen auf Erden könnten die Menschheit vernichten! Manche Tierforscher sagen, dass Insekten die letzten Lebewesen wären, die eine fast alles Leben vernichtende Katastrophe überstehen würden. Pharao gibt nach. Er muss den Mann ohne Heer und Waffen bitten, dass er Fürbitte tue beim Allmächtigen. Und so, wie Gottes Arm sich leiten läßt durch den Arm des Mose, so handelt Gott durch die Fürbitte des Mose. Und so gewaltig, so unaufhaltsam die Flut tierischer Leiber den Tod für alles Essbare brachte, so leicht und schwebend hebt ein Wind die tödliche Armee hinweg und ersäuft die Heuschrecken im Schilfmeer - Ahnung dessen, was mit den Ägyptern geschehen wird. Alles bringt Gottes Herrlichkeit zum Leuchten. Die kleinen Lebewesen, die Staatsmänner zur Verzwei-flung bringen und Nationen stürzen, die Leichtigkeit, mit der Gott diese Plagen wenden kann und die Kraft, die in der Schwachheit der Boten Gottes Gericht und Gnade bringen.

3. Gericht über den Rest an Licht: Finsternis (Verse 21-29)

Pharaos Trotz bricht jedoch erneut hervor (V.20). Er läßt Israel nicht gehen, stellt sich trotzig gegen Gottes Allmacht. Er hat vor Gott nichts mehr. Er weiß, seine Waffen, seine Macht und Stärke nützen nichts gegen diesen gewaltigen Gott. Aber eines sieht er mit Verwunderung: wenn Gott so groß ist, warum zwingt er sein Volk nicht selbst heraus? Warum fragt er durch seinen Propheten den Mächtigen Ägyptens? Verbirgt sich hinter dem großen Gott doch nur ein Papierlöwe? Blöfft der Gott der Hebräer? Gewiss, die 9 Plagen verraten großes Können, aber irgendwie braucht Moses die Zustimmung Pharaos. Darin wähnt sich Pharao in falscher Machtbefugnis und übt diesen Zipfel Macht schamlos aus. Doch diesmal spricht Gott nicht mehr aus, was er vorhat. Der Zipfel der Macht ist in Wahrheit der letzte Zipfel an Gottes Gewand. Dieser wird Pharao nun endgültig entrissen. Was bleibt, ist die „Gottesfinsternis“. Gott wendet sich ab. Mit ihm wendet sich das Licht, auch das physische Licht, ab. Wie am Kreuz auf Golgatha die Sünde, ans Kreuz geschlagen im Sohn Gottes, das irdische Licht nahm, so auch hier. Finsternis ist aber mehr als nur das fehlende Licht. Es ist eine Finsternis der Dämonie. In dieser Dunkelheit sehen die Teufel gut. In der Dunkelheit verbirgt sich alles, was Gott feind und gram ist. Dies ist eine Nacht, in der der Satan wirken kann. Drei Tage, wie die Tage von Kreuz und Auferstehung. Drei Tage wirkt diese „greifbare Finsternis“ und macht deutlich: wenn Gott sich abwendet, dann ist auch der Nicht-Christ, der Ungläubige orientierungslos. Und doch bleibt es nicht bei diesem schrecklichen Zustand. „Das Volk, das im Finstern wandelt, sieht ein - in diesem Fall - kleines Licht!“ Welch ein wunderschönes Bild. Die Finsternis der Dämonie hat die Menschheit fest im Würgegriff. Und doch flackert in den Hütten der Gläubigen das Licht der Gnade Gottes. Wohl dem Ägypter, der tastend und irrend den Weg zu den Israeliten gefunden hat. Wie ist dieses Bild immer wieder aufgegriffen worden: Gott ist unser Licht...meines Fußes Leuchte...und das Licht war das Leben der Menschen etc. In der Gemeinde Gottes ist Licht. Und wo Licht ist, ist Leben.

Pharao gibt nach. Er verzichtet auf seine Forderungen bis auf eine. Wenn er schon Tausende von Sklaven verliert, dann soll das Vieh wenigstens hier bleiben. Warum dies? Zum einen ist die Wirtschaft Ägyptens am Boden. Dem Volk droht eine Hungersnot und das wird Ägyptens Herrscher nicht gut aussehen lassen. Das Vieh könnte hier Abhilfe leisten. Zum zweiten kommt ein solcher Troß von Menschen nicht weit ohne Vieh. In der Wüste kann man nichts anbauen. Sie sind auf die Milch und das Fleisch angewiesen. Ohne Vieh, das könnte für viele, besonders für die Kinder, einen Schwächetod bedeuten. Zuletzt aber verweigert Pharao dem Gott der Hebräer die Grundlage der Schuldvergebung. Denn ohne Blut keine Vergebung. Ohne stellvertretende Tieropfer kein heiliges Fest am Sinai. Pharao verweigert dem Gott Israels den Gehorsam, verweigert dem Volk Israel die Grundlage zur Vergebung und damit hat sein teuflisches Ansinnen seinen absoluten Siedepunkt erreicht. Die vollständige Verstockung ist die Folge. Sie kommt darin zum Ausdruck, dass er sich der letzten Möglichkeit beraubt, mit Gott im Gespräch zu bleiben. Er zieht eine Grenze zwischen Mose und ihm. Dazwischen wacht der Tod. Mose greift mit tiefem Ernst die Worte Pharaos, er solle ihm nicht mehr unter die Augen kommen auf. Was als Drohgebärde Pharaos gedacht war, verwandelt Mose in ein Richturteil, ja in ein Todesurteil. Ich werde dir nicht mehr unter die Augen kommen.