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1.
Gericht über den Rest an Furcht: Pharao(Verse 1-11)
2.
Gericht über den Rest an Frucht: Heuschrecken (Verse
12-20)
3.
Gericht über den Rest an Licht: Finsternis (Verse
21-29)
Wir kennen es von römischen Feldherrn, wenn sie
z.B. gegen immer wieder aufständische Germa-nenhorden
vorgingen. An einem gewissen Punkt stießen sie mit unglaublicher Grausamkeit
vor. Dann fiel schnell der Satz: Rom müsse ein „Exempel statuieren“. Gemeint
ist ein abschreckendes Beispiel, dass den kommenden Generationen im Gedächtnis
haften bleibt und zukünftige Auflehnungen im Keim erstickt. Die größte Waffe
des Imperiums war die Angst. Die unterdrückten Völker sollten Angst haben vor
Rom, damit befestigten sie ihre Macht. Ein Volk, dass sich fürchtet vor der
Obrigkeit, ist beherrschbar. Die Irakkrise erinnert mich ebenfalls an dieses
„Exempel statuieren!“ Der Irak wollte partout nicht auf die Forderungen des
Weltsicherheitsrates eingehen, also erlitten das Volk Wirtschaftssanktionen und
mittlerweile bedeckt Krieg das Land. Die USA will ein Exempel statuiren. Wegen dem 11.September? Diese Methoden, wie sie
die Herrscher dieser Zeit und der Geschichte ausgeübt haben, sind die Gleichen
geblieben. Der „moderne Versuch“, im Gegensatz zur „barbarischen kriegerischen
Geschichte der Menschheit“ nun mit Diplomatie Probleme zu lösen, scheint
gescheitert. Ich weiß, wie schwierig es ist, in einer Bibelarbeit solche
brisanten Themen aufzunehmen. Doch vieles im Text erinnert mich an die
gegenwärtige Situation (April 2003) im Irak. Es macht deutlich, wie aktuell
Exodus 10 ist. Und doch ist der Vergleich mit Exodus 10 und der Politik nicht
stimmig, wenn man genau hinsieht. Es heißt (Vers 1+2), dass Gott das Herz des
Machthabers Ägyptens verstockt hat, damit das Gericht zwar zum Exempel wird,
doch nicht in erster Linie für Ägypten. Das Ziel Gottes ist es nicht, Israel
als Militärmacht hervorzuheben und Ägypten in Angst und Schrecken zu versetzen.
Das Ziel ist es - im ersten Augenblick eigenartigerweise - dass Israel selbst
Ehrfurcht bekommt. Gott sagt: „auf dass du verkündigest vor den Ohren deiner
Kinder und deiner Kindeskinder, wie ich mit den Ägyptern verfahren bin und
welche Zeichen ich unter ihnen getan habe, dass ihr wisset: ich bin der
Herr!
Diese Ehrfurcht vor Gott, beinhaltet zweierlei Ziele: zum einen ist sie
Verheißung und Ermutigung für alle Probleme der Zukunft. Israel kann sich
sagen, dass Gott mit einer der größten militärischen Mächte der Antike fertig
geworden ist, ohne dass von Israel auch nur ein Pfeil abgeschossen wurde. Dass
soll Israels Vertrauen stärken in die große Verheißung: Ich bin der Herr. Gott
kann. Denn er ist Herr! Es beinhaltet aber auch, dass Gott dieses schmerzhafte
Exempel an einem Volk attestiert, dass andere Götter höher hält
als den wahren Gott. Gott handelt nicht „rassistisch“. Gott straft Ägypten
nicht, weil es die Ägypter sind. Sondern weil er „Strafgericht halten will über
alle Götter Ägyptens“! (Kap 12,12). Dieses Strafgericht macht auch vor Gottes eigenem, erwählten Volk nicht Halt. Denn vor Gott gibt es
kein Ansehen der Person, keinen genetischen Vorzug, keine Lücken im Gesetz. Ein
Umstand, den Israel als eigenes Volk über Jahrhunderte hinweg in den Ruin
trieb.
Gott straft Ägypten, weil Ägypten die Strafe verdient hat. Gott ist Richter
und seine Gerichte sind gerecht. Sein gewählter Zeitpunkt ist nicht
willkürlich, sondern angemessen. Gottes Strafe soll aber Ägypten nicht
demütigen, damit Israel als Besatzer auftrete. Sondern dieses „Exempel“ soll in
Israel den Glauben stärken, sowie Ehrfurcht erhalten für alle Generation.
Schlüsselwort: Ich bin der Herr!
Doch Gott handelt nicht willkürlich, nicht aus dem Affekt heraus, wie wir
Menschen das tun. Pharao wird stets vorher gewarnt. Ihm wird die Forderung
Gottes vorgetragen. Ihm wird im Falle einer Weigerung klar gelegt, welche
Folgen er zu tragen hat und ihm bleibt die Entscheidung. Nun stoßen wir an das
Problem der Verstockung. Wenn es heißt, dass Gott selbst ihn verstockt
hat, hat Pharao denn dann überhaupt die Chance, anders zu reagieren? Es ist das
Problem, dass wir von Judas Iskarioth kennen und auch
von Saul. Ich persönlich kenne die Lösung im erschöpfenden Sinne nicht. Es
bleiben bei mir Fragen übrig. Aber ich weiß, dass Gott gerecht ist und dass
Gottes Handeln stets differenziert betrachtet werden muss. Ein Beispiel: Mose sagt in Vers 3: „So spricht der Herr....“
Der Herr persönlich spricht: „...so will ich morgen Heuschrecken kommen lassen
über dein Gebiet!“ (V.4). Als es soweit ist, gebraucht Gott aber den Mose: Da sprach der Herr zu Mose:
Recke deine Hand über Ägyptenland , dass Heuschrecken
über Ägyptenland kommen... (V.12). Gott übt sein Gericht unter Bezugnahme
seines Boten. Gottes Handeln und das Handeln des Menschen, so will es Gott,
bedingen einander, im Guten wie im Bösen. Gott verstockt den Pharao, doch
Pharao hat seine Verstockung eigenwillig herbeigeführt. Pharao hat solange
Gottes Zorn gereizt, bis er eine gerechte Strafe bekommt. Und die Strafe ist
„Verstockung“. Eigentlich eine Art „Hölle“, wenn die Fähigkeit verloren
gegangen ist, Gottes Willen zu erkennen und zu tun. Das bedeutet, dass Pharao
während der Plagen schon gerichtet ist. Die weiteren Gerichte sind nur Folgen
dieses Gerichtsurteils. So wie es im Jüngsten Gericht sein wird. Der Tod ist
die Vollstreckung des Gerichts. Auf Sünde, auf Gottlosigkeit steht das
Todesurteil. Damit hört das Gericht aber nicht auf. Es folgt das „Heulen und
Zähneklappen“, der Zustand ohne Gott. Die Unmöglichkeit, mit Gott Gemeinschaft
zu haben.
Die Minister und Räte Ägyptens ahnen das Gericht (V.7). Sie versuchen, ihren
Einfluss geltend zu machen. Und Pharao scheint für einen Moment, nachzugeben.
Doch dieses Zurückweichen ist nur von kurzer Dauer. Er will die Männer Israels
ziehen lassen, nicht aber Frauen und Kinder. Warum? Ich vermute, es handelt
sich um das eiskalte Kalkül eines Geiselnehmers. Pharao weiß um die familiäre
Bande, um die Liebe von Mann zur Ehefrau, von Eltern zu Kindern. Die Männer
ziehen lassen, die Frauen und Kinder als Geiseln behalten: das ist Garantie
genug, dass die Männer entweder zurückkommen oder - rein spekulativ - Pharao
will die Männer abgesondert militärisch überraschen und vernichten (was er ja
auch später versucht). Die Frauen und Kinder sind begehrte Sklaven. Außerdem
sind mit den Männern auch die religiösen Familienführer weg: ein doppelter
Gewinn.
Gottes Gericht kommt aus der Luft. Militärische Aktionen heute kommen
ebenfalls aus der Luft. Empfindliche militärische Basen sind Angriffsziel der
Angreifer. Empfindliche Basen im antiken Ägypten war die Getreideversorgung.
Man muss wissen, dass Ägypten von Wüste umgeben ist und alles Leben und alle
Kultur sich entlang des Nils abspielt. Fruchtbares Schwemmland und damit fruchtbare
Ernten sind wichtig für das Volk. Zur Zeit des Mose, das beweisen versteinerte Baumstämme in der
heutigen Wüstenumgebung Ägyptens gab es auch weit mehr Botanik (Bäume,
Früchte). Diese durch den Hagel schon gebeutelte Infrastruktur soll der Rest gegeben
werden. Dabei arbeitet Gott interessanterweise nicht mit den größten seiner
Geschöpfe, nicht mit Militär und menschlicher oder/und tierischer
Kraftleistung. Sondern er arbeitet mit den kleinsten Geschöpfen. Wenn man sich
Insekten vor Augen führt, dann ist man froh, dass Gott diese Tiere so klein
geschaffen hat. Insekten sind extrem anpassungsfähig, sie können sich extrem
vermehren und sie können extrem vernichten. Kein Elefant oder Löwe könnte eine
Armee Wanderameisen aufhalten. Ihre unglaublich hohe Zahl ist ihre Macht. Ihre
für ihre Verhältnisse sagenhafte Kraft (eine Ameise kann das Vielfache ihres
Körpergewichts tragen) ist ihre Stärke. Wanderheuschrecken kommen im Orient in
solchen Schwärmen vor, dass der Himmel sprichwörtlich sich verdunkelt. Ihre
Zahl ist auch heute so groß, dass auf dem Boden ein sprichtwörtlicher,
lebendiger Teppich entsteht. Wo das gewaltige Tuch lebendiger Einzelorganismen
sich ausbreitet, sich niederläßt und sich wieder
erhebt, wie auf gemeinsamen Befehl, dort wächst sprichwörtlich kein Grashalm
mehr. Die Insekten sind überall. Sie bedecken ganze Baumstämme, sie bedecken
alles Fressbare und machen vor der Haustüre nicht Stopp. Pharao, mit all seinen
Heerwagen und seiner „großen Klappe“ muss vor diesen kleinen Tieren das Szepter
senken. Der Menschheit wird bewußt, wie machtlos der
Mensch ist, wenn Gott seinen Geschöpfen nicht Einhalt gebietet. Der Mensch hat
Macht, nur weil Gott es zuläßt. Die kleinsten
Lebewesen auf Erden könnten die Menschheit vernichten! Manche Tierforscher
sagen, dass Insekten die letzten Lebewesen wären, die eine fast alles Leben
vernichtende Katastrophe überstehen würden. Pharao gibt nach. Er muss den Mann
ohne Heer und Waffen bitten, dass er Fürbitte tue beim Allmächtigen. Und so,
wie Gottes Arm sich leiten läßt durch den Arm des Mose, so handelt Gott durch die
Fürbitte des Mose. Und so gewaltig, so unaufhaltsam
die Flut tierischer Leiber den Tod für alles Essbare brachte, so leicht und
schwebend hebt ein Wind die tödliche Armee hinweg und ersäuft die Heuschrecken
im Schilfmeer - Ahnung dessen, was mit den Ägyptern geschehen wird. Alles
bringt Gottes Herrlichkeit zum Leuchten. Die kleinen Lebewesen, die
Staatsmänner zur Verzwei-flung bringen und Nationen
stürzen, die Leichtigkeit, mit der Gott diese Plagen wenden kann und die Kraft,
die in der Schwachheit der Boten Gottes Gericht und Gnade bringen.
Pharaos Trotz bricht jedoch erneut hervor (V.20). Er läßt
Israel nicht gehen, stellt sich trotzig gegen Gottes Allmacht. Er hat vor Gott
nichts mehr. Er weiß, seine Waffen, seine Macht und Stärke nützen nichts gegen
diesen gewaltigen Gott. Aber eines sieht er mit Verwunderung: wenn Gott so groß
ist, warum zwingt er sein Volk nicht selbst heraus? Warum fragt er durch seinen
Propheten den Mächtigen Ägyptens? Verbirgt sich hinter dem großen Gott doch nur
ein Papierlöwe? Blöfft der Gott der Hebräer? Gewiss,
die 9 Plagen verraten großes Können, aber irgendwie braucht Moses die
Zustimmung Pharaos. Darin wähnt sich Pharao in falscher Machtbefugnis und übt
diesen Zipfel Macht schamlos aus. Doch diesmal spricht Gott nicht mehr aus, was
er vorhat. Der Zipfel der Macht ist in Wahrheit der letzte Zipfel an Gottes
Gewand. Dieser wird Pharao nun endgültig entrissen. Was bleibt, ist die
„Gottesfinsternis“. Gott wendet sich ab. Mit ihm wendet sich das Licht, auch
das physische Licht, ab. Wie am Kreuz auf Golgatha die Sünde, ans Kreuz
geschlagen im Sohn Gottes, das irdische Licht nahm, so auch hier. Finsternis
ist aber mehr als nur das fehlende Licht. Es ist eine Finsternis der Dämonie.
In dieser Dunkelheit sehen die Teufel gut. In der Dunkelheit verbirgt sich
alles, was Gott feind und gram ist. Dies ist eine Nacht, in der der Satan
wirken kann. Drei Tage, wie die Tage von Kreuz und Auferstehung. Drei Tage
wirkt diese „greifbare Finsternis“ und macht deutlich: wenn Gott sich abwendet,
dann ist auch der Nicht-Christ, der Ungläubige orientierungslos. Und doch
bleibt es nicht bei diesem schrecklichen Zustand. „Das Volk, das im Finstern
wandelt, sieht ein - in diesem Fall - kleines Licht!“ Welch ein wunderschönes
Bild. Die Finsternis der Dämonie hat die Menschheit fest im Würgegriff. Und
doch flackert in den Hütten der Gläubigen das Licht der Gnade Gottes. Wohl dem
Ägypter, der tastend und irrend den Weg zu den Israeliten gefunden hat. Wie ist
dieses Bild immer wieder aufgegriffen worden: Gott ist unser Licht...meines
Fußes Leuchte...und das Licht war das Leben der Menschen etc. In der Gemeinde
Gottes ist Licht. Und wo Licht ist, ist Leben.
Pharao gibt nach. Er verzichtet auf seine Forderungen bis auf eine. Wenn er schon Tausende von Sklaven verliert, dann soll das Vieh wenigstens hier bleiben. Warum dies? Zum einen ist die Wirtschaft Ägyptens am Boden. Dem Volk droht eine Hungersnot und das wird Ägyptens Herrscher nicht gut aussehen lassen. Das Vieh könnte hier Abhilfe leisten. Zum zweiten kommt ein solcher Troß von Menschen nicht weit ohne Vieh. In der Wüste kann man nichts anbauen. Sie sind auf die Milch und das Fleisch angewiesen. Ohne Vieh, das könnte für viele, besonders für die Kinder, einen Schwächetod bedeuten. Zuletzt aber verweigert Pharao dem Gott der Hebräer die Grundlage der Schuldvergebung. Denn ohne Blut keine Vergebung. Ohne stellvertretende Tieropfer kein heiliges Fest am Sinai. Pharao verweigert dem Gott Israels den Gehorsam, verweigert dem Volk Israel die Grundlage zur Vergebung und damit hat sein teuflisches Ansinnen seinen absoluten Siedepunkt erreicht. Die vollständige Verstockung ist die Folge. Sie kommt darin zum Ausdruck, dass er sich der letzten Möglichkeit beraubt, mit Gott im Gespräch zu bleiben. Er zieht eine Grenze zwischen Mose und ihm. Dazwischen wacht der Tod. Mose greift mit tiefem Ernst die Worte Pharaos, er solle ihm nicht mehr unter die Augen kommen auf. Was als Drohgebärde Pharaos gedacht war, verwandelt Mose in ein Richturteil, ja in ein Todesurteil. Ich werde dir nicht mehr unter die Augen kommen.